FH-Professur - Erfahrungen, Bewerbungstipps und Austausch

[Latrino]

Naja, mir ist schon klar, dass ich am Anfang neben der Lehre wenig Zeit haben werde. Momentan geht es mir aber erstmal darum zu verstehen, wie hoch meine Chancen sind, berufen zu werden. Dabei spielen eben Dinge wie aktueller Beruf und Geschlecht eine Rolle. Kann ich daran etwas ändern? Natürlich nicht. Woran ich allerdings etwas ändern kann, sind meine Erwartungen. Es macht eben einen Riesenunterschied, ob meine Chancen bei einer Bewerbung bei 70% oder 7% liegen. Im ersten Fall würde ich mich nämlich auf einige wenige Bewerbungen konzentrieren. Im zweiten Fall würde ich sehr viele Bewerbungen einreichen. Dabei ist es ja mit dem Einreichen von Bewerbungen nicht getan. Ich lebe derzeit im Ausland und müsste jeweils eine weite Anreise fürs Vorsingen in Kauf nehmen, was ich gerne machen, wenn die Stelle interessant ist. Allerdings kann ich das nicht 10 Mal im nächsten halben Jahr machen.

Genau die Frage hatte ich mir auch einmal gestellt (viele Bewerbungen, bei denen es ungefähr passt vs. wenige Bewerbungen, bei denen es exakt passt).

Das Problem ist halt, dass Dir hier niemand einen verlässlichen Tipp dafür geben kann. Der Grund liegt einfach darin, dass man nie genau weiß, was die Berufungskommission sucht. Sucht sie einen "forschungsstarken" Prof, der am Institut xyz mitarbeitet oder dieses sogar mit aufbaut? Sucht sie einen Nachfolger für eine(n) aus Altersgründen ausgeschiedene(n) Professx? Sucht sie jemanden, der einen neuen Studiengang aufbaut? Sucht sie jemanden, der so viel Praxiskontakte hat, dass die Uni sich vor Drittmitteln nicht mehr retten kann?
Oder ganz profan: Sucht sie jemanden, mit dessen Renommee sich die FH schmücken kann? Sucht sie jemanden, der ebenfalls max. 3 Tage Anwesenheit im Semester will und ansonsten sein eigenes Ding dreht? Sucht sie jemanden, der die Arbeitsweise der Kollegen nicht durch seine "Beratermentalität" stört?

Wie schon oft hier im Thread bzw. im Forum von den erfahreneren Schreibern dargelegt, würde sich jeder Tipp diesbezüglich um "anekdotische Evidenz" handeln. Selbst, wenn ich Dir schreibe, wie es bei mir läuft, kann es für Deine Bewerbungen ganz anders laufen.

Dabei ist es ja mit dem Einreichen von Bewerbungen nicht getan. Ich lebe derzeit im Ausland und müsste jeweils eine weite Anreise fürs Vorsingen in Kauf nehmen, was ich gerne machen, wenn die Stelle interessant ist. Allerdings kann ich das nicht 10 Mal im nächsten halben Jahr machen.

Hier würde ich - aus meinen Erfahrungen und aus meinen Gesprächen mit Bewerbern für FH-Professuren bzw. direkt mit FH-Professoren - allerdings schon ganz klar sagen:
Das wirst Du machen müssen und da führt auch kein Weg dran vorbei. Ich hatte mit mm42 ja schonmal dazu geschrieben, welche zeitlichen Ressourcen pro Bewerbung draufgehen. Bei mir ist es pro Bewerbung mindestens ein Urlaubstag (für das Gepräch inkl. An- und Abreise) plus Wochenend-/Feierabendvorbereitungen der Unterlagen. Bei ihm sind es pro Bewerbung 2-3 Urlaubstage. Und denk dran: Die BK lädt ein, wann es ihr passt und nicht, wann Dein Flieger geht. Die Termine stehen Monate im Voraus fest und liegen bevorzugt Dienstags, Mittwochs oder Donnerstags.

Aber ggf. gibt es dazu noch andere Meinungen seitens der Leserschaft hier im Thread...

[oclock]

Und denk dran: Die BK lädt ein, wann es ihr passt und nicht, wann Dein Flieger geht. Die Termine stehen Monate im Voraus fest und liegen bevorzugt Dienstags, Mittwochs oder Donnerstags.

Natürlich stehen diese Termine schon fest. Es soll ja die komplette Berufungskommission, Studierende etc. anwesend sein. Diese Termine können nicht erst intern abgesprochen werden, nachdem der Bewerber gefragt wurde, sondern es läuft umgekehrt: Die BK reserviert eine Handvoll Termine aus denen der Bewerber wählen darf. Bei mir war das bei meinen drei Einladungen so, daß ich gefragt wurde, welcher Termin mir am besten passt. Mir wurde nie genau ein Termin nach dem Motto Friß oder stirb aufgezwängt.

Aber ja, ums Vorsingen kommt er nicht herum. Wenn ihm die Professur etwas wert ist, dann muss er diesen Aufwand in Kauf nehmen.

[Sebastian]

Hier hätte (nach Freigabedatum) eigentlich dieser Beitrag von benson erscheinen sollen.

[benson]

Es wäre natürlich schön, wenn man bei einer konkreten Ausschreibung oder auch ganz allgemein eine Ahnung hätte, wie die Chancen so stehen. Aber wenn die ganzen Anekdoten (die isoliert betrachtet natürlich wertlos sind, in der Summe aber schon ein Bisschen was aussagen) einem irgendwas verraten, dann das:
Alles kann, nichts muss. Kann sein, dass sich 50 Top-Leute bewerben, kann sein, dass kaum einer dabei ist, der die formalen Voraussetzungen erfüllt. Kann sein, dass alles eine Farce ist und der Ruf schon vorher feststeht (das halte ich für weniger verbreitet als allgemein angenommen, geben tut es das aber sicherlich). Kann sein, dass die HS es nicht eilig hat und mirnichtsdirnichts neu ausschreibt, wenn der 100%-Treffer nicht dabei ist. Kann sein, dass es pressiert und einfach der/die beste genommen wird. Kann sein, dass Leute, die nicht mindestens x SWS Lehre oder y Publikationen vorweisen können, gleich aussortiert werden. Kann sein, dass Art und Umfang der Praxiserfahrung ausschlaggebend ist, oder dass die Praxis nur ein pro-forma-Kriterium ist.
Ich wüsste natürlich auch gerne, inwiefern meine Chancen steigen, wenn ich soundsoviel Extra-Aufwand in die Bewerbung reinstecke. Ich wüsste gerne, wie sehr meine Chancen steigen würden, wenn ich versuchen würde, nebenbei noch Bisschen Lehre aufzugabeln. Ich wüsste überhaupt gerne, wie viele auf mich passende Stellen in den nächsten Jahren so kommen werden (ich bin geographisch nicht besonders flexibel). Dann könnte ich für mich eine optimale Strategie entwickeln.

Aber ich weiß nichts von alldem. Die Anzahl der potentiellen Stellen kann ich halbwegs abschätzen, der Rest ist unbekannt. Was ich versuchen werde ist, nach den Absagen, mit denen ich realistischerweise rechne, den Kontakt mit der BK zu suchen und einfach mal unverbindlich nachzufragen, wo sie bei mir Defizite sehen. Ich schätze mal, die haben das nicht so gerne und wittern bei so einer Anfrage gleich einen Einspruch oder gar eine Klage. Aber ich hoffe trotzdem, dass ich irgendwas aus ihnen rauskriege, womit ich arbeiten kann. Ich lass es euch dann wissen.

[Latrino]

Die BK reserviert eine Handvoll Termine aus denen der Bewerber wählen darf. Bei mir war das bei meinen drei Einladungen so, daß ich gefragt wurde, welcher Termin mir am besten passt. Mir wurde nie genau ein Termin nach dem Motto Friß oder stirb aufgezwängt.

Anekdotische Evidenz. Mir wiederum wurden die Termine exakt vorgegeben, und zwar genau einer pro FH. Ich konnte zweimal die Uhrzeit beeinflussen, das war's. Ob es was gebracht hätte, wenn ich nachgefragt hätte, weiß ich nicht. Mag von FH zu FH oder von Fach zu Fach unterschiedlich sein.

Edit 17.5.2017: Hier beispielsweise ist der (einzige) Berufungsvortragstermin schon in der Stellenanzeige angegeben. Für den Fall, dass der Link irgendwann (bald) nicht mehr funktioniert:

Sie können sich per E-Mail bei uns bewerben. Bei der E-Mail-Bewerbung senden Sie bitte alle Ihre Dokumente in einer Datei im PDF-Format an karriere@hs-ruhrwest.de. Bitte fügen Sie Ihren Unterlagen neben den weiteren erforderlichen Unterlagen in jedem Fall das Kontaktformular bei, das Sie auf unserer Internetseite finden.
Das Berufungsgespräch ist für den 26.06.2017 terminiert.

--- Ende des Edits ---

Aber ich weiß nichts von alldem. Die Anzahl der potentiellen Stellen kann ich halbwegs abschätzen, der Rest ist unbekannt. Was ich versuchen werde ist, nach den Absagen, mit denen ich realistischerweise rechne, den Kontakt mit der BK zu suchen und einfach mal unverbindlich nachzufragen, wo sie bei mir Defizite sehen. Ich schätze mal, die haben das nicht so gerne und wittern bei so einer Anfrage gleich einen Einspruch oder gar eine Klage. Aber ich hoffe trotzdem, dass ich irgendwas aus ihnen rauskriege, womit ich arbeiten kann. Ich lass es euch dann wissen.

Du erfasst selbst, wo das Problem dabei liegt. Keine BK wird sich die Flanke öffnen, dass Du Dich anschließend einklagen kannst bzw. kann die Meinung eines einzelnen BK-Mitglieds nicht die Meinung der BK wiederspiegeln. Natürlich kannst Du es gerne probieren, für Rückmeldungen hier im Thread wäre ich Dir sehr dankbar!

[dead_souls]

Das mit dem "cum laude" ist zwar einerseits unschön, aber ich habe das erfragt und am FH Bereich gilt "cum laude" durchaus als professorabel (es ist immerhin eine überdurchschnittliche Leistung) und das Stadtgespräch sagt, dass es auch schon Profs jüngeren Datums an der Uni gibt mit CL.

Kollegen sage mir, immerhin hätte ich den Doc + in einem Fach, in dem nicht mit Noten rumgeschmissen wird + Erfahrungen im außereuropäischen Ausland + an der derzeitigen HS fragt keiner nach der Note, mein dortiger Mentor sagte, ich hätte eigentlich alles für eine Professur - nur manchmal nagen Zweifel

[oclock]

Lass Dich nicht von Deinen Zweifeln demotivieren. Bewirb Dich einfach weiter und schau was passiert. Achte nur darauf, dass Deine Unterlagen Dich im bestmöglichen Licht erscheinen lassen und Deine Leistungen unmissverständlich deutlich werden.

Je besser Du passt, um so größer die Chance. Die Note könnte eine Rolle spielen, muss aber nicht. Die Note ist aber definitiv nicht das einzige Kriterium. Es gibt auch FHs, die eine forschungsstarke Person suchen, eine andere FH legt darauf gar keinen Wert und sucht lieber jemanden, der eine Führungsposition inne hat und viel Berufserfahrung hat. Andere wollen, dass er unbedingt schon eigene Vorlesungen gehalten hat, anderen ist das weniger wichtig etc.. Die Anforderungen sind so intransparent für den Bewerber, dass man durchaus auch bei nicht passgenauen Stellen Glück haben kann.

[Latrino]

Irgendwelche Neuigkeiten bei euch, geschätzte Interessenten / Bewerber für FH-Professuren oder solche, die es schon sind?

[benson]

Ich harre noch der Dinge.

[benson]

So schnell kanns gehn: Am Freitag hab ich einen Brief gekriegt von FH Nr. 1 (Datiert auf den 30. Mai, also weniger als ein Monat nach Bewerbungsschluss) mit:

Einladung zum Vorsingen (2x20 Minuten)
zwei Terminvorschläge (beides in knapp 2 Monaten)
Thema des Pflichtvortrags (nebst Angaben zum Hörerkreis: Bachelor Grundstudium)
Vorgaben zum Kürvortrag (Thema= Thema der Professur, Masterniveau)

Bisher also alles sehr nett und auch verhältnismäßig schnell.
Gerade eben kam dann per E-Mail die Antwort von FH Nr. 2: Zunächst kein Vorsingen, sndern ein stinknormales Vorstellungsgespräch. Begründung: die Machen lieber erst mal ein Gespräch, das mach weniger Aufwand, drum können sie sich mehr Leute anschauen. Find ich plausibel. Übrigens auch zwei Terminvorschläge (in ca. 2 Wochen).

Das waren wie gesagt die ersten beiden FH-Bewerbungen meines Lebens, und die waren eigentlich eher als Versuchsballon gedacht. Jetzt bin ich erst mal ein bisschen nervös.