Resignation und Frust
Verfasst: 01.02.2021, 20:09
Hallo zusammen,
seit längerer Zeit bin ich stiller Mitleser von Beiträgen wie diesem hier, in dem es um Frust, Motivationstiefs und Abbruchgedanken geht. Heute ist mein Frust so groß, dass ich mich selber mal hier verewigen möchte und irgendwie die Hoffnung habe, dass dadurch irgendwas besser wird.
Ich bin seit ca. 4 Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter und eigentlich ging es oberflächlich an unserem Lehrstuhl immer auch darum, dass man mit der Diss voran kommt, aber faktisch hat fast jeder Probleme voran zu kommen. Unter 5-6 Jahren geht eigentlich nix. Außer unsere Stipendiaten, die nach 3 Jahren durch sein müssen. Das ist natürlich irgendwie demotivierend mit anzusehen, wie sie den ganzen Tag an ihrer Diss sitzen können, während man selbst den x-ten Antrag schreibt. Doktorand zweiter Klasse. Hätte ich das damals gewusst, hätte ich die WiMa Stelle evtl. nicht angenommen. Es fühlt sich so an, dass die Diss einfach ein Projekt von vielen anderen ist, wie Lehre, Anträge schreiben (und davon nicht zu wenig!), Forschungsprojektarbeit, welche nicht wirklich auf die Diss einzahlt, und und und..
Ganz nebenbei gibt es noch das Projekt "Pivatleben", was mir mittlerweile wie eine verbotene Frucht vorkommt. Corona und die damit verbundene Freizeit zum Wochenende etc. mögen für viele eine gute Möglichkeit zu sein "mal richtig mit der Diss voranzukommen". Auch Home Office wird oft in dem Zusammenhang als tolle Chance erwähnt.
Bei mir sieht es eher so aus, dass ich im Home Office noch mehr arbeite als vorher, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatem exisitert quasi nicht mehr. Und wenn ich mal "frei" habe, habe ich eigentlich nicht frei, sondern entscheide mich gegen die Diss, was mich unzufrieden macht aber einfach neben der vielen Arbeit notwendig ist.
Meine Frau rät mir seit Ewigkeiten kürzer zu treten, mich krankzuschreiben oder den Job ganz zu kündigen, mir soviel Zeit ohne Job zu nehmen wie ich brauche, und als Externer abzuschließen. Finanziell wäre es durch ihren Background möglich, aber mich von meiner Frau aushalten lassen will ich auch nicht. Und wie sieht das im Lebenslauf bitte aus? Und außerdem gibt es da noch die Angst, dass all die Arbeit, all der Stress letztendlich nur Vorwände sind, um mich vor der Diss zu drücken. Denn eigentlich bin ich gar nicht in der Lage sie fertigzustellen und prokrastiniere lediglich in der maximal aufreibendsten Form.
Wenn ich mir mal Zeit freischaufle, sitze ich da. Ich sitze vor dem Word-Dokument und weiß nicht wo ich anfangen soll. Alle Kapitel kotzen mich mittlerweile an. Sie sind vollgestopft mit Screenshots oder "Merksätzen" von irgendwelchen Papern, die ich irgendwann mal gelesen habe und in dem entsprechenden Kapitel eventuell relevant sein könnten. Einmal wuchs mir das so über den Kopf, dass ich ein neues Dokument angefangen und die alten Inhalte dort restrukturiert habe. Immerhin habe ich die Struktur schon mal mit meinem Prof besprochen. Aber ich merke, dass auch die neue Version so langsam ein für mich unüberwindbarer Berg wird. Also versuche ich mich aktuell an den Grundlagen. Themen, die ich in diversen Publikationen behandelt und auch drauf habe. Aber in der Diss kotzt es mich einfach an alles runterzuschreiben. Das wird doch sowieso kein Mensch mehr lesen. Selbst meinem Doktorvater traue ich nicht zu, dass er alles liest. Und außerdem: Wer weiß ob der ganze Grundlagenteil am Ende eh komplett übern Haufen geworfen werden muss? Denn ich habe zwar eine grobe Idee von meinem Ziel, aber die ist eben nur grob und ich zweifle selbst an mir, dass da mal etwas rauskommen könnte, was einer Diss würdig ist. Es macht auch einfach keinen Spaß sich wieder an die Diss zu setzen, wenn ich vorher schon weiß, dass ich nach X Stunden sowieso erstmal wieder für Tage oder Wochen Pause habe. Ich brauche viel Zeit - durchgängig! Am besten mal nen Monat am Stück ohne nervige Unterbrechungen. Aber ich weiß nicht wie ich das durchsetzen, geschweige denn mit meinem Tagesgeschäft vereinbaren soll.
Ich rede mir ein, dass ich, wenn ich genug Freizeit hätte, in einen ordentlichen Schreibfluss kommen kann und dann diesen Berg und auch die Selbstzweifel langsam bewältigt bekomme. Das habe ich in meiner Masterarbeit auch sehr gut hinbekommen. Aber die viele Arbeit und auch mein eigenes bescheuertes Selbstbild, immer gute Leistungen bringen zu müssen und meine privaten Angelegenheiten hinten anzustellen, hindern mich daran. Und kündigen? Am Ende liegt es wirklich nicht an dem Stress und dann sitze ich da: Arbeitslos, ohne Diss und noch mehr Frust. Total versagt.
Ich weiss einfach nicht mehr wie es weitergehen soll. Die Diss will ich unbedingt schaffen. Das ist mein persönliches Projekt, das darf nicht schiefgehen. Das Feuer für das Thema habe ich nicht verloren, was mir auf der Arbeit mehr als einmal Projekte eingehandelt hat, die mich sicherlich min. 1, eher 2 Jahre zurückgeworfen haben - daraus lerne ich zwar, aber nur langsam. Ich ertappe mich immer wieder, wie ich andere Dinge zuerst erledige oder sogar neue Aufgaben angehe, von denen ich ganz tief in mir drin eigentlich weiß, dass sie am Ende zuviel von mir verlangen.
So, jeder Leser, der es bis hier hin geschafft hat: Mein Respekt und Danke fürs Zuhören.
Ich hoffe, dass die "Zukunfts-Prinzenrolle" das später mal liest - mit einem Doktortitel - und irgendwie trotzdem mit gutem Gefühl in die Vergangenheit blicken kann.
Mfg.
seit längerer Zeit bin ich stiller Mitleser von Beiträgen wie diesem hier, in dem es um Frust, Motivationstiefs und Abbruchgedanken geht. Heute ist mein Frust so groß, dass ich mich selber mal hier verewigen möchte und irgendwie die Hoffnung habe, dass dadurch irgendwas besser wird.
Ich bin seit ca. 4 Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter und eigentlich ging es oberflächlich an unserem Lehrstuhl immer auch darum, dass man mit der Diss voran kommt, aber faktisch hat fast jeder Probleme voran zu kommen. Unter 5-6 Jahren geht eigentlich nix. Außer unsere Stipendiaten, die nach 3 Jahren durch sein müssen. Das ist natürlich irgendwie demotivierend mit anzusehen, wie sie den ganzen Tag an ihrer Diss sitzen können, während man selbst den x-ten Antrag schreibt. Doktorand zweiter Klasse. Hätte ich das damals gewusst, hätte ich die WiMa Stelle evtl. nicht angenommen. Es fühlt sich so an, dass die Diss einfach ein Projekt von vielen anderen ist, wie Lehre, Anträge schreiben (und davon nicht zu wenig!), Forschungsprojektarbeit, welche nicht wirklich auf die Diss einzahlt, und und und..
Ganz nebenbei gibt es noch das Projekt "Pivatleben", was mir mittlerweile wie eine verbotene Frucht vorkommt. Corona und die damit verbundene Freizeit zum Wochenende etc. mögen für viele eine gute Möglichkeit zu sein "mal richtig mit der Diss voranzukommen". Auch Home Office wird oft in dem Zusammenhang als tolle Chance erwähnt.
Bei mir sieht es eher so aus, dass ich im Home Office noch mehr arbeite als vorher, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatem exisitert quasi nicht mehr. Und wenn ich mal "frei" habe, habe ich eigentlich nicht frei, sondern entscheide mich gegen die Diss, was mich unzufrieden macht aber einfach neben der vielen Arbeit notwendig ist.
Meine Frau rät mir seit Ewigkeiten kürzer zu treten, mich krankzuschreiben oder den Job ganz zu kündigen, mir soviel Zeit ohne Job zu nehmen wie ich brauche, und als Externer abzuschließen. Finanziell wäre es durch ihren Background möglich, aber mich von meiner Frau aushalten lassen will ich auch nicht. Und wie sieht das im Lebenslauf bitte aus? Und außerdem gibt es da noch die Angst, dass all die Arbeit, all der Stress letztendlich nur Vorwände sind, um mich vor der Diss zu drücken. Denn eigentlich bin ich gar nicht in der Lage sie fertigzustellen und prokrastiniere lediglich in der maximal aufreibendsten Form.
Wenn ich mir mal Zeit freischaufle, sitze ich da. Ich sitze vor dem Word-Dokument und weiß nicht wo ich anfangen soll. Alle Kapitel kotzen mich mittlerweile an. Sie sind vollgestopft mit Screenshots oder "Merksätzen" von irgendwelchen Papern, die ich irgendwann mal gelesen habe und in dem entsprechenden Kapitel eventuell relevant sein könnten. Einmal wuchs mir das so über den Kopf, dass ich ein neues Dokument angefangen und die alten Inhalte dort restrukturiert habe. Immerhin habe ich die Struktur schon mal mit meinem Prof besprochen. Aber ich merke, dass auch die neue Version so langsam ein für mich unüberwindbarer Berg wird. Also versuche ich mich aktuell an den Grundlagen. Themen, die ich in diversen Publikationen behandelt und auch drauf habe. Aber in der Diss kotzt es mich einfach an alles runterzuschreiben. Das wird doch sowieso kein Mensch mehr lesen. Selbst meinem Doktorvater traue ich nicht zu, dass er alles liest. Und außerdem: Wer weiß ob der ganze Grundlagenteil am Ende eh komplett übern Haufen geworfen werden muss? Denn ich habe zwar eine grobe Idee von meinem Ziel, aber die ist eben nur grob und ich zweifle selbst an mir, dass da mal etwas rauskommen könnte, was einer Diss würdig ist. Es macht auch einfach keinen Spaß sich wieder an die Diss zu setzen, wenn ich vorher schon weiß, dass ich nach X Stunden sowieso erstmal wieder für Tage oder Wochen Pause habe. Ich brauche viel Zeit - durchgängig! Am besten mal nen Monat am Stück ohne nervige Unterbrechungen. Aber ich weiß nicht wie ich das durchsetzen, geschweige denn mit meinem Tagesgeschäft vereinbaren soll.
Ich rede mir ein, dass ich, wenn ich genug Freizeit hätte, in einen ordentlichen Schreibfluss kommen kann und dann diesen Berg und auch die Selbstzweifel langsam bewältigt bekomme. Das habe ich in meiner Masterarbeit auch sehr gut hinbekommen. Aber die viele Arbeit und auch mein eigenes bescheuertes Selbstbild, immer gute Leistungen bringen zu müssen und meine privaten Angelegenheiten hinten anzustellen, hindern mich daran. Und kündigen? Am Ende liegt es wirklich nicht an dem Stress und dann sitze ich da: Arbeitslos, ohne Diss und noch mehr Frust. Total versagt.
Ich weiss einfach nicht mehr wie es weitergehen soll. Die Diss will ich unbedingt schaffen. Das ist mein persönliches Projekt, das darf nicht schiefgehen. Das Feuer für das Thema habe ich nicht verloren, was mir auf der Arbeit mehr als einmal Projekte eingehandelt hat, die mich sicherlich min. 1, eher 2 Jahre zurückgeworfen haben - daraus lerne ich zwar, aber nur langsam. Ich ertappe mich immer wieder, wie ich andere Dinge zuerst erledige oder sogar neue Aufgaben angehe, von denen ich ganz tief in mir drin eigentlich weiß, dass sie am Ende zuviel von mir verlangen.
So, jeder Leser, der es bis hier hin geschafft hat: Mein Respekt und Danke fürs Zuhören.
Ich hoffe, dass die "Zukunfts-Prinzenrolle" das später mal liest - mit einem Doktortitel - und irgendwie trotzdem mit gutem Gefühl in die Vergangenheit blicken kann.
Mfg.