Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Irgendwann ist jeder fertig. Und dann darf er sich hier austoben :-)
Vollkornpizza
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Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von Vollkornpizza »

An der Uni, wo ich studiert und promoviert habe, hatten wir auch so einen Schülerinnen-Technik-Tag. Dabei durften aber nur WissenschaftlerINNEN den Schülerinnen was erzählen/zeigen. Meine KollegINNEN waren davon aber nicht so begeistert, weil das noch eine weitere Aufgabe war, und sie fast jedes Mal da mitmachen mussten (zusätzlich zu den ganzen anderen Gleichstellungs-Sachen), weil es eben wenige WissenschaftlerINNEN gab.
Das ist ja voll traurig. Klar ist es schön, wenn Frauen da auch Präsenz sind zeigen, aber dieses Kozept entspricht ja nicht gerade der He-for-She Mentalität... . Wenn dein Labor/Lehrstuhl z.B. einen zusätzlichen Platz am girlsday bereitstellt, ist es doch besser als wenn die FH diesen Platz nicht bereitstellt.

Genauso könntest du anbieten, einen solchen Mädchen-Workshop zu konzipieren und bei der Durchführung immer noch für eine gewisse weibliche Präsens sorgen...

Deinen Vorschlag mit den anonymen Klausuren finde ich übrigens auch sehr gut.

Im großen und ganzen müssen deine Ideen für das Vorstellungsgespräch wahrsch. gar nicht besonders ausgereift sein, sondern es reicht, wenn du zeigen kannst, dass du dir grundsaätzlich Gedanken darüber machst.
itsme

Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von itsme »

mm42 hat geschrieben:
Vollkornpizza hat geschrieben: Die Anmerkung von GG könnte bereits ein Teil deiner Antwort sein: Dass du dich an den Tagen der offenen Tür, bei Schnuppervorlesungen/Probestudium. gezielt an Mädchen richten möchtest, etc. An der RWTH Aachen gibt es doch diese Workshop-Wochen, die sich nur an Schülerinnen richten, da könnte man was abkupfern...
An der Uni, wo ich studiert und promoviert habe, hatten wir auch so einen Schülerinnen-Technik-Tag. Dabei durften aber nur WissenschaftlerINNEN den Schülerinnen was erzählen/zeigen. Meine KollegINNEN waren davon aber nicht so begeistert, weil das noch eine weitere Aufgabe war, und sie fast jedes Mal da mitmachen mussten (zusätzlich zu den ganzen anderen Gleichstellungs-Sachen), weil es eben wenige WissenschaftlerINNEN gab.
Nix für ungut, aber: Es ist kaum zu überlesen, dass Du mit dem Thema nix am Hut hast - und im schlimmsten Fall kann dich das die Stelle kosten. Denn die Gleichstellungsbeauftragte hat zwar formal nicht mal ein Veto-Recht, aber man weiss beim Vorsingen nie, was am Ende den Ausschlag gibt. Deswegen ist es vielleicht besser, Du lernst nicht nur ein paar Antworten auswendig, sondern beschäftigst dich wirklich mit der Frage, warum Frauen in deinem Gebiet unterrepräsentiert sind und wie man dem abhelfen könnte. Wenn dann eine Frage kommt, kannst Du anknüpfen und dabei auch deine Beobachtungen einbringen.
kal-el
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Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von kal-el »

Du darst nicht vergessen, dass bei den meisten Institutionen die Frauenbeauftragte eigentlich die Gleichstellungsbeauftragte ist, d.h., es geht wohl nicht nur primär um gender-diversity, sondern allgemein um Diversity (-management)....
sprich: wie würdest Du als Lehrstuhlinhaber z.B. ausländische Studierende fördern (Studieabbruchquoten!!), Zusammenarbeit mit dem Auslandsamt,
durchlässiger Zugang für bildungsferne Schichten.... ....
so etwas halt.....die neuen Ansätze fordern eine Förderung der vielfältigen Ressourcen, keine Gleichschaltung

LG
kal (südliche Uni)
kal-el
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Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von kal-el »

Du darst nicht vergessen, dass bei den meisten Institutionen die Frauenbeauftragte eigentlich die Gleichstellungsbeauftragte ist, d.h., es geht wohl nicht nur primär um gender-diversity, sondern allgemein um Diversity (-management)....
sprich: wie würdest Du als Lehrstuhlinhaber z.B. ausländische Studierende fördern (Studieabbruchquoten!!), Zusammenarbeit mit dem Auslandsamt,
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mm42
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Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von mm42 »

itsme hat geschrieben:Nix für ungut, aber: Es ist kaum zu überlesen, dass Du mit dem Thema nix am Hut hast - und im schlimmsten Fall kann dich das die Stelle kosten.


Das gebe ich gerne zu, dass ich mich mit dem Thema "Erhöhung des Frauenanteils in technischen Studiengängen" bisher noch nicht beschäftigt habe, weil man als (männlicher) wiss. Mitarbeiter und Lehrbeauftragter das nicht als Aufgabe hat. Deswegen habe ich ja diese Frage in diesem Forum geschrieben.

Wie ich oben geschrieben habe, durfte/musste ich als wiss. Mitarbeiter nicht einmal am Mädchen-Technik-Tag mitwirken. So wie ich inzwischen bei der Internet-Recherche herausgefunden habe ist es für Frauen weniger ein Hemmnis für die Aufnahme eines technischen Studiums, dass sie dort überwiegend oder auch von Männern unterrichtet werden. Vielmehr haben sie "Angst" vor ihren männlichen Kommilitonen, die angeblich mehr Vorwissen haben (oder zumindest so rumtönen) und sie vielleicht auslachen würden, wenn sie mal was nicht wissen oder können würden.

itsme hat geschrieben: Denn die Gleichstellungsbeauftragte hat zwar formal nicht mal ein Veto-Recht, aber man weiss beim Vorsingen nie, was am Ende den Ausschlag gibt.
Es geht vorerst "nur" um ein Vorstellungsgespräch und noch nicht um den Probevortrag ("Vorsingen" ist doch der Probevortrag, oder?)
Green Goddess

Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von Green Goddess »

mm42 hat geschrieben:...So wie ich inzwischen bei der Internet-Recherche herausgefunden habe ist es für Frauen weniger ein Hemmnis für die Aufnahme eines technischen Studiums, dass sie dort überwiegend oder auch von Männern unterrichtet werden. Vielmehr haben sie "Angst" vor ihren männlichen Kommilitonen, die angeblich mehr Vorwissen haben (oder zumindest so rumtönen) und sie vielleicht auslachen würden, wenn sie mal was nicht wissen oder können würden....
Sollte das Internet denn tatsächlich den oberflächlichen Sucher dazu verleiten, Halbgarheiten, Klischees und bestenfalls Symptome als Ursachen anzuerkennen? Ich kann es nicht glauben. Ebenso wenig, wie ich daran glaube, dass jährlich stattfindende "Girls' Days" an Schulen oder Schnupperveranstaltungen für Mädchen aus Kl. 11-13 an Unis ausreichen, Mädchen für MINT zu begeistern. Du bist in deiner angestrebten Position viel zu weit von den Punkten entfernt, an denen Mädchen/junge Frauen ihre Entscheidung treffen! Am besten vergisst du all den Quatsch über Schnupperkurse&Co, was im übrigen eine recht einfach zu transportierende Message ist, wenn ich den Bogen auf den Grund deiner Frage schlage. Förderung des wiss. Nachwuchses ab Master liegt auch nicht in deiner Macht, denn an der Unsitte von Zeitverträgen und damit einhergehendem Zigeunerleben (Sry für fehlende political correctness), welches eher für Männer akzeptabel ist, kannst du nichts ändern. Betrachte die Frauenbeauftragte als Gleichstellungsbeauftragte, kommuniziere dies und deine Ideen dazu! Mit flüchtig aufgeschnappten und wiedergekäuten Häppchen fällst du als Blender auf, glaub's mir.
itsme

Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von itsme »

mm42 hat geschrieben:
itsme hat geschrieben:Nix für ungut, aber: Es ist kaum zu überlesen, dass Du mit dem Thema nix am Hut hast - und im schlimmsten Fall kann dich das die Stelle kosten.


Das gebe ich gerne zu, dass ich mich mit dem Thema "Erhöhung des Frauenanteils in technischen Studiengängen" bisher noch nicht beschäftigt habe, weil man als (männlicher) wiss. Mitarbeiter und Lehrbeauftragter das nicht als Aufgabe hat. Deswegen habe ich ja diese Frage in diesem Forum geschrieben.
Autsch. :?

Übersetzung: Chancengleichheit tangiert dich nur, wenn es explizit in deine Aufgabenbeachreibung übernommen wird.

Kommt nicht gut. Amis würden an dieser Stelle sagen: Check your privilege! Wie bereits gesagt: es bringt nichts ein paar Versatzstückchen auswendigzulernen, wenn dahinter kein Problembewusstsein steht, nur um der 'Frauenbeauftragten' auch ein bisschen was in den Rachen zu werfen. Denn das geht spätestens dann schief, wenn nicht mehr "nur" nach dem Anteil von Frauen in technischen Studiengängen gefragt wird, sondern zum Beispiel nach dem barrierefreien Zugang für Menschen mit Behinderung. Deswegen nochmal: Du kannst diese Frage nicht in ein Forum auslagern, sondern kommst nicht umhin, dir selbst ein paar Gedanken zu machen, warum gerade dein Studiengang vorzugsweise heterosexuelle, junge Männer ohne Migrationshintergrund und ohne Behinderung anzieht (denn die Biologie allein ist als Erklärungsansatz nicht ausreichend) und was im Rahmen des Möglichen liegt, damit die Studierendenschaft und die Mitarbeiter diverser werden. Du kannst dich natürlich auch in das Vorstellungsgespräch setzen und betonen, dass es dir in dem White-Boys-Club gut gefällt und dass du keinen Grund siehst, daran was zu ändern. Kann gut gehen, muss es nicht.
mm42
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Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von mm42 »

itsme hat geschrieben: Übersetzung: Chancengleichheit tangiert dich nur, wenn es explizit in deine Aufgabenbeachreibung übernommen wird.
Ich würde es eher so ausdrücken, dass ich als WissMA und Lehrbeauftragter ein viel zu kleines Würstchen war bzw. bin, als dass ich es mir anmaßen kann, (strategische) Maßnahmen zur Erhöhung der Diversität der Studierenden auszudenken. Wenn ich mit einem Vorschlag zur Einführung einer mono-edukativen Vorlesung, einer Transgender-Toilette, einen Frauen-Rechner-Raum (gab's bei uns an der Uni, wurde aber fast nicht genutzt), Kita-Plätzen für Studierende mit Kind, Vorbereitungskurse für Migranten, anonymen Klausuren oder ähnlichem gekommen wäre, dann hätte man mir gesagt, dass ich mir lieber Gedanken darüber machen soll, wie ich eine gute Vorlesung halte.

Meine Lehraufträge mache ich übrigens in einem dualen Studiengang, wo die Studierenden von den Ausbildungsbetrieben ausgewählt werden.


Natürlich habe ich in meinen Lehrveranstaltungen immer darauf geachtet, eine gender-sensible Sprache zu verwenden (z.B. "Wir starten den Compiler ..." statt "Der Programmierer startet den Compiler ...") und diskriminiernde Stereotypen wie den Woman Acceptance Factor oder eine "Hausfrauen-App" zu vermeiden.

In den von mir (mit-)betreuten Lehr-Veranstaltungen habe ich es nie erlebt, dass eine Studentin oder ein Non-White-Boy wegen einer falschen Antwort ausgelacht oder ausgezischt worden ist (letzteres soll in technischen Studiengängen noch in den 1980er ab und zu vorgekommen sein), bei sowas wäre ich natürlich sofort eingeschritten.
itsme

Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von itsme »

mm42 hat geschrieben:
itsme hat geschrieben: Übersetzung: Chancengleichheit tangiert dich nur, wenn es explizit in deine Aufgabenbeachreibung übernommen wird.
Ich würde es eher so ausdrücken, dass ich als WissMA und Lehrbeauftragter ein viel zu kleines Würstchen war bzw. bin, als dass ich es mir anmaßen kann, (strategische) Maßnahmen zur Erhöhung der Diversität der Studierenden auszudenken.
Trotzdem kannst Du mit offenen Augen durch die Welt gehen und deine wissenschaftlichen Fähigkeiten auch auf die Frage der geringen Diversität in einzelnen Studiengängen anwenden. Es gibt da keine Universallösung: Die Gründe, warum z.B. der Frauenanteil in den technischen Studiengängen gering ist, sind andere, als die, die ursächlich dafür sind, dass Kinder aus Migranten-Familien selten(er) Geisteswissenschaft studieren. Soweit ich weiss, ist die Informatik auch noch mal ein Sonderfall, weil es in der Geschichte der Informatik sicher mehr wegweisende Frauen gab als z.B. im Maschinenbau. Deswegen nochmal: Man kann nicht einfach Maßnahmen aus anderen Disziplinen "transplantieren", denn gute Lösungen für mehr Diversität sind immer abhängig von den Ursachen für Uniformität. Du musst also zuerst einmal umreißen können, warum die Informatik als Studiengang und Berufsfeld für Frauen (Migranten, Menschen mit Behinderung, ...) weniger attraktiv ist, bevor du Maßnahmen identifizieren kannst, die sowohl zielführend sind als auch für dich im Rahmen der angestrebten Position umsetzbar sind. Wenn die Gleichstellungsbeauftragte nicht komplett ideologisch verbohrt ist (das gibt es leider auch), dann spielt das Signal, dass du dich mit dem Thema aktiv auseinandergesetzt hast (im Idealfall eben nicht nur aus Opportunismus) eine wesentlich größere Rolle, als die konkreten Maßnahmen die Du vorschlägst. Und noch ein Tipp: Guck' mal ob die Hochschule eine Strategie zur Erhöhung der Diversität hat. Daraus ergeben sich vielleicht auch Anhaltspunkte, wo man ansetzen und ausbauen kann.
FerdiFuchs
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Re: Frauenbeauftragte bei Bewerbungsgespräch für FH-Professur

Beitrag von FerdiFuchs »

@itsme: Ich finde die generelle Haltung, die Dinge nicht so hinzunehmen wie sie sind, sondern sie kritisch zu hinterfragen, ja durchaus sympathisch. Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Wenn ich trotz ernsthafter Überlegungen keine Idee habe, was ich in der Rolle als FH-Professor für Informatik tun könnte, um die Situation zu verbessern, wie sollte ich das in einem Vorstellungsgespräch am besten rüberbringen? Als Wissenschaftler wäre mein Ansatz da erstmal, mich stattdessen auf Probleme zu konzentrieren, bei denen ich einen konkreten Hebel habe, um eine Verbesserung zu erzielen.
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