Pragmatismus vs. Perfektionismus - wie die richtige Mischung finden?
Verfasst: 02.08.2018, 11:39
Hallo liebe Doks,
nach eingehender Literaturrecherche, Exposéerstellung, Durchführung einer empirischen Erhebung inkl. erster Ergebnisdarstellung bin ich nun nach >3 Jahren in der "schönen Phase" (haha), die Inhalte und die Argumentation meiner sozialwissenschaftlichen Diss zu strukturieren und die entsprechenden Kapitel nach und nach zu schreiben.
Auf diese Phase hatte ich mich eigentlich gefreut, dachte ich doch, ich hätte zu diesem Zeitpunkt einen wunderbaren Überblick über mein Thema und die damit verbundenen Diskurse und mir würde die Argumentation nur so aus den Fingern fließen. Stattdessen sitze ich seit Wochen an der Gliederung, strukturiere sie alle paar Tage um und/oder verfeinere sie, ordne Quellen um und nähere mich so nur in langsamen Schritten der finalen Darstellung. Nach dem zu urteilen, was ich aus meinem Umfeld kenne und ich hier im Forum gelegentlich lese, scheint das nicht ungewöhnlich zu sein bzw. sogar eher zum Schreibprozess dazuzugehören. Eine schlüssige Argumentation mit rotem Faden zu entwickeln, den Forschungsstand umfänglich darzustellen und einzelne Erkenntnisse in Verbindung zueinander (und zum eigenen Vorgehen) zu bringen, ist nun einmal Kernstück wissenschaftlicher Arbeit und eine entsprechende Herausforderung.
Vielleicht ist es noch der "Schreibschock" (also zu merken, dass eben nicht alles aus den Fingern fließt), der mich zurzeit ziemlich herunterzieht:
Diese negativen Gefühlen der Angst, Überforderung, Selbstzweifel und vor allem des irrationalen Zeitdrucks lenken mich vom konzentrierten Arbeiten ab, sodass ich alle 30 Minuten denke "Ich hasse die Diss" (obwohl ich daran bisher so viel Freude und Sinn empfunden habe, auch in Durststrecken). Viele Doks in meinem Umfeld wirken auf mich sooo gelassen, was die Frage der Zeit angeht - ob sie dieses, nächstes oder übernächstes Jahr fertig werden, ist ihnen einfach nicht wichtig; sie achten lieber auf Freude, Qualität, inspirierende Tagungen nach dem Sinne "Die Diss muss ja auch reifen". Ich wünschte, ich hätte diese Einstellung auch.
Kennt ihr die Gefühle, die ich bei mir beschrieben habe, so oder so ähnlich (gerade das mit dem irrationalen Zeitdruck)? Wenn ja, wie geht ihr damit um/seid ihr damit umgegangen?
Ich freue mich über jegliche Ideen oder Hinweise; aber es hat auch schon gut getan, meine Situation einfach einmal niederzuschreiben und mir so meiner gedanklichen Barrieren bewusst zu werden.
Sunny
nach eingehender Literaturrecherche, Exposéerstellung, Durchführung einer empirischen Erhebung inkl. erster Ergebnisdarstellung bin ich nun nach >3 Jahren in der "schönen Phase" (haha), die Inhalte und die Argumentation meiner sozialwissenschaftlichen Diss zu strukturieren und die entsprechenden Kapitel nach und nach zu schreiben.
Auf diese Phase hatte ich mich eigentlich gefreut, dachte ich doch, ich hätte zu diesem Zeitpunkt einen wunderbaren Überblick über mein Thema und die damit verbundenen Diskurse und mir würde die Argumentation nur so aus den Fingern fließen. Stattdessen sitze ich seit Wochen an der Gliederung, strukturiere sie alle paar Tage um und/oder verfeinere sie, ordne Quellen um und nähere mich so nur in langsamen Schritten der finalen Darstellung. Nach dem zu urteilen, was ich aus meinem Umfeld kenne und ich hier im Forum gelegentlich lese, scheint das nicht ungewöhnlich zu sein bzw. sogar eher zum Schreibprozess dazuzugehören. Eine schlüssige Argumentation mit rotem Faden zu entwickeln, den Forschungsstand umfänglich darzustellen und einzelne Erkenntnisse in Verbindung zueinander (und zum eigenen Vorgehen) zu bringen, ist nun einmal Kernstück wissenschaftlicher Arbeit und eine entsprechende Herausforderung.
Vielleicht ist es noch der "Schreibschock" (also zu merken, dass eben nicht alles aus den Fingern fließt), der mich zurzeit ziemlich herunterzieht:
- Ich habe das Gefühl, nur sehr langsam voranzukommen und länger für diese Phase zu brauchen, als ich eigentlich dachte. Ich empfinde einen Zeitdruck, der in keinem Verhältnis zur Realität steht (mein Vertrag an der Hochschule läuft noch über eineinhalb Jahre, ich bin nicht überdurchschnittlich alt für die Promotion [und selbst wenn] und auch sonst gibt es keinen rationalen Grund zur Eile).
- Ich habe Angst, zu perfektionistisch vorzugehen, mich in Details und das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren.
- Gleichzeitig befürchte ich, dass zu viel Pragmatismus (auch mal fünf gerade sein lassen, lieber zügig fertig werden als ewig rumbasteln) zu einem Ergebnis führt, das meinen Ansprüchen an die wissenschaftliche Qualität nicht gerecht wird.
Diese negativen Gefühlen der Angst, Überforderung, Selbstzweifel und vor allem des irrationalen Zeitdrucks lenken mich vom konzentrierten Arbeiten ab, sodass ich alle 30 Minuten denke "Ich hasse die Diss" (obwohl ich daran bisher so viel Freude und Sinn empfunden habe, auch in Durststrecken). Viele Doks in meinem Umfeld wirken auf mich sooo gelassen, was die Frage der Zeit angeht - ob sie dieses, nächstes oder übernächstes Jahr fertig werden, ist ihnen einfach nicht wichtig; sie achten lieber auf Freude, Qualität, inspirierende Tagungen nach dem Sinne "Die Diss muss ja auch reifen". Ich wünschte, ich hätte diese Einstellung auch.
Kennt ihr die Gefühle, die ich bei mir beschrieben habe, so oder so ähnlich (gerade das mit dem irrationalen Zeitdruck)? Wenn ja, wie geht ihr damit um/seid ihr damit umgegangen?
Ich freue mich über jegliche Ideen oder Hinweise; aber es hat auch schon gut getan, meine Situation einfach einmal niederzuschreiben und mir so meiner gedanklichen Barrieren bewusst zu werden.
Sunny