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Re: Welche Rolle spielt der Zweitgutachter?

Verfasst: 03.05.2011, 19:10
von Wierus
BertaFrieda hat geschrieben:In meinem familiären Umfeld ist es sogar passiert, dass der DV während der Promotion starb, es noch keinen involvierten Zweitgutachter gab und der von der Universität zugewiesene neue DV das Thema schlecht fand und keine Betreuung anbieten wollte.
Kann es sein, dass hierin das wichtigste Argument dafür liegt, auch und gerade als externer Promotionsstudent offiziell eingeschrieben zu sein?

Zumindest gibt es in diesem schlimmsten denkbaren Fall ja noch ein wenig Hoffnung, wenn sich die Uni immerhin um einen Ersatz-DV bemüht.

Re: Welche Rolle spielt der Zweitgutachter?

Verfasst: 04.05.2011, 01:09
von Angara
Interessant, wie unterschiedlich da die Meinungen sind. Es scheint auch sehr auf den Lehrstuhl anzukommen. Von einem Lehrstuhl kann ich sagen, daß die Rolle des Zweitgutachters eher marginal war. Formal hat die Bewertung des Zweitgutachters denselben Anteil wie die des Erstgutachters. Aber es kam durchaus vor, daß der Zweitgutachter auf Anfrage sagte: "Ja, wissen Sie, ich würde schon die Zweitkorrektur übernehmen, aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich wirklich keine Koryphäe für das Thema bin, das Sie da bearbeiten." Das hieß dann vermutlich, daß er zwar die Korrektur übernimmt, aber sich nicht als Betreuer verantwortlich fühlt. Da vermutlich auch nicht alle Professoren den Elan haben, sich für jede Diss in ein ganz fremdes Gebiet einzuarbeiten, schließt man sich da vermutlich im Wesentlichen der Meinung des Erstgutachters an.

In solchen Fällen ist also der Zweitgutachter wohl zu vernachlässigen, wenn man nicht ganz drastischen Müll einreicht (den sollte aber schon der Erstgutachter nicht akzeptieren). Übrigens sollte man vielleicht noch mehr als auf die Frage, wie man selbst zum Zweitgutachter steht, darauf achten, wie der Erstgutachter zu ihm steht. Wenn die sich bekanntermaßen nicht leiden können, ist man u.U. eher ein Opfer dieses Problems, als wenn man selbst beim Zweitgutachter nicht gut angesehen ist. Aber, wenn der Erstgutachter den Zweitgutachter vorschlägt, ist ja zumindest das nicht zu erwarten.

Re: Welche Rolle spielt der Zweitgutachter?

Verfasst: 04.05.2011, 02:15
von chai_latte
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Wahl des Zweitgutachters viel stärker von hochschulinternen Aspekten abhängig gemacht wird, als vorher angenommen.

Ein paar Punkte, die mir begegnet sind:
- Häufig geht es darum, wie viele Doktoranden man momentan gegenseitig als Zweitgutachter betreut "Nein, zu ihm bitte nicht, der hat momentan schon genug Zweitbetreuungen von mir"
- Wichtig ist auch, wen man fragt, zB wenn man jemand Externes vorschlagen möchte: "Wir müssten schon X aus unserer Uni fragen, er ist ebenfalls Spezialist für dieses Thema, wenn wir Y aus der Hochschule Z nehmen fühlt sich X übergangen"
- Der Zweitgutachter sollte in einigen Punkten der Diss kein größerer Experte sein, als der Erstbetreuer, sonst fühlt dieser sich unwohl in einer Verteidigung
- Es sollte natürlich auch nicht unbedingt der Konkurrent des Profs sein; Machtspielchen während der Disputation sind äußerst ungünstig für den Doktoranden

Alles in allem, kein einfaches Thema.

Re: Welche Rolle spielt der Zweitgutachter?

Verfasst: 06.05.2011, 18:29
von surcam
BertaFrieda hat geschrieben:In meinem familiären Umfeld ist es sogar passiert, dass der DV während der Promotion starb, es noch keinen involvierten Zweitgutachter gab und der von der Universität zugewiesene neue DV das Thema schlecht fand und keine Betreuung anbieten wollte.
Das finde ich sehr seltsam. Denn nach dem, was ich bisher so mitbekommen habe, gebietet es der wissenschaftliche Anstand, dass die Doktoranden von einem verstorbenen Fakultätsmitglied von den anderen Fakultätsmitgliedern anstandslos "übernommen" werden.

Re: Welche Rolle spielt der Zweitgutachter?

Verfasst: 06.05.2011, 19:12
von Wierus
Also ich war jetzt bei dem von meinem DV empfohlenen Prof. Der hat ohne großes Aufhebens zugestimmt, mein Zweitgutachter zu sein.

Re: Welche Rolle spielt der Zweitgutachter?

Verfasst: 06.05.2011, 22:09
von BertaFrieda
Hallo,
Surcam hat geschrieben:Das [dass eine Doktorarbeit nach dem Tod des Erstgutachters und Differenzen mit einem zugewiesenen neuen Gutachter nicht abgeschlossen wurde] finde ich sehr seltsam. Denn nach dem, was ich bisher so mitbekommen habe, gebietet es der wissenschaftliche Anstand, dass die Doktoranden von einem verstorbenen Fakultätsmitglied von den anderen Fakultätsmitgliedern anstandslos "übernommen" werden.
Ja, seltsam ist das schon. Und ich behaupte auch nicht, dass die Doktorandin unbeteiligt an diesem Umstand gewesen ist. Möglicherweise war es so, dass der neue DV, der bisher noch überhaupt nicht in das Projekt (das wahrscheinlich auch nicht gerade in den Schlusszügen lag) einbezogen worden war, sehr viele Anregungen hatte, die die Doktorandin so nicht annehmen wollte, während der ursprüngliche, dann aber tote DV mit dem Konzept vollkommen einverstanden gewesen war. Vielleicht hätte die Doktorandin ihre Arbeit ja auch mit dem verstorbenen DV nicht zuende gebracht, das weiß ich natürlich nicht.

Die These, die ich in den Raum werfen wollte war: Vielleicht ist die Gefahr, dass ein Zweitgutachter, der nach dem Tod eines Erstgutachters dessen Rolle übernimmt, zu viele neue Vorstellungen in ein noch nicht beendetes Dissertationsvorhaben einbringt, geringer, wenn dieser zuvor als Zweitgutachter bereits länger - bestenfalls auch schon beratend - involviert war. Oder so.

Gruß
BertaFrieda, ohne Zweitgutachter (bisher).