algol hat geschrieben:
Als ich dermaleinst mit meinem Studium angefangen habe, habe ich schnell gemerkt, dass jeder Fachbereich sich für was Besseres hält als die anderen. Das war eine befremdliche und allenfalls amüsante Erkenntnis.
Ja, das stimmt. Ist aber in gewisser Weise auch verständlich, denn es gibt für jede Disziplin, insbesondere die neu hinzugekommenen, einen ziemlich starken Rechtfertigungsdruck nach Außen und ebenso einen nach Innen: einerseits wollen der Staat und die Öffentlichkeit wissen warum dieses oder jenes Fach Gelder für sich in Anspruch nimmt und dann wofür, und der studentische Nachwuchs will wissen, welchen Sinn und welche Vorteile die Ausbildung dort im Vergleich zu anderen Fächern hat.
musicus hat geschrieben:Insbesondere die Szientisten, die wie oben gesehen ein materialistisch-reduktionistisches Weltbild vertreten und alles außer den "naturwissenschaftlichen" Methoden ablehnen, würden davon profitieren, einmal ernsthaft und unvoreingenommen Wissenschaftskritik zu betreiben.
Man kann ja ohne große Probleme ein strikt materialistisches Weltbild auch in den Geisteswissenschaften vertreten. Worum es geht ist doch ganz einfach die
Definition von Wissenschaft und niemand ist gezwungen, das wissenschaftliche Modell der Naturwissenschaften - mit dem Popperschen Falsifikationspostulat im Zentrum - als das einzige gültige akzeptieren zu müssen.
roberto hat geschrieben:@Wierus
Wierus hat geschrieben:Gerne, dann sollen uns aber Mathematiker und Physiker bitte zuerst einmal zeigen, wie man den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, die Interpretation eines Romans von Theodor Fontane, das Wahlverhalten der Bundesbürger oder die Regierungsbildung mit mathematischen Formeln und Axiomen erklärt.
Viel Erfolg!
Kein Problem.
Hehe...
Aber im Ernst: Rechtsprechung, Geschichtsforschung, medizinische Diagnose, hermeneutische Werk-Interpretation, all das ist mit Mathematik nicht fassbar, setzt aber dennoch intersubjektiv übeprüfbare Methoden voraus, und
das macht diese Fächer/Praktiken letztlich wissenschaftlich.
Bsp: In den Theorien der Internationalen Beziehungen gab es in den 60ern den Ansatz des Behaviorismus, der das Verhalten von Staaten mit naturwissenschaftlichen Methoden beschreiben und vorhersagen wollte, aber solche und ähnliche Versuch sind bisher immer gescheitert.