Habilitieren... ein paar Basis-Fragen

[Funkwecker]

Hallo,

a) Kann ich einfach vor mich hin forschen und sobald ich genug Papers veröffentlich habe, mit der Absicht einer kumulativen Habil an einen Betreuer herantreten oder sollte ich mich erst(!) anmelden, und dann publizieren?

b) Wie groß ist die Rolle der Habil in einem Berufungsverfahren? Wie stark erhöht man durch eine gute Habil seine Chancen?

c) Kann ich an einem Forschungsinstitut (Leibniz) habilitieren oder geht das nur an Universitäten?

d) Wie weit thematisch entfernt muss die Habil von der Doktorarbeit sein?

Vielen Dank
Funkwecker

[flip]

Es gibt nicht nur Promotionsordnungen, sondern auch Habilitationsordnungen. Dort solltest du vielleicht einmal an deiner Zieluni einen Blick hineinwerfen.

Ob eine Habil "gut" ist und ob man sie zu Rate ziehen kann, hängt wohl sehr stark vom individuellen Fall ab. Das kann amn nicht pauschalisieren.
Ich kann dir nur sagen, dass bei den vier Berufungsverfahren, die ich bisher mitererlebt habe, die Habil gar keine Rolle gespielt hat. Egal wie alt der Anwärter war.
Und ich rate auch - in meiner Forschungsrichtung (WiWi) von einer Habil ab und dringend zu einer Juniorprofessur. Erstere kann praktisch jeder starten, und dementsprechend hoch ist auch die Konkurrenz.

[Penguin]

Hi Funkwecker,

wie flip schon gesagt hat, gibt es auch Habilitationsordnungen. schau sie dir an. Da ich mich auch noch in das Thema einlesen/es mir ueberlege kann ich auch nur zu Punkt 1 was schreiben: So wie ich es verstanden habe, muss mach sich wohl nicht gleich anmelden, aber es empfielt sich einen Betreuer zu finden. Haeufig muss man fuer die Habil Lehre getaetigt haben und da kann man eben Vorlesungen oder Seminare vom Betreuer uebernehmen. Man kann aber manchmal auch einfach zusaetzlich zur Verteidigung ein paar weitere Vorlesungen halten und gut ist.

Viel Erfolg!
Penguin

[Funkwecker]

Hallo,

danke für die Antworten. Es ist mir schon klar, dass es Habilitationsordnungen gibt. Diese sind jedoch von Uni zu Uni unterschiedlich und potentiell könnte ich ja an jeder Uni Deutschlands habilitieren. Ich habe leider keine Zieluni. Nach welchen Kriterien suche ich denn eine Zieluni? Es gibt eigentlich keinen Professor in Deutschland, der etwas ähnliches macht, wie ich in meiner Diss.

Danke
Funkwecker

[DoneXY]

Wenn Du dies weißt:

Es ist mir schon klar, dass es Habilitationsordnungen gibt. Diese sind jedoch von Uni zu Uni unterschiedlich und potentiell könnte ich ja an jeder Uni Deutschlands habilitieren.

Wie kannst Du dann auf diese Frage eine Antwort erwarten:

a) Kann ich einfach vor mich hin forschen und sobald ich genug Papers veröffentlich habe, mit der Absicht einer kumulativen Habil an einen Betreuer herantreten oder sollte ich mich erst(!) anmelden, und dann publizieren?

Ich habe leider keine Zieluni. Nach welchen Kriterien suche ich denn eine Zieluni? Es gibt eigentlich keinen Professor in Deutschland, der etwas ähnliches macht, wie ich in meiner Diss.

Du hast für Deine Diss auch einen Prof. gefunden, obwohl der offenbar nichts mit dem Thema zu tun hatte. Frag doch ihn, ob er jemanden weiß, der eine weitergehende Habil betreuen könnte.

Allerdings sollten meines Wissens Qualifizierungsarbeiten nur sehr begrenzt thematisch aufeinander aufbauen. Dann aber wären pauschale Hinweise unmöglich, da Du ggf. darauf angewiesen bist, dass die jeweilige HO in dieser Hinsicht sehr weit ausgelegt wird.

[Penguin]

Hi Funkwecker,

du wirst doch sicherlich auch waehrend des Schreibens deiner Diss gemerkt haben, dass dein Prof sich nicht so gut auskennt mit deinem Projekt wie du. Da ist die Wahrscheinlichkeit einen anderen Prof mit einer aehnlichen Ausrichtung innerhalb Deutschlands zu finden wohl eher gering. Aber das muss mE auch nicht sein. Du hast ja durch die Diss nachgewiesen, dass du selbststaendig wissenschaftlich arbeiten kannst. Du brauchst also nur einen Prof bei dem du sitzen kannst, dessen Vorlesungen du halten darfst. Idealerweise ist der nicht komplett fachfremd, so das dir seine Bibliothek auch zur Verfuegung steht.
Nicht Habil spezifisch (deswege hatte ich es nicht vorher erwaehnt): die meisten Geldgeber sehen es gern, wenn das Projekt nach der Diss (z.B.als postdoc) sich thematisch unterscheidet. Damit du zeigen kannst, dass du neue Ideen hast und diese auch umzusetzen weisst. Ein weiter ausbauen ist vielleicht nicht angebracht.

lg
Penguin

[DoneXY]

die meisten Geldgeber sehen es gern, wenn das Projekt nach der Diss (z.B.als postdoc) sich thematisch unterscheidet. Damit du zeigen kannst, dass du neue Ideen hast und diese auch umzusetzen weisst. Ein weiter ausbauen ist vielleicht nicht angebracht.

Guter Hinweis, der mich daran erinnert, dass es meiner Erfahrung nach gut ist, thematisch breit aufgestellt zu sein. Solltest Du nach der Habil in die Verlegenheit kommen, Dir mit einem Außenseiterthema einen Lehrauftrag suchen zu müssen, kann es daran scheitern, dass dieses in kein Curriculum einer Uni passt! Ein Alleinstellungsmerkmal ist nicht immer gefragt.

[Twinkies]

Hallo,

bei der Habil hat man keinen "Betreuer" mehr in dem Sinne, wie man ihn bei der Doktorarbeit hatte. Ob sich der_die Prof also mit deinem Thema auskennt, ist daher nicht so wichtig. Es ist eher so, dass du als Habilitand an einem Institut angebunden bist, und forschen wirst du ohnehin "eigenständig". Es käme wohl auch auf dein Fachgebiet an, kann sein dass das z.B. in der Medizin anders ist, wo man in ein Forschungsprojekt eingebunden ist. Aber in der Regel arbeitest du eben an deinem eigenen Projekt ohne "Hilfestellung" eines Profs.

Ob eine Habil noch gefordert ist, hängt m.E. sehr vom Fachbereich ab. Flip schreibt, dass die Habil in den Fällen in denen er kennt, keine Rolle bei den Berufungsverfahren gespielt hat, und Juniorprofessuren das Ding sind. In den Geisteswissenschaften sieht das meiner Erfahrung nach ganz anders aus: da wird auf eine Habil sehr wohl noch sehr viel Wert gelegt, und die Leute die Juniorprofessuren haben, habilitieren trotzdem noch gleichzeitig, um ihre Chancen auf eine Professur zu erhöhen. Man kann davon halten, was man will, aber mein Rat wäre: frag deinen Prof (Doktorvater/mutter), wie es da in deinem Fach aussieht - er/sie wird vermutlich in einigen Berufungskommissionen gesessen haben und wird dir das am besten sagen können. Oder frag andere Kolleg_innen, die in Berufungskommissionen gesessen haben.

Das mit der thematischen Breite kenne ich auch so. Also sollte die Habil möglichst ein anderes Themengebiet abdecken als die Diss.

Wenn du dir überlegst, an welcher Uni du habilitieren möchtest, schau doch mal auf Homepages nach, was die so machen. Und zwar nicht nur inhaltlich, sondern: haben die viele Forschungsprojekte laufen, wie sieht es aus mit z.B. DFG-geförderten Projekten, wieviele Leute sind dort angestellt (und wieviele werden als billige Lehrbeauftragte ausgebeutet), usw. Pauschalisieren kann man zwar nie was, aber wenn es viele (Drittmittel-) Projekte gibt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass am Institut "was läuft". Das musst du wissen, wie wichtig dir sowas ist. Noch ein Tipp: geh auf Fachkonferenzen und komme da mit Profs und anderen Wissenschaftler_innen unverfänglich ins Gespräch. Auf so "informellem" Weg lässt sich auch einiges rausfinden, z.B. auch ob man auf einer Wellenlänge liegt. Und nicht zuletzt würde ich auch, wie schon vorgeschlagen hatte, deine Promotionsbetreuer_in mal fragen, ob er dir jemanden empfehlen kann.

[Funkwecker]

Vielen Dank für die vielen und hilfreichen Antworten! Ich glaube, ich muss nun erstmal schauen, wo es mich beruflich hinverschlägt. PostDoc-Stellen liegen ja auch nicht auf der Straße.

[bullabü]

würde mich nun ja interessiere. Wo bist du gelandet, wie ist es dir ergangen?