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Wie stehen die Chancen auf eine Professur?

Verfasst: 29.10.2017, 13:03
von Zeiteisen
Guten Tag,

Ich bin gerade dabei herauszufinden, wie die Chancen auf eine W2 oder W3 Professur an einer Universität im Bereich Ingenieurwissenschaften stehen. Irgendwie werde ich nicht schlauer.

Da ich selbst im System stecke, bekomme ich natürlich auch so Einiges mit! Mittlerweile heißt es immer wieder, dass der h-Index über alles steht. Danach kommen eingeworbene Drittmittel. Lehre zählt nicht ganz so viel. Dagegen spricht aber, dass auch Personen aus der Industrie eine W3 erhalten, meist auch mit mäßigen h-Index (z.B. 8).

Mal anders gefragt: muss man wirklich dafür leben und sich "berufen" fühlen, um diesen Weg weiterzugehen?

Re: Wie stehen die Chancen auf eine Professur?

Verfasst: 29.10.2017, 21:10
von Green Goddess
Nun, h-Index ist offiziell, der N-Index ist der inoffizielle Herrscher! Netzwerken rulez! Auch möchte ich bestreiten, dass h-Index über dem Einwerben neuer Drittmittel steht, soll heissen nicht den x-ten Projektzuschuss als E-Techniker bei Siemens eingeworben, weil das jede(r) andere auch geschafft hätte, die passende Konjunkturlage vorausgesetzt. Seit der Propagierung von "Exzellenzoffensive" bedeutet Drittmitteleinwerbung 'double dipping', je mehr die Uni extern einwirbt, desto mehr bekommt sie von Vater Statt/Mutter Land. Dass h-Index mehr Schwächen als Stärken hat, wird nach dem ersten Hype in den Köpfen der Entscheider angekommen sein, insbesondere, dass Jungprofs bei dieser Kennzahl einfach nicht mit den Platzhirschen konkurrieren können.

Re: Wie stehen die Chancen auf eine Professur?

Verfasst: 29.10.2017, 21:13
von oclock
Ich stecke nicht ganz so tief im System "Uni" drin und habe mich die letzten Jahren eher mit FH-Professuren beschäftigt. Hier mal ein paar Gedanken zu dem Thema:
  • An einer Uni geht Forschung über alles. Daher spielen Metriken, die Forschungsstärke belegen, eine übergeordnete Rolle. Dazu gehören Publikationen (Journals vs. Workshops/Konferenzen, h-Index etc.), Drittmittel (EU, BMBF/BMWI, Industrie, etc.) und Organisationen von Workshops/Konferenzen (und die damit verbundenen Kontakte).
  • Da Lehre mit 9 SWS einen relativ kleinen Teil ausmacht (Betreuung von Vorlesungen, Forschungsprojekte etc. reduzieren die 9 SWS noch etwas), sind nachgewiesenen Lehrtätigkeiten zwar nicht komplett egal, aber auch nicht so wichtig.
  • Dass Industrie-Menschen eine Professur bekommen hängt vermutlich mit deren Position zusammen. Ich kenne z.B. einen Kollegen aus dem europäischen Ausland, der in einer Firma eine Forschungsabteilung geleitet hat (inkl. viele Publikationen etc.) und nun im europäischen Ausland eine Forschungsprofessur bekommen hat. Das Interessante an ihm scheint wohl die Kombination aus Leitungsfunktion, Forschungserfahrung, Drittmittelstärke (er war in EU Projekten aktiv) und Quantität an Publikationen gewesen zu sein. Eine einschlägige Tätigkeit in der Industrie kann auch die Habilitation ersetzen. Hängt aber von der Berufungskommission ab. Wenn die alle reine Uni-Hansel sind, dann schauen sie wohl etwas mißtrauisch auf jemanden aus der Industrie. Wenn selbst genügend aus der Industrie kommen, ist das unproblematischer. Auch wenn es unwichtig ist: Industrieerfahrung spiegelt sich auch in einer praxisnäheren Vorlesung wieder und kommt damit den Studenten zugute.
  • Die Konkurenz für Professuren an einer Universität ist groß (international). Wenn man selbst wenig zu bieten hat (realistisch betrachtet), dann wird eine Bewerbung vermutlich keinen Erfolg haben. Auf irgendeine Art und Weise sollte man schon glänzen und sich von der Konkorenz abheben. Im Idealfall hat man in allen Kategorien etwas zu bieten :-)
  • Je nach alter würde ich mir Mühe geben und mein Glück versuchen. Ab ca. 35 Jahren würde ich auch die Augen nach Alternativen offen halten. Wer mit 40 noch keinen festen Platz hat (irgendwas, auch wenn es keine Professur ist), sollte meiner Meinung nach schnellstmöglich einen sicheren Hafen ansteuern, um nicht in die Hartz4-Falle zu geraten. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel... Leider kann aber nicht für jeden der Traum einer Uni-Professur wahr werden.

h-Index

Verfasst: 30.10.2017, 18:34
von Sebastian
Wikipedia weiß: h-Index
Der h-Index ist eine Kennzahl für das weltweite Ansehen eines Wissenschaftlers in Fachkreisen. Die Kennzahl basiert auf bibliometrischen Analysen, d. h. auf Zitationen der Publikationen des Wissenschaftlers. Ein hoher h-Index ergibt sich, wenn eine erhebliche Anzahl von Publikationen des Wissenschaftlers häufig in anderen Veröffentlichungen zitiert ist. (...)
Der h-Index eines Wissenschaftlers kann im Laufe der Zeit nicht sinken.

Ich jetzt auch :wink:

Re: Wie stehen die Chancen auf eine Professur?

Verfasst: 30.10.2017, 18:51
von Wierus
Gut zu wissen. Ich habe bei dem Begriff "H-Index" spontan an US-Bundesstaaten wie Colorado und New Hampshire gedacht... :oops:

Wenn aber stimmt, was in Wikipedia dazu steht, dann hat dieser Begriff zumindest im deutschsprachigen Raum eine ähnlich hohe Relevanz wie die Kategorie "tier 1".

Re: Wie stehen die Chancen auf eine Professur?

Verfasst: 30.10.2017, 20:34
von Leistungsprinzip
In einem anderen Thread von Anfang 2016 schreibst Du, dass Du Juniorprofessor bist und stellst damals schon exakt dieselben Fragen.
Du schreibst, dass Du "so Einiges mitbekommst", aber Dein Post oben spricht eher für das genaue Gegenteil.

Erzähl doch lieber einmal, wie Deine Zwischenevaluation aussieht, dann gibt es zumindest einen Anhaltspunkt, Dir einen Ratschlag zu geben.