Zeiteisen hat geschrieben:
Ihr seht schon ich bin hin- und hergerissen!
Warum muss es denn ein "Entweder ... oder ... " sein? Ich glaube, deine Sicht ist ein bisschen dadurch verzerrt, dass du dich durch die Unterstützung deines Fachbereiches geschmeichelt und damit gebunden fühlst. Aber nichts ist für die Ewigkeit.
Warum nimmst du nicht erstmal die Chance mit der Juniorprofessur wahr und probierst aus, ob das etwas für dich ist? Wenn ich das richtig verstanden habe, hast du jetzt direkt auch keine Alternativen. Du hast sechs Jahre und kannst in der Zeit nach einem Job in der Industrie gucken. Du bewirbst dich dann aus einer Stelle heraus, was sicher besser ist, als jetzt mit der Uni abzuschließen und zwar mit abgeschlossener Promotion, aber ohne Stelle im Hintergrund in die Bewerbungen zu gehen. Falls du vor Ablauf der sechs Jahre in die Industrie wechselst: Es gibt keinen Grund, sich an die Universität gebunden zu fühlen. Die JP ist eben auch nur eine Stelle mit einem bestimmten Profil. Wenn du eine attraktivere Stelle findest, bist du frei, diese wahrzunehmen. Dann kann die Uni eben mit einem entsprechenden Angebot mitziehen oder sie muss dich gehen lassen. Marktwirtschaft ist schon was Feines.
Vielleicht stellst du auch fest, dass die Juniorprofessur genau dein Ding ist. Dann kannst du in fünf Jahren anfangen, den nächsten Schritt, die Professur (oder eine Position als Senior Researcher) anzugehen. Da du dich auf die Lehre konzentrieren möchtest, ist ja vielleicht auch eine FH-Professur eine gute Möglichkeit für dich. Die Erfahrung außerhalb der Uni kann - je nach Landesgesetz - auch durch eine Habilitation oder habilitationsäquivalente Leistungen ersetzt werden. Es gibt durchaus Alternativen zur Professur und Beschäftigungsmöglichkeiten nach den sechs Jahren WissZeitVG. Du kennst den Zeitrahmen, deswegen ist das etwas, was du aktiv angehen kannst, z.B. indem du die sechs Jahre nutzt, um einfach erst mal Kontakte zu knüpfen, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob die zu einer Stelle führen. Eigentlich bist du in einer ziemlich beneidenswerten Situation, die vermutlich durch die Unentschiedenheit etwas belastet ist. Aber wie gesagt: Nichts ist für die Ewigkeit und die perfekte Karriereplanung gibt es sowieso nicht. Wenn du feststellst einen Weg gewählt zu haben, der nicht der Richtige für dich ist, kannst du einen anderen einschlagen. Und so schlecht macht sich eine Juniorprofessur im CV auch nicht.
Alles Gute!
Nachtrag: Weil du explizit nach dem Zeitfaktor gefragt hast: Das liegt ja in deinem Handlungsspielraum. Diese ach-so-hohe Belastung von Professoren kennt wahrscheinlich jeder von uns (vor allem, weil sie die ja gerne vorschieben, um sich unangenehmen Aufgaben wie Betreuung zu entziehen ...), aber meiner Meinung nach sind viele auch schlicht ineffizient in ihrer Arbeitsorganisation. Die Freiheit auf einer Professur ist so groß, dass sie ihre Arbeit auch ganz anders organisieren und ausrichten könnten. Auf einer Juniorprofessur ist das anders, weil man aus den sechs Jahren ja möglichst viel herausholen muss. Das heisst aber nicht, dass man ständig 60, 70 Stunden/Woche kloppen muss. Es liegt ja an dir, wo du die Grenze ziehst und welche Aufgaben du dir auf's Auge drücken lässt. Im Zweifel kannst du auch einfach administrative Aufgaben ablehnen mit der klaren Ansage, dass du auf einer Juniorprofessur Forschung und Lehre in den Vordergrund stellen musst, um deine berufliche Entwicklung zu sichern.