Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

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v1nv1n
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Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

Beitrag von v1nv1n »

Hallo liebe Forenmitglieder,

ich möchte euch gerne um eure Einschätzung bitten.

Ich habe die Wahl zwischen zwei Doktorandenstellen und zerbreche mir den Kopf, welche wohl die beste Möglichkeit für meine Karriere darstellt. Ich möchte im Bereich der Biowissenschaften promovieren. Ich bin nicht mehr die Jüngste und deshalb ist mir soziale Absicherung relativ wichtig. Ich möchte gerne in der Wissenschaft bleiben, strebe aber keine Professur an, der Zug ist vermutlich auf Grund meines Alters eh abgefahren. Ich liebe es zu forschen, habe sehr viel Leidenschaft für mein Fach und habe mich deshalb bewusst für eine Promotion entschieden. So viel zu dem was mir wichtig ist und meiner Motivation.

Zu den Stellen und Problematiken, die sich daraus ergeben.

1. Erste Stelle wäre an einer Uniklinik mit einem relativ guten Ruf. Forschung mit klinischem Bezug, was mir sehr wichtig ist. Der Leiter der AG hat eine gute Reputation, veröffentlicht viel und in hochrangigen Journals. Er ist sehr bodenständig, weiß was er will und kann. Es sind sehr viele Drittmittel vorhanden, an Geld wird es nie Mangeln. Ich komme menschlich gut mit ihm aus und ich denke er weiß, was heute in der Welt der Wissenschaft wichtig ist. Stellt mir eine gute Betreuung, Veröffentlichungen, Kongresse in Aussicht. Seine Doktoranden bestätigen dies alles und sind sehr zufrieden. Die Uni hat zudem ein sehr gutes Doktorandenprogramm. Die Labore sind super ausgestattet, doch relativ eng. Die Stelle ist innerhalb eines DFG Projektes, befristet auf 4 Jahre, 65% Stelle. Das Methodenspektrum ist auch interessant, obwohl es schon stark von dem abweicht, was ich vorher gemacht habe. Und da bin ich auch schon bei dem Punkt, der noch zum nachdenken anregt. Auch das Thema weicht schon stark von dem ab, was ich vorher gemacht habe. Ich kann mich dafür begeistern , finde es recht interessant und kannn mich sicherlich gut einarbeiten. Doch ich hab irgendwie Angst, dass der rote Faden in meinem CV verloren geht und das irgendwie nicht so von Vorteil sein könnte.

2. Die zweite Stelle wäre an einem Helmholtz Zentrum. Auch hier gute Reputation, viele Veröffentlichungen, hochrangige Journals. Das Thema ist etwas interessanter und weicht nicht so stark von dem ab, was ich vorher gemacht habe. Die Labore sind natürlich top ausgestattet und es gibt super viel Zusammenarbeit mit Anderen. Es ist ein junges Team, ich wäre die erste Doktorandin. Auch hier sind Veröffentlichungen und Kongresse drin. Die Betreuung kann ich nicht so gut einschätzen, ich denke, es ist wenig Zeit vorhanden. Was mich stutzig macht, die Stelle ist zunächst auf ein Jahr befriste mit Aussicht auf 2 Jahre Verlängerung. Ich konnte noch nicht herausfinden, was der Grund dafür ist. Es ist eine 50% Stelle. Ich hab angst, dass das irgendeine Masche sein könnte...

Ich möchte mir nichts verbauen und grüble seit Tagen über die beste Möglichkeit für mich nach. Wie ist eure Einschätzung? Was sind eure Erfahrungen mit einer Promotion an einer Helmholtz Einrichtung?
daherrdoggda
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Re: Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

Beitrag von daherrdoggda »

Der Hauptunterschied, den ich hier lese, ist also: mehr Geld beim Helmholtz - oder laengere Laufzeit bei der Uni.

Wenn du im bisherigen Gebiet noch nicht publiziert hast, macht so ein Wechsel gar nix aus. Im Gegenteil, damit koenntest du eine breitere Erfahrung aufbauen als immer nur beim selben Gebiet zu bleiben (z.B. Erfahrung mit verschiedenen Modellorganismen). Und es gibt viele Faelle von Leuten mit erfolgreicher Karriere, die zur Promotion oder zum Postdoc das Gebiet gewechselt haben, manche sogar das ganze Fach (von Chemie zu Physik oder von Physik zu Bio usw.).

Ich wuerde danach gehen, was dir methodisch am meisten neues und fuer dich interessantes bringt und was du dir als dauerhaftes Gebiet fuer deine weitere Karriere eher vorstellen kannst.
Eva
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Re: Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

Beitrag von Eva »

daherrdoggda hat geschrieben: ↑25.06.2018, 02:50 Der Hauptunterschied, den ich hier lese, ist also: mehr Geld beim Helmholtz - oder laengere Laufzeit bei der Uni.
Das lese ich anders: Uni-Stelle = 65%-Stelle, Helmholtz = 50%-Stelle. Wenn Helmholtz nicht exorbitant höhere Gehälter zahlt, bringt die Uni-Stelle mehr Geld ein.

Für mich klingt die Uni-Stelle insgesamt besser, weil sie auch von der Betreuungssituation her kalkulierbarer ist: Du weißt, dass es dort gut funktioniert, bei Helmholtz wärst du hingegen als erste Doktorandin das Versuchskaninchen. Vom neuen Thema würde ich mich nicht abschrecken lassen, sondern sehe das eher wie @daherrdoggda. Du stellst dich breiter auf und hast daher mit der Dissertation ein zweites Forschungsstandbein zu dem, was du vorher schon gemacht hast. Damit könntest du dich nachher also in zwei Richtungen bewerben.
spirograph
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Re: Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

Beitrag von spirograph »

Hallo,

gern möchte ich Dir antworten. Ich bin fünf Jahre in der Wissenschaft tätig, an zwei Unis, habe aber was vollkommen anderes studiert (Lehramt). Wenn ich in deiner Entscheidungssituation wäre, würde ich mich für die 65%-Stelle entscheiden. Längere Laufzeit (also erstmal überhaupt ein nennenswerter Zeitkorridor, was ist denn ein Jahr schon!?) noch dazu als Pluspunkt. Die andere Stelle ist kürzer, und immer dieses "Aussicht auf...", wie oft ich das schon gelesen und gehört habe und die Leute sind dann flugs verschwunden. "Aussicht" ist eben nur "Aussicht", will sagen, die Entscheidung liegt wieder bei anderen, die können Daumen hoch oder runter machen. Lass es lieber, meine Meinung. Was zählt sind vertragliche Bindungen: 4 Jahre für 65%, sind erstmal 4 Jahre Absicherung im Öff.Dienst. Egal, ob die Diss klappt oder nicht. Du bist ersteinmal für 4 Jahre für die Kondition da angestellt. Und: die erste Doktorandin zu sein, ist immer mit Gefahren verbunden. Versuchskaninchen, Betreuer_in unsicher, nervös, will sich absichern, fragt Kolleg_innen und Du sitzt derweil auf heißen Kohlen. Alles schon erlebt. Würde ich nie wieder so machen. Immer Betreuer_innen nehmen, die schon viele gut durchgebracht haben. Deren Lebensläufe googeln, gucken wen er/sie schon promoviert hat. Sich umhorchen. Die haben in dem ganzen Bums Routine, kennen das Prozedere, sind sich sicher. Und was ist in dem Zusammenhang wertvoller als ein in-sich-sicherer Betreuer_in?

Ich hoffe, dies kann Dir helfen. Dir alles Gute!

spiro
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Re: Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

Beitrag von daherrdoggda »

Eva hat geschrieben: ↑25.06.2018, 09:17
Das lese ich anders: Uni-Stelle = 65%-Stelle, Helmholtz = 50%-Stelle. Wenn Helmholtz nicht exorbitant höhere Gehälter zahlt, bringt die Uni-Stelle mehr Geld ein.
Stimmt, hab ich genau falschrum gelesen (zu viel gleicher Text ;))
Dell
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Re: Promotionsstelle auswählen - Wer die Wahl hat..

Beitrag von Dell »

Angebot 1 ist erstmal nicht schlecht. Aber ich lese aus deinem Beitrag eine Präferenz für das HH Projekt heraus.
Da du dich wirklich in den nächsten Jahren reinhängen musst, ist es sehr wichtig ein Projekt zu bearbeiten, welches dir am Herzen liegt. Über den roten Faden würde ich nicht grübeln. Der kommt erst nach dem Dr. richtig Ins Spiel. Du solltest also bedenken, dass du Aspekte deines Dr- Themas noch viele Jahre danach mit dir rumschleppst.
Falls der junge PI am HH einen guten Track Record hat, spricht auch nichts gegen ihn. 50% gegen 65% ist nicht genug um wirklich ein Faktor zu sein. Die Ausschreibung mit 1+2 Jahre ist Standard und die Stellen ist bis zum Ende finanziert. Ein 4- Jahres Vertrag ist da auch nicht sicherer. Denn bleiben wenn man gebeten wird zu gehen ist keine Option.

Edit: Aus eigener Erfahrung: ich habe mich immer für Personen und nicht spezifische Stellen/Projekte entschieden und bin damit gut gefahren. Projekte können sich schlagartig ändern.
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