Berufungsverhandlung steht an!

Irgendwann ist jeder fertig. Und dann darf er sich hier austoben :-)
amoroso
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Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von amoroso »

Hallo Forumsmitglieder,

bin schon begeisterter Leser hier, nun einfach auch mal Fragen, die mich ganz aktuell umtreiben.

Habe einen Ruf erhalten und nun steht die "Berufungsverhandlung" an.

Ich frage mich nur, ob dieser Begriff richtig ist. Nachdem, was ich z. T. hier gelesen habe und was mir in einem Beratungsgespräch mit dem HLB gesagt wurde, ist es wohl an einer FH eher eine "Berufungsinformation". Insb. der Rektor soll sehr strikt sein.

Klar ist eigentlich der einzig kritische Punkt die Besoldung. Ich bin hoch motiviert, habe sehr viel über Jahre in die Bewerbung investiert und bin natürlich froh, dass man sich für mich entschieden hat. Nur eben die Sache mit der Besoldung kann mein Kartenhaus zum Einsturz bringen. Ich hatte mich schon damit abgefunden, weniger zu verdienen als in der Industrie. Aber wie viel weniger ist natürlich jetzt entscheidend! Und eine Zulage null senkt meine Euphorie auf den Job doch leider ganz gehörig. Ich könnte nicht verstehen, wieso ein Ingenieur mehrere hundert Euro Brutto unter der durchschnittlichen W2-Besoldung laut statistischem Bundesamt angesiedelt sein soll. Es gibt keine Stufen, also hat es nichts damit zu tun, dass ich noch "jung" bin.

Was mich zudem stutzig macht, man hat meine Gehaltsabrechnung eingefordert...um mal zu gucken, wie tief ich falle!?

OK, jetzt habe ich keine konkrete Frage gestellt, aber kann vielleicht jemand meine Gedankengänge nachvollziehen?

Der zweite Punkt sind die 18 SWS: Habe wirklich keine Ahnung, wie das im ersten Semester schaffbar sein soll? Dann müssen ja alle Unterlagen/Skripte/Übungen vom Vorgänger übernommen werden. Für eine eigene Entwicklung bleibt keine Zeit. Vielleicht werde ich ab Oktober angestellt, da beginnt dann ja auch das Semester. Wie sind eure Erfahrungen?
oclock
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von oclock »

amoroso hat geschrieben:
Was mich zudem stutzig macht, man hat meine Gehaltsabrechnung eingefordert...um mal zu gucken, wie tief ich falle!?
Evtl ein gutes Zeichen. Die wollen wahrscheinlich wissen, wie viel sie Dir bieten müssen, damit Du kommst :)

Der zweite Punkt sind die 18 SWS: Habe wirklich keine Ahnung, wie das im ersten Semester schaffbar sein soll? Dann müssen ja alle Unterlagen/Skripte/Übungen vom Vorgänger übernommen werden. Für eine eigene Entwicklung bleibt keine Zeit. Vielleicht werde ich ab Oktober angestellt, da beginnt dann ja auch das Semester. Wie sind eure Erfahrungen?
Du wirst im ersten Semester vermutlich eine Lehrdeputatsreduktion bekommen (~4 SWS).

Ich bin gerade in meinem 1. Semster. Das ist kein Zuckerschlecken. Unterlagen vom Vorgänger übernehmen ist nicht! 1. Wegen Copyright (d.h. er und nur er müsste es Dir explizit gestatten) und 2. Weil der ganze Stoff bestimmt veraltet ist und Du Dich damit nicht rumschlagen möchtest. 3. Je nachdem aus welchem Bundesland Du kommst, wird bei Dir im 1. Jahr die pädagogische Eignung festgestellt. D.h. Du stehst unter Beobachtung, eine Kommission besucht Dich in Deiner Veranstaltung etc. Da WILLST du glänzen und nicht copy&paste vom Vorgänger machen.

Ich bereite gerade 14 SWS vor. Habe bei 0 angefangen. Ich habe eine durchschnittliche Schlafdauer von 4-5 Stunden, Wochenenden gehen auch nur für Vorbereitungen drauf, Privatleben=0. Einmal musste ich sogar die Nacht durchmachen, weil etwas nicht fertig geworden ist. Falls möglich, fange mit den Vorbereitungen an, noch bevor Du offiziell anfängst. Das erste Semester ist echt extrem. Du willst nicht so wie ich von Woche zu Woche leben. Das geht auf die Gesundheit.

An Qualität hat aber offensichtlich niemand Interessen. An FHs ist Lehre ein Massenprodukt. Vernünftig wäre ein langsamer Start über ~3 Semster 6, 12 , 18 SWS. So ist das nur verrückt. Mir tun die Studenten leid, denen ich manchmal nicht die nötige Qualität liefern kann, weil keine Zeit ist.

Im nächsten Semester sinds bei mir dann 18 SWS. Dafür habe ich dann noch die vorlesungsfreie Zeit davor, um mich vorzubereiten. ist aber auch eher nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Von Kollegen bekomme ich mit, dass sie immer wieder mal ein neues Modul aufs Aufge gedrückt bekommen. D.h. auch später mal, wirst Du Dich nicht auf Deinen Vorlesungen ausruhen können.

Falls das alles zu negativ klingt: Sorry, bin müde ;-)
amoroso
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von amoroso »

Tja danke, das macht schon mal Mut :wink:

Meine Gretchenfrage im Moment ist einfach: Will ich meinen Traumberuf ausüben und dafür auf monatlich etwa 400 € netto verzichten (PKV schon einberechnet)? Will ich zudem auf meine aktuelle 5 stellige Tantieme verzichten und hoffen, dass ich diese als Nebenverdient wieder reinhole? In den ersten Semestern wohl ausgeschlossen :?

Für mich hängen viele Emotionen an der Bewerbung, aber genauso würden Emotionen sich in der Magengegend auswirken, wenn ich das Gefühl hätte, mich unter Wert zu verkaufen. Dann ist es dahin mit meiner Motivation und ich werde Klischee-Beamter.
oclock
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von oclock »

amoroso hat geschrieben:Tja danke, das macht schon mal Mut :wink:

Meine Gretchenfrage im Moment ist einfach: Will ich meinen Traumberuf ausüben und dafür auf monatlich etwa 400 € netto verzichten (PKV schon einberechnet)?


Ich habe mich zu 99% entschlossen in der GKV zu bleiben. Ausschlaggebend war ein Kommentar eines Jura-Professors, dass ein Kollege mal Ärger bekommen hat, weil er ausserhalb des Dienstortes einen Unfall hatte (während der Vorlesungszeit) und von der Beihilfe Geld wollte. Die Beihilfestelle hat dann einfach mal bei der Hochschule angeklopft und nachgefragt, ob er freigestellt war... er hat dann wohl ziemlichen Ärger bekommen.

Langer Eede kurzer Sinn: Ich will nicht, dass 50% meiner Krankenkasse so eng mit dem Arbeitgeber zusammenarbeitet.

Letzte Woche war ich auch bei einem Arzt, dem ich beim Smalltalk von meinem PKV vs. GKV Problem erzählte. Er riet mir unmissverständlich von der PKV ab (Kosten im Alter vorallem im Hinblick auf die Ungewißheit, ob ich immer Beamter sein möchte/werde, sein Vater war auch Beamter und hat mittlerweile Probleme die Beiträge für sich und seine Frau zu zahlen etc.).

Ich hatte diesbzgl. schon einmal einen Thread hier gestartet, aber mittlerweile bin ich mir, wie gesagt, zu 99% sicher, in der GKV zu bleiben.

Ãœberleg Dir das mit der PKV gut!
Für mich hängen viele Emotionen an der Bewerbung, aber genauso würden Emotionen sich in der Magengegend auswirken, wenn ich das Gefühl hätte, mich unter Wert zu verkaufen. Dann ist es dahin mit meiner Motivation und ich werde Klischee-Beamter.
1. Geld ist nicht alles,
aber
2. ohne Geld ist alles nichts :-)
3. Du solltest nicht nur die reinen Netto/Brotto-beträge vergleichen sondern den Stundenlohn. In den ersten 12-18 Monaten arbeitets Du als Prof. SEHR viel. Ich verkaufe mich momentan definitiv unter meinem Wert. Ich glaube, dass ich pro Stunde weniger bekomme als ein Friseur (habe mal ausgerechnet, dass ich momentan auf <10 Euro Netto/Stunde komme bei ca. 80-90 Stunden von Mo-So).
4. Nach den ersten 12-18 Monaten wird es auch immer wieder mal Zeiten geben, wo Du schlaflose Nächte haben wirst, aber im Allgemeinen dürfte es dann entspannter zugehen.


Wenn das aber Dien TRAUMBERUF ist, dann hast Du Deine Frage doch schon selbst beantwortet.
Zuletzt geändert von oclock am 04.06.2018, 01:58, insgesamt 1-mal geändert.
mm42
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von mm42 »

amoroso hat geschrieben: Und eine Zulage null senkt meine Euphorie auf den Job doch leider ganz gehörig.
Ich hatte vor einiger Zeit auch ein Berufungsgespräch, bei dem ich -- wie in beim Beartungsgespräch vom HLB vorhergesagt -- eine Zulage von 0 Euro rausgehandelt habe. Der Rektor begründete dies damit, dass die FH pro W2-Stelle einen bestimmten Geldbetrag bekommt, und wenn sie einem mehr geben, dann bleibt für die Funktionszulagen weniger übrig. (Ich habe den Ruf übrigens nicht angenommen, was aber nichts mit dem Ergebnis des Berufungsgesprächs zu tun hatte). Bei Erstausstattung (z.B. Computer-Hardware für persönlichen Arbeitsplatz) hat man mir aber ein paar Tausender zugesagt.

amoroso hat geschrieben: Was mich zudem stutzig macht, man hat meine Gehaltsabrechnung eingefordert.
Während des Berufungsgesprächs wurde ich auch nach meinem derzeitigen Gehalt gefragt, aber ich hatte den Eindruck, dass das eher interesse-halber war.
amoroso
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von amoroso »

mm42 hat geschrieben:
amoroso hat geschrieben: Und eine Zulage null senkt meine Euphorie auf den Job doch leider ganz gehörig.
Ich hatte vor einiger Zeit auch ein Berufungsgespräch, bei dem ich -- wie in beim Beartungsgespräch vom HLB vorhergesagt -- eine Zulage von 0 Euro rausgehandelt habe. Der Rektor begründete dies damit, dass die FH pro W2-Stelle einen bestimmten Geldbetrag bekommt, und wenn sie einem mehr geben, dann bleibt für die Funktionszulagen weniger übrig. (Ich habe den Ruf übrigens nicht angenommen, was aber nichts mit dem Ergebnis des Berufungsgesprächs zu tun hatte). Bei Erstausstattung (z.B. Computer-Hardware für persönlichen Arbeitsplatz) hat man mir aber ein paar Tausender zugesagt.

amoroso hat geschrieben: Was mich zudem stutzig macht, man hat meine Gehaltsabrechnung eingefordert.
Während des Berufungsgesprächs wurde ich auch nach meinem derzeitigen Gehalt gefragt, aber ich hatte den Eindruck, dass das eher interesse-halber war.
Welche Bundesland ist denn deines? Klingt alles genauso, wie es bei mir der HLB vorhergesagt hat und wie es sich dann vermutlich leider auch bewahrheiten wird :roll: !
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von mm42 »

amoroso hat geschrieben: Welche Bundesland ist denn deines?
Ich habe diese Frage per PN an Dich beantwortet.
Weatherhead
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von Weatherhead »

Mensch, oclock. Ich hoffe, dass Du Deine Studenten anders motivierst.

Zum Thema Gehalt:
Ich habe gerade zwei Berufungsverhandlungen geführt. Bei Beiden gab es die Berufungszulage in genau der Höhe, die mir beim HLB vorhergesagt worden ist. Verhandlungsspielraum ist also extrem klein.

Zum Thema 18 SWS:
Ich habe dieses Semester mit 7 SWS als Lehrbeauftragter angefangen und steige dann nächstes Semester als Prof mit 18 SWS ein. Dies ist sicherlich ein Idealfall, der nicht bei Jedem so funktioniert. Meine Erfahrung ist aber, dass die Arbeitsbelastung akzeptabel ist, wenn man ein paar Dinge beachtet:
- Normalerweise gibt es eine Reduzierung des Lehrdeputats im ersten Semester. Dafür muss man an meiner Hochschule allerdings Didaktikseminare besuchen. Die finden aber auch schon vor Semesterbeginn statt, wodurch die Belastung im Semester sinkt
- Warum sollte man sich nicht die Unterlagen des Vorgängers organisieren? Was man davon nutzt, kann man dann immer noch entscheiden. Wenn der Vorgänger noch an der Hochschule ist, würde ich explizit um Rat fragen. Damit baut man ein gutes Verhältnis zum Kollegen auf und erleichtert sich möglicherweise die Arbeit
- Was spricht dagegen, von Tag 1 an eine studentische Hilfskraft zu beschäftigen? An meiner Hochschule hat jeder Prof das Budget dafür. Ich würde dieses Thema in der Berufungsverhandlung ansprechen. Du könntest einen Aushang machen, dass Du eine Hilfskraft suchst. Dann machst Du ein paar Bewerbungsgespräche vor Semesterbeginn und hast ab Semesterbeginn eine Hilfskraft, an die Du Routineaufgaben übertragen kannst
- Warum nicht die Studenten stark in den Vorlesungen einbinden? Ich lasse in meinen Vorlesungen 50% der Zeit Studenten vortragen. Die Lösungen von Übungsaufgaben werden von Studenten vorgetragen, die ich im Vorfeld festlege. Darüber hinaus bearbeiten die Studenten ein Gruppenprojekt, das dann auch vorgetragen werden kann
- Kannst Du vielleicht englische Vorlesungen halten oder zumindest ein englisches Lehrbuch nutzen? Erfahrungsgemäß sind englsiche Vorlesungen "langsamer" als deutsche. Außerdem sind die englischen Lehrbücher (zumindest in Wirtschaft - in anderen Fächern weiß ich es nicht) wesentlich besser als die deutschen. Ich nutze in einer Vorlesung ein Lehrbuch, bei dem der Dozent PPT Folien, Übungsaufgaben, Teaching Notes und Klausuraufgaben bekommt

Insgesamt lässt sich so aus meiner Sicht die Arbeitsbelastung in Grenzen halten. Klar sind die ersten Semester anstrengend, aber ich denke, eine 50 Stundenwoche während des Semesters und entsprechend weniger in den Semesterferien möglich ist.
oclock
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von oclock »

Weatherhead hat geschrieben: ↑03.06.2018, 21:43 Mensch, oclock. Ich hoffe, dass Du Deine Studenten anders motivierst.
Selbstverständlich :-)
Zum Thema Gehalt:
Ich habe gerade zwei Berufungsverhandlungen geführt. Bei Beiden gab es die Berufungszulage in genau der Höhe, die mir beim HLB vorhergesagt worden ist. Verhandlungsspielraum ist also extrem klein.
1. Glückwunsch!
2. War bei mir übrigens auch so. Das was der HLB vorhergesagt hat, ist eingetoffen.
Zum Thema 18 SWS:
- Normalerweise gibt es eine Reduzierung des Lehrdeputats im ersten Semester. Dafür muss man an meiner Hochschule allerdings Didaktikseminare besuchen. Die finden aber auch schon vor Semesterbeginn statt, wodurch die Belastung im Semester sinkt
Schrieb ich ja bereits. Aber auch (z.B.) 14 SWS sind eine ganze Menge, wenn man sie komplett neu machen muss.
- Warum sollte man sich nicht die Unterlagen des Vorgängers organisieren? Was man davon nutzt, kann man dann immer noch entscheiden.
Schrieb ich auch bereits: Wegen Copyright. Man will ja als Prof. ein Vorbild sein. Wenn man selber "klaut", dann darf man sich nicht beschweren, wenn die Studenten das auch tun. Wenn man die Genehmigung bekommt, ist das natürlich OK. Aber auch das schrieb ich bereits.
Bei mir ist es so: Habe meinen Vorgänger nie pers. kennengelernt. Seine Unterlagen sind sowas von veraltet. Das will ich den Studis nicht mehr antun. Sie haben ein Recht auf den Stand der Technik von heute :-)
- Was spricht dagegen, von Tag 1 an eine studentische Hilfskraft zu beschäftigen?
Erstmal nix, WENN man das Budget dafür hat. Ich habe es beispielsweise nicht. Ist also von der HS abhängig. Zwei Kollegen an anderen HS haben nur minimale Budgets und können sich ohne Drittmittelprojekte nichts leisten. Schon gar nicht Personal.

Aus Neugier: Was genau lässt Du denn die studentische Hilfskraft machen? Übungsaufgaben erstellen?
- Warum nicht die Studenten stark in den Vorlesungen einbinden? Ich lasse in meinen Vorlesungen 50% der Zeit Studenten vortragen. Die Lösungen von Übungsaufgaben werden von Studenten vorgetragen, die ich im Vorfeld festlege. Darüber hinaus bearbeiten die Studenten ein Gruppenprojekt, das dann auch vorgetragen werden kann
Dieses Thema ist stark vom Fach und den Kollegen abhängig und ob man an einer HS in einem Bundesland ist, bei der im ersten Jahr die pädagogische Eignung festgestellt werden muss. Wenn die Kollegen in der Kommission zur Feststellung der pädagogischen Eignung der Meinung sind, dass PP-Folien das Non-Plus-Ultra sind und das didaktische Reduktion und "Abdrücken der Lehre auf die Studierenden" falsch sind, dann ist man dem im 1. Jahr erstmal ausgeliefert. Auch wenn man persönlich eine andere Überzeugung hat.
Außerdem, wenn die Studierenden sowas aus anderen Vorlesungen nicht kennen und plötzlich mit einer VL mehr Arbeit haben, als mit anderen, dann macht sich das in der Lehrevaluation bemerkbar, die wiederum von der Kommission zur Feststellung der pädagogischen Eignung begutachtet wird :-)

Bei mir wollen sich die Studierende bespaßen lassen. Die maulen schon, wenn sie ihre Lösungen zu Übungsaufgaben (kurz) vorstellen sollen, weil sie das von anderen Kollegen nicht gewohnt sind. Da muß ich noch an der Motivation der Studierenden arbeiten. Aber Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut :-)
Ich nutze in einer Vorlesung ein Lehrbuch, bei dem der Dozent PPT Folien, Ãœbungsaufgaben, Teaching Notes und Klausuraufgaben bekommt
Hier muss man vorsichtig sein. Ich arbeite im Master ebenfalls nur mit englischsprachiger Literatur, die solche Hilfsmittel den Dozenten zur Verfügung stellt. Die Frage ist, was zeigen diese PPT Folien? Sind alle Abbildungen von den Autoren selbst erstellt? Wenn nicht, wer hält das Copyright? Zeigst Du die Folien nur, oder willst Du sie auch verbreiten? Zumindest die Autoren meines Buchs haben eine Liste aller Abbildungen erstellt und wer das Copyright hält und weisen darauf hin, dass man das Einverständnis der Copyright Inhaber einholen muss, wenn man die Abbildungen über die persönliche Nutzung hinaus verwenden möchte.

Übrigens hat mir ein Jurist zum neuen Urhebergesetz folgendes gesagt, ob es stimmt, weiß ich aber nicht:
1. Es ist bestehen noch keine Verträge darüber wie viel für die Nutzung (Vervielfältigung) von geschütztem Material tatsächlich gezahlt werden soll. Bis das nicht klar ist, ist man (theoretisch) Mitschuldner und könnte im worst case ebenfalls zur Kasse gebeten werden. Also von daher: Lieber auf die Vervielfältigung von geschützem Material vorerst verzichten.
2. Das Gesetz sieht nicht die Integration von fremden Inhalten in eigenen Folien vor, sondern seiner Auffassung nach nur die Vorführung und Verbreitung als alleinstehendes Material. Das finde ich ist ein interessanter Punkt, falls dem tatsächlich so ist. Kann ich aber als Laie nicht beurteilen.

Um das Ganze zu umgehen, erstelle ich jede nicht-triviale Abbildung selbst, bzw. suche im Internet, ob es was unter der CC Lizenz git. Das verschlingt bei mir wahnsinnig viel Zeit. Ich habe mich auch mit mehreren Neuberufenen unterhalten und denen geht es ähnlich. Das bestärkt mich in meiner Auffassung, nicht alles falsch zu machen bzw. nicht als einziger alles falsch zu machen :-)

Wie handhabst Du urheberrechtlich geschütztes Material in der Lehre?
Insgesamt lässt sich so aus meiner Sicht die Arbeitsbelastung in Grenzen halten.
Ich beneide Dich :-)
Nomen Nescio
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Re: Berufungsverhandlung steht an!

Beitrag von Nomen Nescio »

Weatherhead hat geschrieben: ↑03.06.2018, 21:43 - Warum nicht die Studenten stark in den Vorlesungen einbinden? Ich lasse in meinen Vorlesungen 50% der Zeit Studenten vortragen. Die Lösungen von Übungsaufgaben werden von Studenten vorgetragen, die ich im Vorfeld festlege. Darüber hinaus bearbeiten die Studenten ein Gruppenprojekt, das dann auch vorgetragen werden kann
Ich will gar nicht hinterfragen, wie solche "Vorlesungen" hochschulrechtlich einzuordnen wären -Vorlesungen sind nach meinem Kenntnisstand auf Dauer nicht delegierbar(???). Was ich dir aber garantieren kann, ist jede Menge Ärger und Argumentationsnotstand, sobald der erste Durchgefallene deine FH wg. deines gelebten Verständnisses von Lehre verklagt.
50% der Zeit referieren Studenten, die vom bisher erlangten Abschluß wohl unter dem angestrebten Abschluß der Hörer sind, weitere Zeit wird mit Vorrechnen von Übungsaufgaben verbracht, was nach meinem Verständnis in den Übungen zur Vorlesung stattfinden sollte, gefolgt von Praktikumsprjektdiskussionen. Gibt es zu der Vorlesung ein Curriculum, das Basics wie Stoffumfang festlegt? Wie rechtfertigst du deinen "Mehrwert" als Lehrender gegenüber einem guten Lehrbuch, ergo deinen Job an sich?
Weatherhead hat geschrieben: ↑03.06.2018, 21:43 - Kannst Du vielleicht englische Vorlesungen halten oder zumindest ein englisches Lehrbuch nutzen? Erfahrungsgemäß sind englsiche Vorlesungen "langsamer" als deutsche. Außerdem sind die englischen Lehrbücher (zumindest in Wirtschaft - in anderen Fächern weiß ich es nicht) wesentlich besser als die deutschen. Ich nutze in einer Vorlesung ein Lehrbuch, bei dem der Dozent PPT Folien, Übungsaufgaben, Teaching Notes und Klausuraufgaben bekommt
Es gibt sicherlich gute Gründe, Vorlesungen in englisch zu halten. Der Grund "Ich lese in Englisch, weil ich dann weniger Stoff vorbereiten muss." dürfte der entsprechenden Kommision nur schwer zu kommunizieren sein.

@Wierus Es geht wohl mehr um den neuen Rahmenvertrag zwischen VG-Wort und der KMK, dem nach meinem Wissen bisher (noch) nicht alle Unis/Hochschulen beigetreten sind und weniger um das Urheberrechts-Wissensgesellschaft-Gesetz zum März 2018, wie du auch den unbekannten Juristen in 1) zitierst.
Trollschutzerklärung: Ich halte mich aus threads mit erhöhtem Trollpotential heraus. Im Fehlerfall möge der Troll bitte "NEIN, ich bin nicht einverstanden." drücken.
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