FH-Professur: Wann / wie Berufspraxis?

Irgendwann ist jeder fertig. Und dann darf er sich hier austoben :-)
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slaby

FH-Professur: Wann / wie Berufspraxis?

Beitrag von slaby »

Hallo,

wie allseits bekannt ist, ist eine Einstellungsvoraussetzung für Professoren an der FH eine mindestens 5-jährige berufliche Praxis, von der 3 Jahre außerhalb der Uni absolviert sein müssen. Ich habe nun gehört, dass diese Berufspraxis nach der Promotion liegen muss. Ist das richtig? Aus den Gesetzestexten ist dies jedenfalls nicht herauszulesen.

Vielen Dank schon mal für die Hilfe!
Klaus Unruh
Beiträge: 180
Registriert: 09.12.2009, 11:23
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Re: Berufspraxis bei FH-Professur

Beitrag von Klaus Unruh »

Nein, das ist nicht richtig und ich habe auch noch nie davon gehört.
Mimose

Re: Berufspraxis bei FH-Professur

Beitrag von Mimose »

@Klaus: Weißt du ob eszu dieser Problematik irgendwo ein Grundsatzurteil gefällt wurde oder worauf stützt du deine Aussage?
Danke schon mal und viele Grüße
Klaus Unruh
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Status: Post-Doc

Re: Berufspraxis bei FH-Professur

Beitrag von Klaus Unruh »

Ich stütze meine Aussage auf folgende Punkte:

a) Gesetzestexte; dort steht entweder 5 Jahre oder 5 Jahre nach Studienabschluss oder 5 Jahre einschlägige Tätigkeit oder 5 Jahre einschlägige Tätigkeit nach Studienabschluss.

b) Lebensläufe von FH-Professoren, wie sie auf den webseiten veröffentlicht sind.

c) Gespräche mit verschiedenen FH-Professuren.

d) Berufungsverfahren.

**

Woher kommt denn deine Aussage?

Gruß!
MelanieT

Re: Berufspraxis bei FH-Professur

Beitrag von MelanieT »

Die Behauptung, dass die Berufspraxis von 5 Jahren erst nach der Promotion erbracht werden müssen ist kompletter Unsinn und würde eine
Gesetzesauslegung contra legem darstellen. Es wäre eine nicht zulässige Extension des bestehenden Wortlautes der Norm (hier § 25 Nieders. HG), der nicht zulässig ist. Der Wortlaut einer Gesetzesnorm bildet die Grenze der Auslegung. Wo bitte steht in 4c., dass die Berufspraxis nach Verleihung
der Promotionsurkunde erst zählt? Wer so etwas vertritt, der liest ein zusätzliches verschärfendes Tatbestandsmerkmal in die Norm hinein, die im
Gesetz gerade nicht vorgesehen ist. Dies ist unzulässig.

§ 25 HG Niedersachen

(1) Einstellungsvoraussetzungen für Professorinnen und Professoren sind

1.ein abgeschlossenes Hochschulstudium,

2.durch praktische Erfahrungen bestätigte pädagogisch-didaktische Eignung,

3.die besondere Befähigung zu vertiefter selbständiger wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch eine überdurchschnittliche Promotion nachgewiesen wird

4.c)

besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen.

Neben der rechtlichen Auslegung sollte man die Aussage auch logisch durchdenken und kommt dann zu dem Ergebnis, dass diese Quatsch ist und
auch unzulässig. Angenommen wir haben eine Person, die hat einen Master absolviert und war dann 4 Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni und ist als Dr. aus der Uni ausgeschieden. Dieser Person würden jetzt keine 2 Jahre ihrer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter angerechnet werden auf die erforderliche Berufspraxis. Die gesamte Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni wäre irrelevant für die Berufspraxis.

Fall 2 ist eine Person mit Master, die danach zu einer großen internationalen Rechtsanswaltskanzlei gegangen ist. Nach drei Jahren Berufserfahrung
hat diese Person extern promoviert und nach 4 Jahren dann den Dr. Titel bekommen. Daneben hat diese Person 7 Jahre Vollzeit in der Rechtsanwaltskanzlei gearbeitet und ist nun Partner in der Kanzlei. Dieser Person würde man die 7 Jahre Berufserfahrung nicht anerkennen. Sie würde
praktisch mit 0 Jahren Berufserfahrung in das Berufungsverfahren gehen und würde deshalb die Voraussetzungen nicht erfüllen.

Die Unzulässigkeit der Auslegung - 5 Jahre Berufspraxis nach Promotion - ergibt sich auch aus dem Vergleich mit der Zulassung zur Steuerberaterprüfung, bei der nur zugelassen werden kann, wer eine Berufserfahrung von 3 Jahren bzw. 2 Jahren hat und zwar nach
Verleihung eines Diploms bzw. Bachelor:

§ 36 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz

§ 36 Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung

(1)[1] 1Die Zulassung zur Steuerberaterprüfung setzt voraus, dass der Bewerber,

1.


ein wirtschaftswissenschaftliches oder rechtswissenschaftliches Hochschulstudium oder ein anderes Hochschulstudium mit wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtung erfolgreich abgeschlossen hat und

2.


danach praktisch tätig gewesen ist.

2Die praktische Tätigkeit muss über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren ausgeübt worden sein, wenn die Regelstudienzeit des Hochschulstudiums nach Satz 1 Nr. 1 weniger als vier Jahre beträgt, sonst über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren.

Wie § 36 (1) SteuerberatungG zeigt, ist hier das Wörtchen danach eingefügt. Sie fehlt in § 25 HG Abs. 1 Nr. 4 Niedersachsen.

Hieraus folgt, dass es bei einer FH-Professur nicht darauf ankommt, ob die Berufserfahrung vor oder nach der Promotion gesammelt wurde. Eine andere
Auslegung ist unzulässig. Sofern eine Person wegen einer falschen Auslegung der Berufspraxis abgelehnt wird, ist dies rechtswidrig und unzulässig.

Wer vertritt eine solche falsche Auslegung?

Viele Grüße

Melanie T. (RA/StB/WP und Partnerin einer RA-Kanzlei sowie LL.M (Univ) und Dr. jur.
MelanieT

Re: Berufspraxis bei FH-Professur

Beitrag von MelanieT »

So ist das
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