Mr. Nice hat geschrieben:(...) Ich gehöre zu den zahlreichen Leuten, die sich derzeit im Rahmen des Projekts GuttenPlag Wiki unangefragt darum bemühen, Herrn (nach wie vor) Dr. zu Guttenberg bei der Aufarbeitung seiner akademischen Vergangenheit behilflich zu sein.
In diesem Zusammenhang stellt sich nun, nachdem dem für die Überprüfung seiner Dissertation zuständigen Gremium die notwendigen Informationen für die volle Bestätigung der Plagiatsvorwürfe zur Auswertung vorgelegt werden können, auch vielen von uns die 'bange Frage': Wird man in Bayreuth die dringend notwendigen Konsequenzen dieses Skandals ziehen (Aberkennung der Doktorwürde), oder wird man sich aus der peinlichen Angelegenheit 'herauszumauscheln' versuchen? (= "Uni Buyreuth")
Willkommen hier!
Ich glaube, dass die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Uni Bayreuth sich schon absolut klar darüber ist, welch hohe Aufmerksamkeit ihrer Beurteilung in den für sie relevanten Kreisen zuteil werden wird. Wenn das, was ich (immer nur in Einzelpunkten) bei guttenplag gelesen habe, einer wissenschaftlichen Überprüfung standhält, dann werden sie schon die richtige Entscheidung treffen. Zumal sie ja jetzt - anders als zu Anfang - wohl auch keinen Gegenwind in Form einer Klage des Herrn G. mehr befürchten müssen, so dass der Bescheid unangefochten bestandskräftig wird.
Es kann bei den Prüfverfahren passieren, dass die Fakultät betrogen wird, das spricht m.E. auch nicht per se gegen die Prof's dort. Aber wenn sie einen erkannten Täuschungsversuch nicht sanktioniert, dann ist ihr Ruf am Ende und ohne den hat sie weder Profs noch Lehrende und auch keine Forschungsmittel o.ä.
Daher glaube ich, dass die Fakultät schon "angesprochen genug" ist. Dass es das Wiki mit seinen detallierten Nachweisen gibt, ist ja zum Glück allgemein bekanntgeworden. Also müßte eine Promotionskommission schon aufgrund des bestehenden Drucks im Prinzip zu allen Stellen den Gegenbeweis führen, wenn sie akademische Lauterkeit o.ä, diagnostizieren wollte.
crêpenoisette hat geschrieben:Nun kann es aber sein dass man eine Idee hatte, auch wenn man den zugrundeliegenden Autor nicht gelesen hat, und vllt. schlicht und ergreifend nicht kennt!
Ist das dann "Plagiat"? Oder eher schlecht recherchiert?
Schlecht recherchiert, so etwas kann passieren - solange es ein Einzelfall bleibt. Wenn es nur an einer einzelnen Stelle auftritt, ist das ja auch nicht wirklich ein Problem.
chris0 hat geschrieben:Vielleicht führt in Zukunft kein Weg daran vorbei, dass vor Verleihung des Titels mittels spezieller Software jede Diss gescannt und geprüft wird?
Die Mühlen der Wissenschaft mahlen mitunter etwas langsamer, aber der Prozess der Öffentlichkeit einer Dissertation und der Bereitstellung in Bibiotheken und/oder auf Servern ist doch - wenn man es rein unter dem Aspekt der Wissenschaftlichkeit betrachtet, schon gewährleistet, einfach dadurch, dass sie in der Informationsgesellschaft viel besser verfügbar sind.
Die wirklich wichtigen Thesen und neuen Erkenntnisse werden schnell von anderen Wissenschaftlern überprüft und ggf. widerlegt, wenn sie mit ihren eigenen Arbeiten darauf aufbauen und weiterforschen wollen (Beispiel: Medizinische Forschung incl. Skandalen und Widerrufen)
Andere Dinge kommen erst später heraus (man denke mal an Kunstwerke, deren Urheberschaft nach Jahrhunderten noch einmal umstritten wird, aber auch an weniger tagesbrisante Forschungsthemen).
Alles in allem habe ich da recht großes Vertrauen, dass Wissenschaft als das Streben nach der Wahrheit ihrer Definition durchaus gerecht wird.
Auf einem anderen Blatt mag es stehen, dass sich Menschen mit angeblichen wissenschaftlichen Verdiensten brüsten, die ihnen in Wirklichkeit gar nicht zustehen. Ärgerlich ist das aber eigentlich nicht aus wissenschaftlichen Gründen, sondern eher aus sozialen/menschlichen, u.U. gar neidbasierten Erwägungen heraus. Sie resultieren daher, dass man Wissenschaft nicht nur für sich betreibt, sondern damit - gerade bei Dissertationen - vielfach auch seinen sozialen Geltungsanspruch verstärken kann und will. Unter diesem Aspekt mag es einen im Tagesgeschäft ärgern, wenn Betrüger mehr oder weniger lange damit durchkommen - aber der Schaden an der Wissenschaft wird früher oder später behoben werden.
Es hat zu allen Zeiten Lügner und Betrüger gegeben, das wird sich auch nicht ändern. Aber die Wahrscheinlichkeit, mit wissenschaftlichen Lügen sein ganzes Leben lang durchzukommen, wird immer geringer, wie man gerade am aktuellen Beispiel auch sieht.
Ich persönlich finde das eine ganz angenehme Perspektive.
Ganz entspannt...
Sebastian