Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Irgendwann ist jeder fertig. Und dann darf er sich hier austoben :-)
wannabe
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Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von wannabe »

Hallo Allerseits,

woran merke ich bei einer Ausschreibung für eine Professur, dass sie vielleicht schon intern quasi-vergeben ist?
Oder bei einer Einladung zum Vorsingen, dass ich gar nicht wirklich in Betracht gezogen werde?


Ein paar Beispiele: Ist eine kurze Bewerbungsfrist von wenigen Wochen ein Zeichen dafür, dass es schon einen Wunschbewerber gibt?
Ist eine späte Uhrzeit für den Vortrag ein Zeichen, dass man nicht für wahrscheinlich gehalten wird? Oder wenn man nur eine kurze Zeit für den Vortrag bekommt und kein nachfolgendes Gespräch stattfindet?
Gibt es sonst noch Aspekte?

Danke für Eure Erfahrungen!

wannabe
flip
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von flip »

Also ich war Mitglied mehrer Berufungskommissionen und all das, was du nennst, ist eindeutig kein Indiz dafür.
Ich weiß auch nicht, was du mit "kein Gespräch" meinst. Das wäre schon rechtlich garnicht zulässig, wenn das offen kommuniziert wird.

Wenn man einen bestimmen Bewerber (extern) haben möchte, dann richtet man die Stellenausschreibung so gut es geht nach seinem Profi aus. Ganz einfach.
mm42
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von mm42 »

flip hat geschrieben:Wenn man einen bestimmen Bewerber (extern) haben möchte, dann richtet man die Stellenausschreibung so gut es geht nach seinem Profi aus. Ganz einfach.
Hier als Beispiel ein Blog-Artikel, der von einer Stellenausschreibung für eine Uni-Professur mit sehr speziellen fachlichen Anforderungen berichtet; anhand der genannten Themengebiete konnte der Autor einen Wissenschaftler ausfindig machen, der ein Jahr später auch tatsächlich die Stelle gekriegt hat (zweiter Blog-Artikel).
Apollo
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von Apollo »

Nach einiger Zeit habe ich nach meiner ersten PLV recherchiert, wer berufen wurde: ein Privatdozent, der bereits seit einiger Zeit an dieser FH Vorlesungen hielt. Also ich möchte jetzt hier nicht unbedingt unterstellen, dass die Stelle bereits vergeben oder nur für Ihn geschaffen wurde, vielleicht war er einfach nur der Allerallerallerbeste ;-) Es gibt auch noch andere Geschichten von dieser FH, vielleicht sollte man mal über eine schwarze Liste nachdenken ...

Im Gegensatz zu den Aussagen oben war diese Stelle aber sehr, sehr breit formuliert. Da hätte sich fast jeder bewerben können. Neun Bewerber aus ganz Deutschland haben an zwei Tagen die Probevorlesungen gehalten. 100% perfekt und korrekt organisiert, Kleiderordnung: Anzug und Krawatte. Gutachter extrem bissig (in der Retrospektive mit Google mit falschen Antworten). Im Bewerbergespräch ist auf meine momentan fehlende Lehrerfahrung rumgeritten worden (was ich für ein Indiz halte, dass wenigstens ein Favorit schon feststand). Rückmeldung nach einer Woche.

PLV2 lief anders ab: totales Chaos (z.B. Gutachter verspätet), Professoren verließen zwischendurch den Hörsaal, Schlabberlook, kaum bissige Fragen und keine Fragen um mich in die Enge zu drängen, im Bewerbergespräch sind mir bewusst von den Kommissionsmitgliedern indirekte Fragen zu Stationen aus meinem Lebenslauf gestellt worden, um mich in sehr gutem Licht erscheinen zu lassen. Ich weiß aber auch, dass sehr viele Bewerber abgesagt haben (vielleicht, weil die was von einem Favoriten wussten???).

Insgesamt ist der Bewerbungsprozess frustrierend, da man nicht weiß, ob man eine reelle Chance hat oder man nur für einen ordentlichen Berufungsprozess verheizt wird. Indizien dafür zu haben, wäre schön, um sich die Arbeit für aussichtslose Bewerbungen zu sparen.
wannabe
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von wannabe »

@Apollo - ja, ich sehe es genauso. für eine probe-LV etc. muss man sich intensiv vorbereiten, auch mit der jeweiligen Hochschule beschäftigen (also nichts, was einem "generell etwas bringen könnte"), dann auch noch Urlaub nehmen, z.T. hohe Fahrtkosten auf sich nehmen - da wüsste ich schon gerne, ob ich eine ernsthafte Chance habe oder ob das Ganze nur dem schönen Schein dient, etwa um genug Bewerber eingeladen zu haben oder um die Frauenquote zu erfüllen, um dann nachher sagen zu können "waren keine geeignete Frau dabei".

Ich bin einmal eingeladen worden auf eine Stelle, von der ich direkt dachte, dass ich da eigentlich nicht gut passe (Warum hatte ich mich beworben - im entfernten Bekanntenkreis kenne ich jemanden, der genau so seine Professur erhalten hatte - er passte nicht so gut, aber in der Kommission gab es zwei Lager mit eigenen Favoriten, und man einigte sich dann auf keinen der beiden, sondern auf ihn). Im Nachhinein bin ich davon überzeugt, dass dahinter ein Plan stand - bekommen hat die Stelle diejenige, die sie schon zuvor kommissarisch verwaltete.
Ein anderes Mal gab es nach der Probe-LV kein Gespräch, was mich sehr enttäuscht hat, da ich wenigstens die Übung eines solchen Gesprächs gerne mitgenommen hätte. Und so schlecht konnte meine Probe-LV nun auch nicht sein...
Von anderen Hochschulen habe ich gehört, dass man nach Bewerbung als Prof zunächst einen Lehrauftrag absolvieren muss. Hat man danach überhaupt eine reelle Chance? Oder dient das Procedere in erster Linie dazu, hochmotivierte Lehrbeauftragte zu bekommen, die man ggf. nach dem Motto "wir sind noch nicht überzeugt, aber könnte noch werden" auch für mehrere Lehraufträge gewinnt?

Bin etwas frustriert/ratlos und ein paar Kriterien, wie man schon aus der Einladung herausliest, was einen erwarten könnte, wären Gold wert.
FerdiFuchs
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von FerdiFuchs »

Apollo hat geschrieben:Nach einiger Zeit habe ich nach meiner ersten PLV recherchiert, wer berufen wurde: ein Privatdozent, der bereits seit einiger Zeit an dieser FH Vorlesungen hielt. Also ich möchte jetzt hier nicht unbedingt unterstellen, dass die Stelle bereits vergeben oder nur für Ihn geschaffen wurde, vielleicht war er einfach nur der Allerallerallerbeste ;-)
Ich weiß von einem ähnlichen Fall, bei dem am Ende der Bewerber berufen wurde, der am gleichen Fachbereich schon eine Vertretungsprofessur eingenommen hattte. Der Ablauf der BK war allerdings völlig anders als man anhand dieses Ergebnisses herauslesen könnte: Der Berufene ist erst ganz am Schluss, nämlich durch die externen Gutachten auf Platz 1 geklettert. Vorher gab es andere Favoriten und der Berufene war zwischenzeitlich sogar ein Streichkandidat.
MelanieTrommer
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von MelanieTrommer »

Es ist doch eine Tatsache, dass 95% der Professorenstellen schon vorher vergeben sind. Auch die Sache mit den externen Gutachten. Glaubt jemand, dass diese wirklich objektiv sind? Die Gutachter können schon so ausgewählt werden, dass sie den gewünschten Kandidaten bestätigen. Objektiv ist an den ganzen Verfahren gar nichts. Es gibt kaum einen Bereich, wo Stellen so intransparent vergeben werden. Es stinkt gewaltig zum Himmel. Es ist ja sogar so, dass schon berufene Professoren aus einem Verfahren rausgekegelt werden, um den gewünschten Kandidaten die Stelle zu ermöglichen. Oftmals ist es eine Person, die mit dem BK-Vorsitzenden verbandelt ist oder mit dem in Ruhestand zu gehenden Prof. Die Berufungsverfahren sind derartig rechtswidrig, dass es stinkt. Es ist eine unglaubliche Farce, wie mit qualifizierten Leuten umgegangen wird. Es war auch festzustellen, dass bereits berufene Professoren mit einer Lehrerfahrung von 10 Jahren aus dem Verfahren gekegelt worden sind, um dann den Kronprinzen/die Kronprinzessin einzustellen, die überhaupt keine Lehrerfahrung verfügte.

Es ist eine unglaubliche Farce. Nach Leistung werden die Stellen auf jeden Fall nicht vergeben, dies ist klar. Das ist ja auch bei dem hier so genannten Gutachten der Fall. Insgesamt müsste ein Gesamtbild zählen, so dass eine solcher Bewerber nicht auf Platz 1 kommen kann.

Die größte Farce war einmal ein Fall, bei dem eine Kandidation eingestellt worden ist, die gar nicht an der Probevorlesung teilgenommen hat, die auch gar nicht eingeladen war, auch nicht auf der Liste der Redner stand. Vorlesungserfahrung Fehlanzeige.
FerdiFuchs
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von FerdiFuchs »

MelanieTrommer hat geschrieben:Es ist doch eine Tatsache, dass 95% der Professorenstellen schon vorher vergeben sind.
289% aller Statistiken werden an Ort und Stelle erfunden. Eine andere Frage ist, ob man seiner Position einen Gefallen tut, wenn man sie mit solchen erfundenen Statistiken untermauert.
Nach Leistung werden die Stellen auf jeden Fall nicht vergeben, dies ist klar. Das ist ja auch bei dem hier so genannten Gutachten der Fall. Insgesamt müsste ein Gesamtbild zählen, so dass eine solcher Bewerber nicht auf Platz 1 kommen kann.
Wobei "Das Gesamtbild" an und für sich schon ein problematisches Konstrukt ist. Es treffen unterschiedliche Anforderungen zusammen, fachliche und auch, da man sich hier für Jahrzehnte an eine Person bindet, soziale.

Die Vergleichbarkeit der fachlichen Qualifikationen ist schwierig genug, da Forscherkarrieren höchst individuell sind. Klar kann man nach scheinbar objektiven Maßen wie der Veröffentlichungsanzahl und dem H-Index gehen. Eine eindeutige Interpretation ist aber schon dann nicht mehr möglich, wenn mehrere Autoren beteiligt sind und man den genauen Anteil nicht rauslesen kann.

Noch schwieriger: Geht man stur nach Messwerten, bevorzugt man möglicherweise denjenigen Kandidaten, der sich auf ein bestimmtes Hype-Thema eingeschossen hat, von dem in fünf Jahren keiner mehr redet. Im Beispiel der BK, die ich oben erwähnt hatte, hat einer der Gutachter daher stichprobenweise die Veröffentlichungen der Bewerber gelesen und nach eigenen Qualitätsstandards bewertet - kann man machen.
Es war auch festzustellen, dass bereits berufene Professoren mit einer Lehrerfahrung von 10 Jahren aus dem Verfahren gekegelt worden sind, um dann den Kronprinzen/die Kronprinzessin einzustellen, die überhaupt keine Lehrerfahrung verfügte.
Ohne Kontext ist dieses Beispiel komplett aussagelos. Wenn der berufene Professor z.B. in den zehn Jahren keine nennenswerten Forschungs- und Drittmittelaktivitäten gezeigt und Doktoranden zur Promotion gebracht hat, hat er sich selbst ins Aus gekegelt.
Apollo
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von Apollo »

FerdiFuchs hat geschrieben:
Apollo hat geschrieben:Nach einiger Zeit habe ich nach meiner ersten PLV recherchiert, wer berufen wurde: ein Privatdozent, der bereits seit einiger Zeit an dieser FH Vorlesungen hielt. Also ich möchte jetzt hier nicht unbedingt unterstellen, dass die Stelle bereits vergeben oder nur für Ihn geschaffen wurde, vielleicht war er einfach nur der Allerallerallerbeste ;-)
Ich weiß von einem ähnlichen Fall, bei dem am Ende der Bewerber berufen wurde, der am gleichen Fachbereich schon eine Vertretungsprofessur eingenommen hattte. Der Ablauf der BK war allerdings völlig anders als man anhand dieses Ergebnisses herauslesen könnte: Der Berufene ist erst ganz am Schluss, nämlich durch die externen Gutachten auf Platz 1 geklettert. Vorher gab es andere Favoriten und der Berufene war zwischenzeitlich sogar ein Streichkandidat.
Danke für die Antwort :blume:

Was steht dann aber in dem Gutachten für eine FH Professur drin? Der Kandidat hat die schönste Nase von allen? Als Gutachter war es mir zu viel Arbeit alle wissenschaftlichen Arbeiten des Kandidatens, die er vor 5+x Jahren mal während seiner Dissertation angefertigt hat, zu lesen und zu kapieren. Ausserdem brauchen wir einen Praktiker mit breitem Wissen und guten Lehrer und keinen Spitzenforscher in einem ganz kleinen Randbereich, der inzwischen überholt ist. Wieso werden dann Fachfremde (z.B. Physiker) z.b. Prof für Elektrotechnik oder gar Betriebssysteme? Haben die während ihrer Diss eigentlich im falschen Fachgebiet geforscht?

Die Berufungskommission ist unabhängig von den Gutachten. Wenn sie ihre Arbeit ernst nehmen, dann ziehen diese die Gutachten mit in Erwägung.
Apollo
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Re: Ausschreibung für Professorenstelle: Schon vergeben? Nicht interessant?

Beitrag von Apollo »

MelanieTrommer hat geschrieben:Es ist doch eine Tatsache, dass 95% der Professorenstellen schon vorher vergeben sind.
Ein befreundeter FH Prof meinte es wären nur 80%. :D Ich glaube es macht definitv einen Unterschied, ob man aus den Geisteswissenschaften kommt und eine Stelle an der Uni sucht oder ob man Ingenieur in einer engen und gesuchten Sparte ist.

Ein Bekannter ist ein Prof für Geisteswissenschaften geworden. 20+ PLV bis es geklappt hat. Das sind dann aber auch existentielle Fragen. Ich bin eher Ingenieur aus einer dieser gesuchten Sparten aber ich kann diesen Aufschrei von Frau Wanka, dass FHs Probleme hätten Stellen zu besetzen, absolut gar nicht nachvollziehen. Der Luxus, dass man sich aus x*10 Bewerber jemanden heraussuchen kann ist vorbei. Jetzt fangen die FHs selbst an, sich Nachwuchs zu ziehen und Schindluder zu treiben.

Nur ist das ein Henne-Ei Problem. Was war zu erst? Dass qualifizierte Bewerber sich nicht mehr bewerben, weil der Prozess eine Farce ist oder FHs sich selbst Nachwuchs ziehen, die Stelle vorzeitig besetzen weil nicht mehr genug qualifizierte Bewerber da sind?
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