Resignation und Frust

Prinzenrolle
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Resignation und Frust

Beitrag von Prinzenrolle »

Hallo zusammen,

seit längerer Zeit bin ich stiller Mitleser von Beiträgen wie diesem hier, in dem es um Frust, Motivationstiefs und Abbruchgedanken geht. Heute ist mein Frust so groß, dass ich mich selber mal hier verewigen möchte und irgendwie die Hoffnung habe, dass dadurch irgendwas besser wird.

Ich bin seit ca. 4 Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter und eigentlich ging es oberflächlich an unserem Lehrstuhl immer auch darum, dass man mit der Diss voran kommt, aber faktisch hat fast jeder Probleme voran zu kommen. Unter 5-6 Jahren geht eigentlich nix. Außer unsere Stipendiaten, die nach 3 Jahren durch sein müssen. Das ist natürlich irgendwie demotivierend mit anzusehen, wie sie den ganzen Tag an ihrer Diss sitzen können, während man selbst den x-ten Antrag schreibt. Doktorand zweiter Klasse. Hätte ich das damals gewusst, hätte ich die WiMa Stelle evtl. nicht angenommen. Es fühlt sich so an, dass die Diss einfach ein Projekt von vielen anderen ist, wie Lehre, Anträge schreiben (und davon nicht zu wenig!), Forschungsprojektarbeit, welche nicht wirklich auf die Diss einzahlt, und und und..
Ganz nebenbei gibt es noch das Projekt "Pivatleben", was mir mittlerweile wie eine verbotene Frucht vorkommt. Corona und die damit verbundene Freizeit zum Wochenende etc. mögen für viele eine gute Möglichkeit zu sein "mal richtig mit der Diss voranzukommen". Auch Home Office wird oft in dem Zusammenhang als tolle Chance erwähnt.
Bei mir sieht es eher so aus, dass ich im Home Office noch mehr arbeite als vorher, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatem exisitert quasi nicht mehr. Und wenn ich mal "frei" habe, habe ich eigentlich nicht frei, sondern entscheide mich gegen die Diss, was mich unzufrieden macht aber einfach neben der vielen Arbeit notwendig ist.

Meine Frau rät mir seit Ewigkeiten kürzer zu treten, mich krankzuschreiben oder den Job ganz zu kündigen, mir soviel Zeit ohne Job zu nehmen wie ich brauche, und als Externer abzuschließen. Finanziell wäre es durch ihren Background möglich, aber mich von meiner Frau aushalten lassen will ich auch nicht. Und wie sieht das im Lebenslauf bitte aus? Und außerdem gibt es da noch die Angst, dass all die Arbeit, all der Stress letztendlich nur Vorwände sind, um mich vor der Diss zu drücken. Denn eigentlich bin ich gar nicht in der Lage sie fertigzustellen und prokrastiniere lediglich in der maximal aufreibendsten Form.

Wenn ich mir mal Zeit freischaufle, sitze ich da. Ich sitze vor dem Word-Dokument und weiß nicht wo ich anfangen soll. Alle Kapitel kotzen mich mittlerweile an. Sie sind vollgestopft mit Screenshots oder "Merksätzen" von irgendwelchen Papern, die ich irgendwann mal gelesen habe und in dem entsprechenden Kapitel eventuell relevant sein könnten. Einmal wuchs mir das so über den Kopf, dass ich ein neues Dokument angefangen und die alten Inhalte dort restrukturiert habe. Immerhin habe ich die Struktur schon mal mit meinem Prof besprochen. Aber ich merke, dass auch die neue Version so langsam ein für mich unüberwindbarer Berg wird. Also versuche ich mich aktuell an den Grundlagen. Themen, die ich in diversen Publikationen behandelt und auch drauf habe. Aber in der Diss kotzt es mich einfach an alles runterzuschreiben. Das wird doch sowieso kein Mensch mehr lesen. Selbst meinem Doktorvater traue ich nicht zu, dass er alles liest. Und außerdem: Wer weiß ob der ganze Grundlagenteil am Ende eh komplett übern Haufen geworfen werden muss? Denn ich habe zwar eine grobe Idee von meinem Ziel, aber die ist eben nur grob und ich zweifle selbst an mir, dass da mal etwas rauskommen könnte, was einer Diss würdig ist. Es macht auch einfach keinen Spaß sich wieder an die Diss zu setzen, wenn ich vorher schon weiß, dass ich nach X Stunden sowieso erstmal wieder für Tage oder Wochen Pause habe. Ich brauche viel Zeit - durchgängig! Am besten mal nen Monat am Stück ohne nervige Unterbrechungen. Aber ich weiß nicht wie ich das durchsetzen, geschweige denn mit meinem Tagesgeschäft vereinbaren soll.

Ich rede mir ein, dass ich, wenn ich genug Freizeit hätte, in einen ordentlichen Schreibfluss kommen kann und dann diesen Berg und auch die Selbstzweifel langsam bewältigt bekomme. Das habe ich in meiner Masterarbeit auch sehr gut hinbekommen. Aber die viele Arbeit und auch mein eigenes bescheuertes Selbstbild, immer gute Leistungen bringen zu müssen und meine privaten Angelegenheiten hinten anzustellen, hindern mich daran. Und kündigen? Am Ende liegt es wirklich nicht an dem Stress und dann sitze ich da: Arbeitslos, ohne Diss und noch mehr Frust. Total versagt.

Ich weiss einfach nicht mehr wie es weitergehen soll. Die Diss will ich unbedingt schaffen. Das ist mein persönliches Projekt, das darf nicht schiefgehen. Das Feuer für das Thema habe ich nicht verloren, was mir auf der Arbeit mehr als einmal Projekte eingehandelt hat, die mich sicherlich min. 1, eher 2 Jahre zurückgeworfen haben - daraus lerne ich zwar, aber nur langsam. Ich ertappe mich immer wieder, wie ich andere Dinge zuerst erledige oder sogar neue Aufgaben angehe, von denen ich ganz tief in mir drin eigentlich weiß, dass sie am Ende zuviel von mir verlangen.

So, jeder Leser, der es bis hier hin geschafft hat: Mein Respekt und Danke fürs Zuhören.
Ich hoffe, dass die "Zukunfts-Prinzenrolle" das später mal liest - mit einem Doktortitel - und irgendwie trotzdem mit gutem Gefühl in die Vergangenheit blicken kann.

Mfg.
Zuletzt geändert von Prinzenrolle am 12.01.2023, 09:04, insgesamt 3-mal geändert.
teilchenphysik196
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von teilchenphysik196 »

Hallo Prinzenrolle,

da ich nebenberuflich promoviert habe, kann ich die Vielzahl Deiner Baustellen nachvollziehen! Bitte denke nicht, dass Du unbegabt oder unfähig ist. :blume: Vielleicht helfen Dir ein paar Praxistipps weiter.

Erstmal klingt es für mich so, dass Du Dich am Beginn eher mit der Einleitung beschäftigst, was keinen rechten Sinn zu ergeben scheint und Dich frustiert, weil es "Beiwerk" zu sein scheint. Probier es doch mal so herum: Erst mal brauchst Du eine konkrete Forschungsfrage, sagen wir: Wie verändert sich die Bruchfestigkeit von Schokolade in Abhängigkeit zu Kakaogehalt und Außentemperatur? Dazu hast Du Meßreihen und diverse Versuche vor. Diese Daten und Meßreihen sind der Kern der Diss, hier würde ich anfangen. Der Rest wird drumherumgestrickt. Die Einleitung zuletzt. Hier geht um die Bedeutung Deiner Frage und die Begründung, warum Du gerade die Bruchfestigkeit in Abhängigkeit zu diesen beiden Variablen untersuchen willst. Ein paar Paper zu Schokolade, die die Forschungslücke aufzeigen, fertig ist die Laube. Mehr muss da gar nicht drinstehen! Aber es ist natürlich schon auch bedeutend für den Leser, der ja wissen will, was Dich zu Deiner Untersuchung motiviert hat. Vielleicht auch die wirtschaftliche Bedeutung Deiner Frage. Der jährliche Verlust der Hersteller durch mangelhafte Bruchfestigkeit von Schokolade, die auf dem TRansportweg kaputtgeht. Ich würde mit Material und Methode anfangen, dann die ERgebnisse, Diskussion der Ergebnisse und ganz zum Schluss erst Einleitung und Ausblick. Dieser rote Faden ist erst mal die halbe Miete! :dr)

Zeit war bei mir auch sehr knapp. Ich bin aber gut damit gefahren, mit einem Tagesplan zu starten: Was will ich heute schaffen? Das wurde dann angegangen. Musste ich meine Arbeit unterbrechen, habe ich mir aufgeschrieben, was mein Tagesplan sein soll, wenn ich wieder einsteige. Und zwar ganz konkret: Müller Seite 45, Diagramm prüfen. Dadurch vermeidet man das Sitzen vor dem leeren Blatt. Und ich habe jeden Tag etwas gemacht. Und wenn es nur 10 min waren! Ich wollte die mentale Verbindung zu meiner Diss nicht verlieren. Weiterhin habe ich mir aus Zeitknappheit heraus auch immer wieder die Frage gestellt: Warum lese ich diesen Text? Ich habe selten ziellos gelesen, sondenr immer eine Motivation gesucht. Welche Informationen suche ich in dem Text? Welche Frage will ich beantworten? Welche Daten kann ich brauchen? So habe ich sehr zielgerichtet nach Literatur gesucht statt nach dem Motto "klingt interessant" vorzugehen.

Vielleicht helfen Dir die Tipps! Gutes Gelingen jedenfalls! :mrgreen:
Wierus
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von Wierus »

Hallo,

ich würde dringend zum Abbau von Stunden raten. So wie es jetzt läuft wird deine Diss niemals fertig werden, denn es blockieren dich der Zeittdruck und die mangelnden Erholungsphasen. Kläre das schnellstmöglich mit deinem Arbeitgeber ab. Evtl. ist ja sogar eine 20h-Woche drin? Auf jeden Fall musst du schleunigst abwägen, wo es hingehen soll: Dissertation fertigstellen oder gleich in die freie Wirtschaft.

Bedenke: Du hast deinen Job am Lehrstuhl nicht trotz, sondern ausschließlich wegen deines Dissertationsprojekts. Alles -ich wiederhole: ALLES- was du im Zusammenhang mit der UNI machst und tust ist im Vergleich dazu bestenfalls zweitrangig.
teilchenphysik196
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von teilchenphysik196 »

Warum nicht in kleinen Schritten zum Ziel, indem man die Zeit besser nutzt, d.h. ergebnislos verbrachte Zeit reduzieren, kein Sitzen mehr vor dem weißen Blatt, keine Zeit mehr damit zubringen, mit sich selber zu hadern angesichts der Situation, kein Herumsitzen und Überlegen, wie man diesen Berg an Zeug angeht. Ich würde mir ab sofort ganz konsequent jeden Tag eine Stunde im Terminkalender blocken, mir einen Raum suchen (falls in der Uni gearbeitet wird) und dort nach dem oben genannten Verfahren (1. Material+Methode, 2. Ergebnisse, 3. Diskussion, 4. Ausblick, 5. Einleitung) vorgehen. Mit konkretem Tagesplan. Das müsste helfen, den riesig erscheinenden Berg aus jahrelang aufgehäuftem Zeug abzubauen und das vermeintliche Chaos zu ordnen. Was auch sehr gut bei mir geholfen hat gegen Schreibblockaden: Ich habe erst mal irgendwas hingeschrieben. Egal, ob gut oder schlecht. Damit mal was da war. Denn dann kann man immer noch feilen und verbessern. Notfalls hab ich erst mal skizziert, was in dem fraglichen Abschnitt drinstehen sollte. Ausformuliert wurde dann später.
Florina
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von Florina »

Hi,

hör auf dich zu vergleichen! Hör auf zu schauen, wofür du alles keine Zeit hast, sondern gucke, was du jetzt sofort abgegeben kannst. Schau, was du schon erreicht hast! Gucke noch mal in deine Zeugnisse, überlege, wie viel Arbeit und wie viel Frust das war. Klopfe dir jeden Tag dafür auf die Schulter und ignoriere jeden, der dich auch wenn es nur indirekt ist, runter macht! Lobe dich für das, was du geschafft hast und mach dich bloß nicht selbst rutner, wenn du mal nicht alles so geschafft hast, wie du es wolltest.
Übe "nein" zu sagen. Übe an dich zu denken und nimm mal ein paar Tage Abstand. Schlaf aus, mache schöne Dinge und überlege dir dann - aber erst dann - was und wie du weiter machen willst.
Gib alles ab, was abgegeben werden kann. Dann kommt es halt auf die Halde. Tut weh, ist doof, aber unterm Strich wirst du erleichtert sein.
Sei nicht immer zu nett :wink:
Du kannst das und du schaffst das!

P.S. Ein Abbau von Stunden klingt nach einem sehr guten Vorschlag. Du verdienst dein eigenes Geld und hast die Freiheit mindestens 20 Stunden (die du nicht voll konzentriert sein kannst) an deiner Diss zu arbeiten.
Man muß daran glauben, für eine bestimmte Sache begabt zu sein, und diese Sache muß man erreichen, koste es, was es wolle. - Marie Curie
Prinzenrolle
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von Prinzenrolle »

Hi zusammen,

erstmal vielen Dank für Eure Antworten! Ich möchte ein kleines Update geben:

Zu Stelle halbieren:
Das Thema hatte ich tatsächlich letztes Jahr schon mal und ich habe mich mit Kollegen ausgetauscht, die mir alle davon abgeraten haben, da man zwar die Hälfte verdient, aber nur geringfügig weniger arbeitet. Das hatte mich schon ziemlich abgeschreckt -> Burnout incoming.

Zu dem Tipp mit den Forschungsfragen von teilchenphysik196:
Du bist ein Schatz! :wink: Es klingt ja eigentlich total abgedroschen, dass man sich erstmal mit den Forschungsfragen beschäftigen soll. Und weißt Du was? Mein Exposé, welches ich mit dem Prof vor Ewigkeiten abgestimmt hatte, hat auch diese Forschungsfragen, aber ich habe sie total verdrängt. Ich wurschtel sicher seit min. einem Jahr an einem "Diss-Dokument" rum, habe Kapitel neu strukturiert und irgendwo angefangen zu schreiben und ich hatte kein einziges Wort über Forschungsfragen verloren, die ich im Exposé ja noch definiert hatte... Unglaublich welche riesigen Gen-Tomaten ich da auf den Augen hatte. Lange Rede kurzer Sinn: Ich habe mich nochmal mit den Forschungsfragen beschäftigt und festgestellt, dass ich 1.) seit dem Verfassen des Exposés einen deutlichen Erkenntnissgewinn habe und deswegen die FF weiter schärfen konnte (und bereits mit dem Prof abgestimmt habe) und 2.) deutlich besser klar komme anhand der FF meine Arbeit zu strukturieren.

Außerdem habe ich nun ein wenig Zeit freigeschaufelt, um mal am Stück was daran zu arbeiten. Ich hoffe, dass mir das helfen wird.

Ich halte Euch mal auf dem Laufenden. Aber erstmal vielen Dank Euch!
Zuletzt geändert von Prinzenrolle am 22.12.2022, 09:43, insgesamt 1-mal geändert.
Prinzenrolle
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von Prinzenrolle »

Hallo allerseits,

ein Update mit einer anschließenden Bitte um Eure Meinung:

Ich habe mit meinem Chef ein wenig freie Zeit abgestimmt in der ich auch ganz gut vorangekommen bin. Zumindest konnte ich mal alles aufarbeiten, wozu ich monatelange nicht gekommen bin. Als ich dann wieder gearbeitet habe, gings wieder von 100 auf 0 und ich war so gestresst, dass mir teilweise zum Heulen zumute war. Ich habe das Gefühl, dass die Arbeit in der Summe eigentlich machbar wäre, aber ich schwanke von einer Baustelle zur anderen, ohne dass es wirklich befriedigend wäre.
Dazu kommt, dass ich mich immer mehr versuche auf der Arbeit abzugrenzen, wodurch ich durch "Gewissensbisse" geplagt werde und denke, dass ich nun nirgendwo, sowohl bei der Diss, als auch bei der Arbeit, keine gute Leistung mehr erbringe. Ganz zu schweigen von meinem anhaltenden Zweifel, dass mein Thema und die Komplexität überhaupt Diss-würdig sind und ob da irgendwas brauchbares bei raus kommt.

Zusätzlich merke ich immer mehr, dass ich auf der Arbeit nichts neues mehr lerne. Alles wiederholt sich. Projektanträge, projektbegleitende Veröffentlichungen die eher nichts zu meinem Thema beitragen, Lehre, etc. Nach dem Semester ist vor dem Semester, Nach dem Antrag ist vor dem Antrag, blablabla und immer so weiter. Es gibt keine Weiterentwicklung mehr. Und ich hab auch keine Ambitionen wieder was "voranzutreiben", denn das führt nur zu noch mehr Arbeit, die ich nicht will. Die einzige Motivation und Weiterentwicklung, die ich auch früher im Kern immer hatte, ist die Diss. Und die kann ich mit dem Job nicht in der Zeit fertigstellen, wie ich es gerne hätte. Die Arbeit mutiert zur langatmigen, mich stets begleitenden Hürde. Letztendlich führt das auch zu keinen Glanzleistungen meinerseits, da ich oft einfach "gar keinen Bock auf den Scheiss" mehr habe. Das ist doch auch unfair den Kollegen gegenüber... Ich denke, dass ist ein Abnabelungsprozess in mir.

Egal mit wem ich spreche (im privaten Kreis), alle raten mir zu kündigen, sich das Jahr für die Diss zu nehmen und dann Glücklich mit einem Job in der Wirtschaft zu werden. Ich neige immer mehr dazu, trotz der Sorgen, ob ich mit mehr Freiraum überhaupt eine Diss fertigbringen würde. Aber wenn ich das selbst im "Schnelldurchgang" und 100% meiner Zeit nicht schaffe, würde ich es ja auch nicht in 100 Jahren am Lehrstuhl schaffen - die Erkenntnis käme nun - wenn auch sowieso sehr spät - durch eine Kündigung früher. Dabei hab ich aber auch Sorge irgendwas zu übersehen, wie bspw. neue Steine die ich durch eine Kündigung mir selbst in den Weg lege.. sei es durch meinen Doktorvater, der dann evtl. noch schlechter erreichbar wäre, verwässernde Kontakte, Probleme als "Otto Normal" passende Unternehmen zur Validierung zu finden, etc.

Wie denkt ihr darüber? Ich habe oft von Doktoranden gehört, die ihre Diss nach ihrer Instituts/Lehrstuhlzeit fertiggestellt haben, aber das war meistens eine Frage der auslaufenden Finanzierung. Ich fühle mich irgendwie als Teilversager, wenn ich es nicht wie "vorgesehen" schaffe. Andere Kollegen kriegen das ja auch irgendwie nebenher hin, wobei ich da auch nicht wissen will wie deren Privatleben wirklich aussieht.

Oh Gott, viel Mimimi in dem Text. Aber es hilft mir das hier zu schreiben und vielleicht hat ja jemand einen ähnlichen Weg vollzogen :-)

VG
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von Eva »

Nur als Anregung, ohne zu wissen, ob du diese Möglichkeit hättest: Für mich hat das mit der Diss am besten geklappt, als ich eine halbe Stelle hatte (NICHT an der Uni allerdings!), aufgeteilt auf 2,5 Arbeitstage. Den Rest der Woche hatte ich dann völlig ungestört für die Fertigstellung der Diss. Ganz zum Schluss habe ich vier Wochen Urlaub und Überstundenabbau für einen intensiven Endspurt genutzt. In Zeiten, als ich "nur" die Diss hatte, ohne Job dazu, bin ich deutlich schlechter vorangekommen, weil ich mich allein schlecht organisieren konnte und sich mein Leben zu sehr und ausschließlich um die Diss drehte. Das ist aber Typsache. Insofern würde ich sagen, dass der Rat, zugunsten der Diss zu kündigen, grundsätzlich in deiner Situation gut klingt. Es könnte aber nach hinten losgehen, wenn du nicht der Typ dafür bist, ein Jahr lang allein mit dir und der Diss zu sein. Wie schätzt du dich ein? Wäre es denn eine Option, die Stelle von den Stunden her so runterzuschrauben und ganze Tage wirklich nicht mehr anwesend+erreichbar zu sein, dass du in Ruhe die Diss zu Ende bringen kannst? Falls das nicht geht: Vielleicht kannst du dir in Richtung der angestrebten Branche für Nach-der-Diss eine Teilzeitstelle suchen, um a) die Diss zu Ende zu bringen und b) schon mal einen Fuß in die Tür zu bekommen? Für mich hat das so geklappt; ich bin heute noch bei dem Arbeitgeber, bei dem ich vor 10 Jahren mit ner halben Stelle in der Diss-Endphase eingestiegen bin.

Alles Gute!
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von Prinzenrolle »

Hallo Eva,

danke für Deine Antwort! Die Idee mit einer halben Stelle klingt ganz gut und war zumindest für Dich ja die richtige Entscheidung, glückwunsch dazu!
Ich selbst schätze mich als jmd. ein, der sich auch über eine lange Zeit sehr gut in Themen festbeißen kann und daran auch Erfüllung empfindet, wenn am Schreibtisch was klappt und mal die Geschichte immer detaillierter und klarer erzählen kann. Daher mach ich mir da erstmal weniger Sorgen in dieser Hinsicht.
SSCI
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Re: Resignation und Frust

Beitrag von SSCI »

Raus da, alleine fertig schreiben ...nur mein Gefühl
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