Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

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musicus

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von musicus »

Zunächst einmal meine ich das natürlich ernst. Zu Anfang muß doch die Analyse des Problems stehen, und da sehe ich die Wurzel (an die ich immer möchte, weil es am effektivsten ist, dort anzusetzen) eben in den asymetrischen Machtverhältnissen. Ich war jetzt eher auf folgender Schiene: momentan ist Wissenschaftlichkeit stark an ein (hierarchisch organisiertes) Machtsystem "Hochschule" gebunden.

Jetzt ist aber wissenschaftliches Arbeiten eigentlich völlig unabhängig von jeder Institution, d.h. ich kann auch jenseits der Uni wissenschaftlich arbeiten, und es ist nicht zwangsläufig so, daß alles, was an Unis erarbeitet wird, auch wissenschaftliches Wissen darstellt. Mein Ansatz wäre jetzt, das Abhängigkeitsverhältnis zur Institution zu lösen, wie man generell die Abhängigkeit von Überleben und Erwerbsarbeit aufgeben müßte (z.B. durch ein bedingungsloses Grundeinkommen). Wenn mein Prof. weiß, daß ich nicht mehr von ihm abhängig bin (das wird als Problem ja sehr häufig geäußert), dann fällt ein wesentlicher(!) Machtaspekt schonmal weg. Und die Forschung kann freier erfolgen, weil man auch ungewöhnliche Ideen weiterverfolgen kann, die momentan (noch) auf breite Ablehnung in der "Community" stoßen.

Also ich kann mir schon herrschaftsfreie Diskurse vorstellen (wobei ich dich bitten würde, mir kurz zu sagen, was du unter "Diskurs" verstehst). Nämlich immer dann, wenn keiner der Beteiligten Macht über den jeweils anderen ausüben kann (oder hat). Die Lösung von Abhängigkeitsverhältnissen wäre dazu ein erster wichtiger Schritt. Was ich nicht für möglich halte ist die sog. Diskursethik, d.h. in einem so weiten Rahmen (Zeit, Raum, Beteiligte) gibt es tatsächlich keinen herrschaftsfreien Diskurs, weshalb die Diskursethik für mich auch keine Ethik darstellt. :wink:
Angara

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von Angara »

Ich weiß nicht, wenn ich das Wort "herrschaftsfrei" schon höre, schrillen bei mir die Alarmglocken. Ich halte das Wort für eine totale Floskel und ich glaube nicht, daß das irgendwie mit Inhalt gefüllt werden kann - auch Deine Bestimmung "Nämlich immer dann, wenn keiner der Beteiligten Macht über den jeweils anderen ausüben kann" ist einfach eine Tautologie. Es ist meines Erachtens ziemlich naiv, selbst im Rahmen eines Gedankenexperimentes, davon auszugehen, es könnte sich jemals in größerem Maßstab eine Menge von vollkommen autonomen Individuen etablieren, die jeder Tendenz zu Hierarchisierung widersteht und am Ende dann noch sowas komplexes wie "Wissenschaft" betreibt. Das deutsche Hochschulwesen hat durchaus Probleme, aber das ist mit Abstand der lebensfernste Ansatz, die anzugehen.
musicus

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von musicus »

Alle Informationsgüter sind doch gerade am ehesten geeignet, um das alles umzusetzen. Es nicht zu versuchen, weil es zu utopisch erscheint, ist kein Weg. Open Theory ist ein Stichwort, Open Access ein weiteres, die Plag-Wikis zeigen, daß pseudonym zusammenarbeitende Individuen offenbar mehr leisten können als das System Hochschule. Das alles kann für die Generierung von freiem Wissen genutzt werden, das den Menschen zu Gute kommt (Open Education). Dieses Wissen braucht dann nicht mehr in einem hierarchischen System "Schule" vermittelt zu werden usw. Die Möglichkeiten, die sich daraus eröffnen, sind grenzenlos. :wink:

Der Brockhaus hat vor ein paar Jahren noch gelacht über Wikipedia, heute ist er Pleite. Es kann sein, daß sich das alles nicht innerhalbder Hochschulen entwickelt, sondern daß ein zweites System parallel dazu entsteht, das die Hochschulen irgendwann ablöst. Warum denn nicht?

Du müßtest im Umkehrschluß zeigen, daß hierarchische Systeme "besseres" Wissen hervorbringen als nicht-hierarchische.
Amalia

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von Amalia »

Wikipedia ist ein herrschaftsfreier, nicht hierarchischer Raum? Erwiesenermaßen nicht.
musicus

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von musicus »

Herrschaftsfreierer als Brockhaus aber doch wohl schon? Und technisch könnte es tatsächlich herrschaftsfrei sein, wenn man das wollte. Ich sehe ja, daß viele das nicht wollen, aber denkbar und vorteilhafter wäre es aus meiner Sicht schon. Immerhin gibt es die Idee des neutral point of view, der alle Sichtweisen auf ein Phänomen einschließt und (gleichberechtig) nebeneinander stehen läßt. Natürlich sind wir Menschen und unsere Erkenntnisfähigkeit ist grundsätzlich beschränkt, aber mit hierarchischen Systemen schöpfen wir einfach nicht das ganze Potential der Erkenntnisfähigkeit aus.
Wierus
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Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von Wierus »

musicus hat geschrieben:Du müßtest im Umkehrschluß zeigen, daß hierarchische Systeme "besseres" Wissen hervorbringen als nicht-hierarchische.
Wie soll denn zB. die Schule mittels herrschaftsfreier Diskurse funktionieren? Ob freiwillig oder nicht, der Schüler unterwirft sich doch immer dem Lehrer und tritt sozusagen in einen, von diesem beherrschten, 'Diskurs' ein. Wissensvermittlung benötigt immer eine "Autorität", die als solche akzeptiert oder zumindest erduldet wird. Schon das Kleinkind muss mit den - bisweilen ungemütlichen - Sanktionen der Eltern leben und an ihnen wachsen.

Man könnte es sich natürlich sehr leicht machen und die Schule oder die Universität, oder eben auch die Wissenschaft als Ganzes, zu Institutionen der Knechtschaft erklären und also zu ihrer Abschaffung aufrufen. Ich kann mich noch an Aufkleber von selbsternannten "Linken" erinnern, die mit Parolen wie "Leerer halt's Maul!" Front gegen die böse Schule gemacht haben. Aber das lässt sich nicht einmal mehr mit dem Etikett 'sozialrevolutionär' beschönigen, das ist - zumindest in meinen Augen - einfach nur lächerlich.

Gab es überhaupt jemals in der Geschichte herrschaftsfreie Wissenssysteme? Das bezweifel ich stark. Ob die Gesellschaft nun hoch- oder vorindustriell ist, überall lief es bisher immer gleich: das Kind lernt von den Eltern, der Geselle vom Meister, der Student vom Professor, der Assistenzarzt vom Chefchirurgen, der Kadett vom Kapitän etc.pp. - all das sind aber im Prinzip 'unfreie' Herrschaftsdiskurse, weil die Autoritäten der Lehrenden direkt von hierarchischen Systemen abhängen. Und selbst wenn mir ein Freund das Bogenschießen oder Dart-Spielen beibringt, muss ich dessen Autorität in dieser Angelegenheit zunächst einmal akzeptieren, denn dies setzt ja erst voraus, dass ich von ihm lerne und es mir nicht stattdessen selbst beibringe.

Um es kurz zu machen: es gibt für mich keine herrschaftsfreien (Wissens-)Systeme, weder auf gesellschaftlicher Makroebene, noch im banalen zwischenmenschlichen Alltag. Das ist also nicht der Punkt. Es muss ganz im Gegenteil um die Frage gehen, wie Herrschaft legitimiert und praktiziert wird; denn "herrschaftsfrei" ist nichts, nicht einmal der süße Traum...


//edit: und apropos Wikipedia - da hätte ich gleich mehrere Argumente gegen die These, dass hier ein herrschaftsfreies System vorliegt.
musicus

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von musicus »

Wo ist das Macht- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen dir und deinem bogenschießenden Freund? Die Tatsache, daß einer vom anderen lernt, muß nicht automatisch in Machtasymmetrien geschehen. Herrschaftsfreie Schule muß man denke ich erlebt haben, um den Unterschied erahnen zu können. Um nicht noch weiter auszuufern. Ich denke, analog des Bürgerjournalismus kann es zukünftig eine Bürgerwissenschaft geben, die frei von (auch ökonomischen) Abhängigkeiten Wissen für die Gesellschaft schafft. Nenne es Utopie, ich bin davon überzeugt, daß uns nur die Abschaffung von Machtasymmetrie aus den Krisen der Moderne retten kann. :blume:
Wierus
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Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von Wierus »

musicus hat geschrieben:ich bin davon überzeugt, daß uns nur die Abschaffung von Machtasymmetrie aus den Krisen der Moderne retten kann. :blume:
Na, in dem Punkt zumindest sind wir ja dann doch halbwegs einer Meinung. :wink:
TinTin

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von TinTin »

Leitzordner hat geschrieben:Ohne Veröffentlichungen sollte es keinen Dr geben.
Früher hätte ich Dir da zugestimmt. Und dann bin ich an einem Lehrstuhl gelandet, an dem einfach nicht publiziert wurde. Während den vier Jahren, die ich dort war, gab es 2 Publikationen.
Man mag sich fragen, wie sich mein Doktorvater dort halten konnte, aber seine Reputation war und ist einfach groß genug. Es gibt von ihm frühere Publikationen, die die Welt revolutioniert haben, deshalb kann er sich da grad ausruhen (und ja, das ist nicht übertrieben, egal wenn ich auf sein Thema anspreche, egal aus welcher Schicht, in welchem Alter oder mit welchem Berufshintergrund, *jeder* hat von seiner Forschung gehört).

Meine Arbeit wurde nicht publiziert, obwohl die Ergebnisse es gut hergegeben hätten. Aber mein Doktorvater hatte sich persönlich einen Endpunkt gesetzt, der nicht zu schaffen war und deshalb wurde nicht publiziert. Fertig.
Dass mein Thema an sich aber doch durchaus interessant war, sieht man daran, dass nach Veröffentlichung meiner Diss, Leute den Lehrstuhl angeschrieben haben und um Kooperation gebeten haben.
Leitzordner

Re: Medizinische Doktorarbeiten der Uni Würzburg

Beitrag von Leitzordner »

Hallo
Das ist natürlich Pech. Normaler Weise schaut man sich ja an ob die AG publiziert bevor man sich bewirbt. Aber wenn man bei einem bekannten Prof anheuert geht man ja davon aus das da was an output da ist.

Aber wenn du mal überlegst: Wenn die Mindestanforderung an Promotionen Veröffentlichungen vorschreiben würde, hätte dein Dr Vater sicherlich deine Daten publiziert.
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