Externe Doktoranden liefern nur Mickymaus-Promotionen

Das Unterforum zur Diskussion um die aus fremden Textpassagen zusammengesetzten Dissertationen Prominenter.

0
Keine Stimmen
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 0

MastaofDissasta

Re: Externe Doktoranden liefern nur Mickymaus-Promotionen

Beitrag von MastaofDissasta »

Thomas0922 hat geschrieben: ... Offenen Brief ...
Ich hab hier ja schon gesagt, dass ich mit der Entrüstung nicht ganz konform gehe und selbst den Eindruck habe, dass die externe, nebenberufliche Promotion anfälliger für Profilneurotiker ist als die Tätigkeit als WiMi oder die Finanzierung über ein Stipendium. Es gibt natürlich auch den "wissenschaftlichen Betrüger" (Jan Hendrik Schön, Milena Penkowa, um mal zwei zu nennen), aber die Plagiate der letzten Monate haben sich schon bei den externen Promotionen gehäuft - ich sehe da schon ein strukturelles Problem, in dem Sinne, dass ein Titeljäger eher den externen Weg wählen wird, weil der für ihn mit geringeren Opportunitätskosten verbunden ist.

Der Brief ist aber klasse: Es kommt ziemlich klar raus, dass es dir um die Pauschalierung und damit um die undifferenzierte und unwissenschaftliche Aussage geht und dem Kritikpunkt kann ich mich voll und ganz anschließen. Berichtest du uns, ob und wie er reagiert hat?
Wierus
Beiträge: 1100
Registriert: 11.05.2009, 20:43
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 38 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal

Re: Externe Doktoranden liefern nur Mickymaus-Promotionen

Beitrag von Wierus »

MastaofDissasta hat geschrieben:Der Brief ist aber klasse: Es kommt ziemlich klar raus, dass es dir um die Pauschalierung und damit um die undifferenzierte und unwissenschaftliche Aussage geht und dem Kritikpunkt kann ich mich voll und ganz anschließen.
In der Tat, der Brief ist sehr gelungen. Auch der bisweilen scharfe Ton ist mit Blick auf einige der unreflektierten Aussagen von Herrn Günther gerechtfertigt.

z.B. das hier:
Prof. Günther hat geschrieben:[...] die Tatsache, dass die Arbeit nebenberuflich angefertigt wurde, ist ein Indiz dafür, dass die wissenschaftliche Motivation begrenzt war.
In den meisten Fällen ist das eher ein Indiz dafür, dass eine Promotion irgendwie finanziert werden muss, nicht selten durch bezahlte Tätigkeit in fachfremden Bereichen. :?
Thomas0922

Re: Externe Doktoranden liefern nur Mickymaus-Promotionen

Beitrag von Thomas0922 »

Hallo,
leider sehe ich Anlass für einen weiteren Offenen Brief. Dieses Mal an Professor Werner Röcke bezüglich seines Artikels im Tagesspiegel vom 30.05.
Thomas Blum
(homo cogitans)
Berlin, 01.06.2012

Offener Brief an Prof. Dr. phil. Werner Röcke
Ein Plädoyer für die Suche nach der ‚schweren’ Wahrheit

Sehr geehrter Herr Professor Röcke,
ich beziehe mich auf Ihren Artikel unter der Überschrift „Rettet den Doktor!“, welcher am 30. Mai 2012 im Tagesspiegel Berlin erschienen ist.
Zunächst möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich Ihnen in vielen Punkten recht geben kann.
Doch leider muss ich auch feststellen, dass Sie in einigen Teilen Ihrer Analyse und
hinsichtlich Ihrer Schlussfolgerungen versagt haben. Das ist besonders auch deshalb
bedauerlich, da jeder Leser den Artikel in dem Glauben liest, dass er von einem analytisch
denkenden Menschen verfasst wurde. Zumindest meine Person betreffend, haben Sie
diesen Glauben teilweise zerstört.
Bei aller Wertschätzung, die ich Ihnen aufgrund Ihrer Lebensleistung gerne entgegenbringe,
muss ich Ihnen doch vorwerfen, in der Analyse wichtige Argumente übersehen oder
bewusst ignoriert zu haben. Denn wo liest man in Ihrem Artikel, dass jede Dissertation von
zwei Gutachtern nach strengen inhaltlichen, formalen, methodischen u. a. Maßstäben
bewertet werden muss? Wo liest man in Ihrem Artikel, dass die jeweiligen Gutachter in den
aufgedeckten Plagiatsfällen Ihren öffentlichen Auftrag nicht hinreichend wahrgenommen
und somit versagt haben? Wo liest man in Ihrem Artikel, dass auch diese Nichterfüllung der
gutachterlichen Pflichten gravierendes wissenschaftliches Fehlverhalten darstellt?
Alleine hieraus ergibt sich schon die Frage: Wäre die Glaubwürdigkeit des Doktorgrades
heute in Gefahr, wenn diese Gutachter ihre Pflichten erfüllt hätten?
Doch betrachten wir einzelne Stellen Ihres Artikels weiter. Sie analysieren zunächst, „dass
einige der jüngst skandalisierten Promotionen weitgehend von außen, nicht aber im engen
Verbund der Betreuer, Doktorand und Doktorandencolloquium erfolgten“. Wie Sie auf
dieses „einige“ kommen, bleibt mir persönlich verborgen, da es sich meines Wissens bei
den „jüngst skandalisierten Promotionen“ großenteils um externe Promotionen handelt. Mit
dieser zunächst einfachen Feststellung – und hier ist m. E. ein grober Verstoß gegen
wissenschaftliches Arbeiten zu sehen – implizieren Sie, dass dieser enge Verbund von
Betreuer, Doktorand und Doktorandencolloquium bei internen Promotionen per se gegeben
sei und auch automatisch zu einer besseren Betreuung führe. Schließlich verleiten Sie sich
selbst zu der Prognose, dass das wiederum zu einer Reduzierung von wissenschaftlichem
Fehlverhalten führe. Mit dieser Prognose haben Sie ein völlig neues Betätigungsfeld für
emeritierte Professoren gefunden: Der Emeritus als Wahrsager und Prophet! Nun könnte
man ja sagen, dass jeder das Recht hat, sich nach dem verdienten Ausscheiden aus dem
aktiven Dienst, ein neues Betätigungsfeld zu suchen. Somit könnte man über diesen
Umstand – für sich genommen – wohlwollend hinwegsehen. Aber das Problem dabei
besteht darin, dass Sie Ihre Prognose mit einer bewiesenen Tatsache verwechseln und
aus Ihren prophetischen Gaben – sozusagen als Orakel von Berlin – ganz konkrete
Forderungen herleiten. Wie sonst ist es zu erklären, dass Sie als Schussfolgerung aus
Ihrer Prognose fordern, dass „die Möglichkeit solcher Promotionen von außen [E] deshalb
in den Promotionsordnungen erheblich eingeschränkt und genau geregelt werden“ sollte.
Niemand dürfte etwas gegen genaue Regeln haben, aber Einschränkungen der
Promotionszulassungen nur aufgrund eines Orakelspruchs eines emeritierten Professors,
der es aufgrund seiner wissenschaftlichen Laufbahn eigentlich besser wissen müsste,
gehen dann doch zu weit. Demnächst schlagen Sie noch vor, Hühnerknochen zu werfen
oder den Vogelflug zu beobachten, um daraus Schlüsse zu ziehen, wer in Deutschland auf
welche Art und Weise promovieren darf!
2
Doch gehen wir weiter. Ihnen ist in Ihrer Analyse zwar etwas aufgefallen, doch leider nicht
genug. Ihnen ist nicht aufgefallen, dass die „jüngst skandalisierten“ Dissertationen zum
größten Teil von Menschen verfasst wurden, die aufgrund ihres ausgeübten Berufs als
Politiker im Fokus des Interesses standen und die Überprüfungen zumindest anfänglich
gewiss nicht wissenschaftspuristischen Zielen dienten. Wenn man nur die Dissertationen
eines bestimmten Personenkreises intensiv auf Plagiate überprüft und öffentlich diskutiert,
dann scheint es mir irgendwie naheliegend, dass man auch nur Plagiate dieses
bestimmten Personenkreises aufdecken kann. Aber darf man daraus die Schlussfolgerung
ziehen, dass nur in diesem Personenkreis plagiiert wird? Wohl kaum. Oder sagen wir,
zumindest so lange nicht, bis der Gegenbeweis erbracht wurde. Und dieser Beweis wurde
bisher nicht erbracht und wird, wie es scheint, noch nicht einmal angestrebt.
Lieber Herr Professor Röcke, wie wäre es zum Beispiel, wenn Sie sich dafür einsetzen,
dass auch andere Personenkreise in den Genuss einer tiefgründigen Überprüfung
kommen. Und wie heißt es so schön: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Also fangen Sie doch
am besten zunächst mit den Universitätspräsidenten an, dann die Dekane usw. usf. Und
um auch den letzten Zweifel an Ihrer persönlichen wissenschaftlichen Integrität und
Glaubhaftigkeit – für die dieser Artikel nicht gerade förderlich war – zu nehmen,
beschäftigen Sie sich doch zuerst mit Ihrer Dissertation. Immer nach dem Motto: Traue
niemandem, am wenigsten dir selbst. Oder können Sie etwa mit einhundertprozentiger
Sicherheit sagen, dass Ihnen vor über 30 Jahren, als Sie die Aussicht auf eine schnelle
wissenschaftliche Karriere gelockt hatte, nicht auch kleinere oder größere Fehler beim
Verfassen Ihrer Dissertation unterlaufen sein könnten? Und hier kann ich nur empfehlen:
Überprüfen Sie das, bevor es andere für Sie machen!
Im Großen und Ganzen kann man Ihren Artikel wie folgt zusammenfassen:
Es gibt Plagiate externer Promovenden – also verbieten wir die externe Promotion!
Das erspart den Universitäten die Suche nach den wahren Ursachen und verfestigt
in der Öffentlichkeit zugleich den Eindruck, dass universitätsintern alles in Ordnung
ist!
Im letzten Teil Ihres Artikels schreiben Sie – freilich in einem ganz anderen
Zusammenhang – über die so genannten Bauernopfer. Ich jedenfalls kann mich des
Eindrucks nicht erwehren, dass Sie Ihr persönliches Bauernopfer und damit Ihre
einfache Wahrheit gefunden haben. Doch ist das auch die einzige Wahrheit? Die wahren
Ursachen – warum es einer Rettung des Doktors bedarf – liegen nicht nur bei den
Plagiatoren, sondern auch und nicht nur zu einem geringen Teil in der unzureichenden
Pflichterfüllung der Gutachter und sind somit universitätsintern zu suchen. Und wenn ich
richtig informiert bin, sind diese besagten Gutachter doch großenteils Professoren, wie Sie
einer sind und waren. Und wie auf wundersame Weise schließt sich da der Kreis und man
muss sich über Ihre einseitige Argumentation und falschen Schlussfolgerungen nicht mehr
wundern. Es ist nur schade, dass das wahrscheinlich nicht jedem Leser des Artikels sofort
klar werden wird.
Die Schärfe meiner Worte bitte ich zu entschuldigen. Aber Ihnen hätte unbedingt klar sein
müssen, dass für Ihre öffentliche Einlassung auf einen metawissenschaftlichen Kontext für
Sie als herausragenden Wissenschaftler die gleichen wissenschaftlichen Standards gelten
wie in anderen fachlichen Kontexten. Genauso wie ein Politiker sind Sie, sobald Sie sich
öffentlich äußern, nie nur Privatperson, sondern immer auch Wissenschaftler, der sich an
vollkommen anderen Maßstäben messen lassen muss.
Freundliche Grüße
Thomas Blum
Gruß
Thomas

Edit Sebastian 03.05.2012: Brieftext in den Beitrag hineingesetzt.
amphritite

Re: Externe Doktoranden liefern nur Mickymaus-Promotionen

Beitrag von amphritite »

Prof. Günther hat geschrieben:[...] die Tatsache, dass die Arbeit nebenberuflich angefertigt wurde, ist ein Indiz dafür, dass die wissenschaftliche Motivation begrenzt war.
Was heißt das konkret? Über die Ausprägung der wissenschaftlichen Motivation geben doch weniger die Lebensumstände des Doktoranden, als vielmehr die Qualität seiner Dissertation Aufschluss. Was Prof. Günther insinuiert ist, dass Doktoranden, die neben der Promotion ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit verdienen (müssen (!)), eine gute Dissertation nicht ohne Schummelei geschrieben haben können. Und das ist wahrlich nicht nur ein undifferenzierter, sondern auch ein ruf- und karriereschädigender, externe Doktoranden diskriminierender, Affront. Außerdem halte ich es nicht für sinnvoll, externe und interne Doktoranden gegeneinander auszuspielen. Schwarze Schafe gibt es hier wie da. Sehr gerne hätte ich das Buch "Das Wissenschaftsplagiat" von Prof. Dr. Rieble gelesen, in dem er, ein renommierter Jura-Prof aus München, die Arbeitsweisen von notorisch plagiierenden Professoren beschreibt. Leider nicht mehr erhältlich.
Wierus
Beiträge: 1100
Registriert: 11.05.2009, 20:43
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 38 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal

Re: Externe Doktoranden liefern nur Mickymaus-Promotionen

Beitrag von Wierus »

@Thomas:
Gab es schon irgendwelche Reaktionen auf die offenen Briefe?
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag