Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

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Penthesilea
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Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von Penthesilea »

Hallo ihr Lieben, ich habe eine Sache, die mich schon seit Wochen drückt.

Aber um das Problem deutlich machen zu können, ist zunächst etwas zu mir und meiner Vorgeschichte zu erzählen nötig: (im Voraus eine Entschuldigung für diesen langen "Erguss"! - wer sich das trotzdem nicht antun will, der scrolle runter bis zur fettgedruckten Schrift... :mrgreen: )
Ich gehöre zu denen, die sich selbst für die Wissenschaft begeistern und von einer Karriere träumen (naja auch wenn ich mir sehr wohl die damit verbundenen Probleme bewusst bin, aber das gehört in einen anderen Thread gehören...)
Ebenso bin ich eine Person, die sich für sehr vieles und u.a. auch aus sehr verschiedenen Fächern interessiert. Und genau das wird mir nun zum Problem.
In der Promotion bin ich noch ganz am Anfang. Offiziell bin ich seit Oktober 17 als Promotionsstudent angemeldet, zählt man aber noch die Themenfindungsphase hinzu, bin ich seit ca. einem 3/4 Jahr dabei. (Deshalb auch meine Entschuldigung im Vorus, wenn einige folgende Gedanken zu naiv oder zu idealistisch klingen!)
Die Themenfindung war ein seeeeehr langer und frustrationsreicher Prozess. An möglichen Themen, die mich begeisterten, fehlte es zu Anfang nicht.
Ich hatte meinem Betreuer im Laufe meiner Themenfindungsphase an die 7-8 mögliche Themen (bzw. jeweils neue Varinten des alten themas) ausgearbeitet, recherchiert und meinem Betreuer eingereicht. Aber alle waren aus den verschiedensten Gründen nicht die richtigen. Wie frustrierend das für mich war, jedesmal wieder wochenlang umsonst auf etwas hingearbeitet habt, könnt ihr euch vorstellen. Irgendwann bin ich auch ziemlich ratlos gewesen, weil scheinbar so gar nichts, wofür ich mich zu 100% begeisterte, als Doktorthema geeignet war. (Man muss dazu sagen, dass ich ls auch mein DV - leider - sehr hohe Ansprüche an das Thema hatten,da ich mit der schlechten Note meiner Masterarbeit einen ziemlich bösen "Ausrutscher" geleistet hatte.)

Am Ende war ich so resigniert, dass ich einfach nur noch froh war, wenn es denn nur ein geeignetes Thema war.

Schließlich hatte es im Dez 17 endlich mit "dem" Thema geklappt, welches sowohl mich einigermaßen interessiert, als auch den Anforderungen meines DV entspricht. Ich schreibe "einigermaßen", weil von meiner Seite durchaus ein Interesse und eine "Grundmotivation" da ist, dieses Thema 3-4 J. zu bearbeiten. Andererseits "brenne" ich auch nicht ausschließlich dafür. Es gibt noch viele andere Probleme in meinem Fachgebiet, die mich mindestens genauso (wenn nicht sogar noch mehr?) interessieren, bei denen ich aber nicht sicher bin, ob die als Diss.thema taugen, die ich aber zumindest als Nebenprojekte gerne weiterverfolgen würde.

Bisher hatte ich versucht, mich zu vertrösten, dass ich dieses oder jenes Nebenprojekt mir ja einmal für einen eventuellen Beitrag in einer Konferenz, einer Publikation vormerken könnte. Oder an die ich mir ggf nach der Diss vornehmen könnte (gesetzt, ich könnte noch an der Uni bleiben) Aber natürlich ist das auch klar, dass diese Pläne auch etwas idealistisch klingen und ihre Machbarkeit noch in den Sternen steht. Und gerade deshalb wirkt diese Vertröstungsstrategie auch nicht länger mehr bei mir. Ich würde zumindest einen dieser Pläne am liebsten jetzt ausführen, zumal ich mir gut denken kann, dass es auch in 3-4 Jahren nichts draus würde.

Und genau das ist mein Problem bzw sind meine Fragen: Gäbe es denn überhaupt (wenigstens theoretisch!) eine Möglichkeit, an der Diss zu Arbeiten UND sich dennoch den Nebenthemen zu widmen? Ich rede jetzt nicht von dem Zeitaufwand, sondern ob das überhaupt anerkannt würde.
Damit meine ich:
1.) Wäre das auf Konferenzen, Workshops etc anerkannt?: Würde man mich auch nicht auslachen, bzw von vorneherein ablehnen, wenn ich etw über das Thema x meine Diss schreibe, aber einen Vortrag oder eine Publikation zu Thema y einreichen würde - (wobei abgesehen vom selben Fachbereich meines Master, Thema y nichts mit x zu tun hätte.)
2.) Würde das auch ein Doktorvater billigen, wenn ich sage Ich werde mich in den nächsten Wochen/ Monaten nur teilweise der Diss widmen wenn nicht sogar gänzlich beiseite legen, um mich dafür dem Thema y widmen?

Momentan fürchte ich, beides mit "nein" beantworten zu müssen. Deshalb fühle mich in meinem aktuellen Thema ziemlich eingeengt. Um es in einem Bild zu sagen: Indem ich diese eine Tür geöffnet habe, habe ich das Gefühl als seien viele weitere Türen zugeschlagen und ich bin nur noch in diesem Raum eingesperrt.
Ich habe Angst, dass es mir - nun wo ich mich nun einmal ein Ein Thema festgelegt habe - für die nächsten Jahre nicht mehr möglich sein wird, mich (im wissenschaftlichen Rahmen) auch mit den anderen Dingen zu befassen, die mich mindestens genauso interessieren.

Und diese Aussicht motiviert mich ganz und gar nicht. -- Was mich zum weiteren Zweifel führt, ob denn dieses Thema also doch nicht das Richtige ist, denn SOLCHE Motivationsprobleme, sollte man doch wenigstens am Anfang noch nicht haben...oder?
Andererseits scheint mir ein Wechsel schwierig, da ich vermute, dass ich a.) auch mit einem anderen, neuen "geeigneten" Thema ähnliche Probleme haben werde und b.) unter einem gewissen Zeitdruck stehe. Ich möchte mich mit diesem Thema auf ein Graduiertenkolleg bewerben wollen, für deren Forschungsgebiet ich nun in der Tat "brenne" und welche auch meinem eigenen Wunsch nach Interdisziplinarität entgegen kommen würden.Deadline ist bis April, bis dahin aber was neues Aufzustellen und Expose-fähig auszuarbeiten, wird aber wahrscheinlich schwierig)

Lange Rede kurzer Sinn, ich frage euch deshalb um Rat: Sind die o.g. Fragen tatsächlich mit "nein" zu beantworten oder darf ich dennoch von ihnen als mögliche "Alternativen" träumen?
Und wenn nicht - wäre dann doch ein Themenwechsel sinnvoll (auch wenn mir dieser Gedanke trotzdem nicht behagt, da ich und sicherlich auch mein DV froh sind, endlich etwas "Sinnvolles" gefunden zu haben)

LG Penthesilea
flip
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von flip »

Penthesilea hat geschrieben: Lange Rede kurzer Sinn, ich frage euch deshalb um Rat: Sind die o.g. Fragen tatsächlich mit "nein" zu beantworten oder darf ich dennoch von ihnen als mögliche "Alternativen" träumen?
LG Penthesilea
Ja.


Warum denkst eigentlich, dass all deine Themen in sich abschlossene Bereiche sind, die niemals miteinander verknüpft werden können?
Fang erst einmal an, dich richtig einzulesen und nicht zig Fragen dir vorher zu überlegen. :)
praktikum
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von praktikum »

Du scheinst mir so eine Art intellektueller Rosinenpicker zu sein. ;)
Es ist nicht Sinn der Sache, dass Du einem DV ein Thema nach dem anderen vorlegst, welches "gerade so" als Einstieg akzeptiert wird und Du nur "einigermaßen" magst. Bevor Du damit richtig angefangen hast, streifst Du gedanklich durch andere Themengebiete. Sorry, aber da klingeln bei mir die Alarmglocken. Ich rate Dir dazu ernsthaft zu überlegen, ob Du nicht ein besseres Thema für alle Beteiligten (inkl. Dir) finden kannst. Besser jetzt, als in zwei Jahren.

Prinzipiell "darfst" Du auf einer Konferenz ein Paper präsentieren, welches nichts mit Deiner Thematik zu tun hat. Aber wieso soll Dich jemand an Deinem Lehrstuhl dauerhaft an solchen Projekten daran arbeiten lassen, wenn es dem Lehrstuhl inhaltlich nichts bringt? Die Zeit interessiert Dich anscheinend nicht ("Ich rede jetzt nicht von dem Zeitaufwand"), aber Deinen DV und Deine Kollegen und Deine Studenten sehr wohl. Die auf Konferenzen gewonnen Kontakte nutzen Dir nur wenig, wenn diese Menschen gar nicht in Deinem eigentlichen Bereich arbeiten.
Der Ausflug in Randgebiete kann bei entsprechenden Forschungsfortschritten durchaus passieren, sofern man hier etwas Interessantes findet. Man arbeitet aber NICHT in einem anderen Gebiet und hofft dann irgendwie einen Weg zum eigentlichen Promotionsthema zu finden, welches einem anscheinend nur wenig interessiert. Vor allem kann man auf dieser Basis kaum brauchbare Paper produzieren.

Die Bemerkung von flip hilft Dir nur bedingt, weil das nur einen kleinen Teil einer Thesis ausmacht und Überblicksarbeiten - ohne zahlreiche eigene Veröffentlichungen - braucht kein Mensch.
caipirinha11085
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von caipirinha11085 »

Ich kann nur von meinen Erfahrungen im Bereich Jura sprechen: Prinzipiell kann man auch über nur entfernt verwandte Themen publizieren, vielleicht sogar auch über ganz andere Themen. Es gibt Professoren, die mehrere Forschungsgebiete abdecken, die nichts, außer der groben Zuordnung in eines der drei "Obergebiete" (Öffentliches Recht, Zivil- oder Strafrecht) miteinander zu tun haben.

Im Laufe deiner Diss werden dir aber zu deinem Thema schon so viele (Neben)schauplätze auffallen, die mit deinem Thema zusammenhängen, dass du vermutlich eher über die schreiben wollen wirst. ;)
Ich hatte am Anfang der Diss ein ähnlich gelagertes Problem - mein erstes Diss-Thema war ganz anders, als mein tatsächliches Diss-Thema und ich dachte immer, dass ich mich da irgendwann doch noch näher einlesen möchte. Ist nie passiert - mich hat dann doch mein "richtiges" Forschungsgebiet mehr interessiert. ;)

Was ich aber gar nicht ideal finde ist, dass dir dein Thema nicht besonders zuzusagen scheint. Ich würde mich an deiner Stelle richtig einlesen und danach überlegen, ob du nicht doch mit Feuer und Flamme dafür brennen kannst (und andernfalls mit dem DV Rücksprache halten), sonst wird der Prozess uU recht mühselig.
FerdiFuchs
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von FerdiFuchs »

Penthesilea hat geschrieben:1.) Wäre das auf Konferenzen, Workshops etc anerkannt?: Würde man mich auch nicht auslachen, bzw von vorneherein ablehnen, wenn ich etw über das Thema x meine Diss schreibe, aber einen Vortrag oder eine Publikation zu Thema y einreichen würde - (wobei abgesehen vom selben Fachbereich meines Master, Thema y nichts mit x zu tun hätte.)
Ein klares Ja. Als Doktorand kennt dich bei diesen Konferenzen und Workshops kein Mensch. Das schließt mit ein, dass niemand dein Promotionsthema kennt. Somit genießt du die Freiheit, dass Leute bei Konferenzen und Workshops relativ erwartungsfrei an dich herantreten, wenn du ein Thema vorstellst.
2.) Würde das auch ein Doktorvater billigen, wenn ich sage Ich werde mich in den nächsten Wochen/ Monaten nur teilweise der Diss widmen wenn nicht sogar gänzlich beiseite legen, um mich dafür dem Thema y widmen?
Ich tendiere zu einem Nein, weil jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist: Nach der relativ langen Themenfindungsphase würdest du das falsche Signal senden, wenn du direkt nach der Themenfestlegung an anderen Themen arbeiten willst. Wäre ich in dieser Situation dein DV, wäre ich vermutlich ernsthaft besorgt.

Ein besserer Zeitpunkt um an anderen Themen zu arbeiten ist, wenn du bereits 1,5 bis 2 Jahre an deinem Promotionsthema gearbeitet und erste Erfolge erzielt hast:
  • Erstens hast du dem DV dann gezeigt, dass du es "ernst meinst" und eventuelle Bedenken in diese Richtung ausgeräumt.
  • Zweitens passt das zum gewöhnlichen Reifungsprozess einer Promotion: Am Anfang geht es darum, die wissenschaftliche Arbeit zu erlernen, man arbeitet an einem eng umgrenzten Thema in intensivem Austausch mit dem Betreuer. Am Ende ist man ein selbstständiger Wissenschaftler, der ein eigenes Thema umgrenzen und bearbeiten kann.
  • Drittens können die Kontakte, die du im 3. und 4. Jahr bei Konferenzen außerhalb deines Diss-Themas sammelst, hilfreich sein, wenn du eine Post-Doc-Stelle (und vielleicht später eine Professur) ergattern willst.
Mit Blick auf eine langfristige wissenschaftliche Karriere ist dein vielfältiges Interesse an verschiedenen Themen ein Vorteil. Um jedoch an den Punkt zu kommen, an dem du an mehreren Themen arbeiten kannst, musst du jetzt erstmal zeigen, dass du auch ein einzelnes festgelegtes Thema in seiner Tiefe bearbeiten kannst.
Wierus
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von Wierus »

Das Problem mit dem passenden Thema sehe ich auch nicht unbedingt. Man kennt es aus dem Studium und den Pflichtmodulen: Anfangs interessiert das Thema einer Veranstaltung kaum, hat man sich aber einmal eingelesen, dann wächst das Interesse von alleine.

Bei weitem wichtiger für das Verfassen einer Promotionsschrift ist die Freude am wissenschaftlichen Forschen und am wissenschaftlichen Schreiben, denn ohne diese beiden Grundvoraussetzungen wird es wirklich schwer.
Eva
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von Eva »

Um noch einen anderen Aspekt in die Beurteilung deiner Problemlage zu bringen: Bist du schon einmal über das Konzept der "Scanner"-Persönlichkeit von Barbara Sher gestolpert? (https://www.amazon.de/musst-nicht-entsc ... 3DKF1J5K3X; s.a. http://www.passionflow.de/bist-du-ein-scanner/).
Will sagen: Vielleicht liegt es gar nicht (so sehr) am gewählten Thema und den äußeren Anforderungen des Wissenschaftsbetriebs, sondern eher an deiner eigenen Persönlichkeit, dass du jetzt das Gefühl hast, "als seien viele weitere Türen zugeschlagen und ich bin nur noch in diesem Raum eingesperrt." (Eine sehr typische Scanner-Aussage, finde ich!), wenn du bei diesem Thema bleibst und dich also quasi selbst darauf beschränkst?

Mögliche Auswege:
- Du gestaltest das gewählte Thema so aus, dass es in sich immer wieder neue Aspekte behandelt, d.h. du legst es eher breit statt tief an (das war meine Strategie).
- Du akzeptierst, dass es vermutlich kein Thema geben wird, das dich über Jahre und ausschließlich dafür brennen lässt - und beschwerst dich selbst nicht mehr mit dem Anspruch, ein solches Thema zu finden. (Ansonsten stimme ich @Wierus zu, dass Interesse am Thema häufig auch mit der zunehmenden Beschäftigung damit wächst. Diese Erfahrung habe ich mit meinem Diss-Thema auch gemacht, das für mich am Anfang eher ein nüchternes "Hm. Naja. Warum nicht?" auslöste als brennende Leidenschaft.)
- Du sorgst rund um die Diss für Themenvielfalt in deinem Leben.
praktikum
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von praktikum »

Eva hat geschrieben:Um noch einen anderen Aspekt in die Beurteilung deiner Problemlage zu bringen: Bist du schon einmal über das Konzept der "Scanner"-Persönlichkeit von Barbara Sher gestolpert? (https://www.amazon.de/musst-nicht-entsc ... 3DKF1J5K3X; s.a. http://www.passionflow.de/bist-du-ein-scanner/).
Will sagen: Vielleicht liegt es gar nicht (so sehr) am gewählten Thema und den äußeren Anforderungen des Wissenschaftsbetriebs, sondern eher an deiner eigenen Persönlichkeit, dass du jetzt das Gefühl hast, "als seien viele weitere Türen zugeschlagen und ich bin nur noch in diesem Raum eingesperrt." (Eine sehr typische Scanner-Aussage, finde ich!), wenn du bei diesem Thema bleibst und dich also quasi selbst darauf beschränkst?
Sorry, aber ich muss da nachfragen: glaubst(!) Du ernsthaft an dieses Zeug? Das Wort "Scanner" beschreibt in dieser frei erfundenen Bedeutung lediglich Eigenschaften eines bestimmten Menschentyps, die man ansonsten (zurecht) eher weniger freundlich beschreiben würde. Dieser Trend, irgendwelche Labels aufzukleben, macht es aber nicht besser.
Man kann an sich arbeiten und dabei vor allem lernen, sich selber einzuschätzen und mit bestimmten Situationen umzugehen. Wenn man das bis zum Ende des Studiums nicht geschafft hat, dann sollte man schnell damit anfangen! Sich hinter irgendwelche Labels zu flüchten verlangsamt nur diesen Prozess.
Eva
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von Eva »

@praktikum: Ich bin stark versucht, dir sehr polemisch zu antworten, aber ich versuche, mich zurückzuhalten ( :roll: :roll: :roll: ).

Also: Glaube ich das wirklich? Ja! Warum? Weil es mir geholfen hat. Wobei? Zu verstehen, warum es mir in der Vergangenheit schwer gefallen ist, dem zu entsprechen, was die Gesellschaft/das System von mir erwartet hat und was einem gehirnwäschemäßig überall eingetrichtert wird: Mich thematisch festzulegen, eine einmal interessant gefundene Sache auf ewig interessant zu finden, mich frühzeitig für eine berufliche Richtung zu entscheiden und dabei dann möglichst bis zur Rente zu bleiben.
Es gibt tatsächlich Menschen, denen das nicht gut gelingt, weil sie sich für viele Dinge interessieren, oder nach einiger Zeit wieder etwas Neues machen wollen, und die sich deshalb schwer tun, sich auf eine Sache festlegen zu sollen. Spätere berufliche Richtungswechsel sind hierzulande ja auch nicht gern gesehen, also habe ich zumindest lange Zeit versucht, krampfhaft das eine Thema/die eine Richtung zu finden, bei der/dem ich beruflich "lebenslänglich" bleiben kann.
Anders als du schreibst, hat es den Prozess für mich nicht verlangsamt, sondern im Gegenteil gerade beschleunigt, als ich von dem "Scanner"-Konzept gehört habe, weil ich damit endlich ein Wort dafür hatte, warum ich in dieser Beziehung anders bin als (offenbar) die Mehrheit der Gesellschaft. Einmal kapiert und akzeptiert, konnte ich meine Energie darauf verwenden, Strategien zu finden, wie ich meinen eigenen Bedürfnissen in dieser Gesellschaft gerecht werde, die mehrheitlich anders tickt und ein anderes Verhalten belohnt (Stichwort Karriere), statt Energie damit zu verschwenden, zu versuchen mich anzupassen und dabei selbst auf der Strecke zu bleiben (und mich ständig zu fragen, was denn bloß mit mir nicht stimmt).
Eigenschaften eines bestimmten Menschentyps, die man ansonsten (zurecht) eher weniger freundlich beschreiben würde
Wie denn? "Ziellos", "weiß nicht, was sie will", "kann sich nicht entscheiden"... Aus dir spricht die Mehrheitsgesellschaft, die abwertet, wenn jemand nicht so funktioniert wie die meisten anderen. Man kann diese Eigenschaften und Bedürfnisse genauso gut positiv beschreiben. Das ist meines Erachtens der Mehrwert an Konzepten wie dem "Scanner": Man versteht besser, wie man tickt und kann dann Wege zu finden, die eigenen Bedürfnisse mit den Anforderungen seiner Umwelt in Einklang zu bringen. Insofern:
Man kann an sich arbeiten und dabei vor allem lernen, sich selber einzuschätzen und mit bestimmten Situationen umzugehen.
stimme ich dir bei dieser Aussage voll zu. Die Vorgehensweise ist halt nicht bei jedem diesselbe.
Penthesilea
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Re: Festlegung auf Promotionsthema... dadurch in diesem einem Thema "gefangen"

Beitrag von Penthesilea »

Hallo ihr Lieben,
zunächst einmal vielen Dank für eure Antworten! Euer Rat hat mir wirklich geholfen.

Das wenigstens prinzipielle "Ja" auf eine der Fragen hilft mir schon mal sehr, indem es mich beruhigt.
Es geht mir ja wirklich darum, wenigstens theoretisch andere Wege offen zu halten und dadurch nicht nur an dem einen Thema kleben zu bleiben.

Praktikums Bezeichnung als "Intellektueller Rosenpicker" trifft es wohl sehr gut. Mein Wunsch war es tatsächlich, dass in meienr Diss von allen das Beste (bzgl meiner Interessen) reinsoll. Vielleicht kann man auch sagen, ich versuche mit meinem Diss.Thema eine eierlegende Wollmilchsau zu finden. D.h. ein Thema, das alle oder wenigstens die meisten meiner Interessen umfasst, welches neu ist und eine große wissenschaftliche und gesellschaftliche Relevanz besitzt. (Ja ich weiß, der Idealismus der Anfänger.. ;)
Die, seit der Festlegung des Diss.-themas, immer deutlicher werdende Erkenntnis - dass die Themenvielfalt eben doch nicht so klappt - ist es nun was mich so beunruhigte. Das war es auch, was ich meinte mit dem Gefühl, eine Tür zu öffnen und dafür alle anderen zu schließen.
Eva hat geschrieben:Will sagen: Vielleicht liegt es gar nicht (so sehr) am gewählten Thema und den äußeren Anforderungen des Wissenschaftsbetriebs, sondern eher an deiner eigenen Persönlichkeit, dass du jetzt das Gefühl hast, "als seien viele weitere Türen zugeschlagen und ich bin nur noch in diesem Raum eingesperrt." (Eine sehr typische Scanner-Aussage, finde ich!), wenn du bei diesem Thema bleibst und dich also quasi selbst darauf beschränkst?
Genau DAS ist es. Du sprichst mir aus der Seele. Ich wusste bisher nicht dass sich das "Scanner" nennt und ich weiß (noch) nicht genug darüber um es evtl glauben zu können. Aber ob dieses Verhalten nun als Personengruppe typisiert ist oder nicht, ich erkenne mich in diesem Verhalten deutlich wieder und vermute durchaus, dass das etwas mit meiner Persönlichkeit zu tun hat. Ich bin schon immer einer der Typen gewesen, die sich für nichts entscheiden konnten und am liebsten auf 5 Hochzeiten gleichzeitig tanzen wollen. Das fängt schon im Alltag an, wenn ich ein neues, teures Produkt ausprobieren will, mich aber partout nicht festlegen kann welche Marke ich will
Meine Lösung war bisher immer Kompromisse: Indem ich mich zwar für Variante A entschieden habe, mir aber wenigstens die theoretische Möglichkeit für B und C offengelassen habe. Um beim Alltagsbeispiel zu bleiben: indem ich eben Produkt A gekauft habe, dabei aber den Hintergedanken hatte, dass ich es ja noch immer zurückgeben kann, wenn es mir nicht gefällt. Meist ergab sich das Problem dann von allein, indem ich am Ende doch bei Produkt A geblieben bin.
Aber genau deshalb waren mir ja meine Fragen sehr wichtig: ich brauchte die nötige Sicherheit, wenigstens theoretisch darauf ausweichen zu können. (Ob ich das wirklich so mache, wird sich noch zeigen :mrgreen: )

Was dabei Praktikums Einwände zu der Zeitfrage angeht:
praktikum hat geschrieben:Aber wieso soll Dich jemand an Deinem Lehrstuhl dauerhaft an solchen Projekten daran arbeiten lassen, wenn es dem Lehrstuhl inhaltlich nichts bringt? Die Zeit interessiert Dich anscheinend nicht ("Ich rede jetzt nicht von dem Zeitaufwand"), aber Deinen DV und Deine Kollegen und Deine Studenten sehr wohl. Die auf Konferenzen gewonnen Kontakte nutzen Dir nur wenig, wenn diese Menschen gar nicht in Deinem eigentlichen Bereich arbeiten.
Der Einwand gilt bei mir zumindest im Moment noch nicht, da ich leider nicht das Glück, (bzw. die Uni nicht das Geld) für eine Anstellung habe. Ich finanziere mir meine Promotion derzeit selbst, durch einen Nebenjob, der aber nix mit der Uni zu tun hat.
Das würde sich höchstens dann ändern, wenn ich mit meiner Bewerbung für das besagte Graduiertenkolleg bzw. für ein Stipendium Erfolg haben sollte. (Bewerbung ist zur Zeit allerdings noch in Vorbereitung) Gerade das Graduiertenkolleg wäre ideal für mich, denn dieses widmet sich nun allerdings einem Forschungsbereich ("Dt. Romantik") für das ich mich sehr begeistere. Auch mein aktuelles Diss.-Thema bewegt sich innerhalb dieses Bereiches, es umfasst nur eben nicht alle die einzelnen Gebiete darin, die mich faszinieren.
Und gerade weil die Bewerbungsfrist relativ bald ist (in 2 Monaten) wäre es etwas schwierig, das Thema zu wechseln, da ich schließlich auch ein vernünftiges Expose bis dahin haben will.
FerdiFuchs hat geschrieben:Ein besserer Zeitpunkt um an anderen Themen zu arbeiten ist, wenn du bereits 1,5 bis 2 Jahre an deinem Promotionsthema gearbeitet und erste Erfolge erzielt hast:
Das war ja von mir tatsächlich so gedacht, und ich habe ohnehin vor, bzw. bin auch schon daran, mich in mein aktuelles Thema besser einzuarbeiten. Allerdings hatte ich mich bisher nicht getraut,mich so "richtig" darauf einzulassen, gerade weil ich Angst hatte, dadurch sozusagen anderes zu verpassen, das besser sein könnte. Ich hatte bisher - ohne Klärung meiner Fragen - immer Angst gehabt, dass ich meine Zeit "verschwenden" könnte, indem ich in vielleicht einem Jahr oder ein paar Monaten etwas anderes interessanteres finden könnte.

Ich werde wirklich mal versuchen, mir für eine Weile die Scheuklappen aufzusetzen und mich ernsthaft nur mit diesen einen Thema zu beschäftigen. Denn eigentlich hoffe ich ja schon, dass mehr daraus wird, genau wie Caipirinha11085 es beschrieb:
caipirinha11085 hat geschrieben:Im Laufe deiner Diss werden dir aber zu deinem Thema schon so viele (Neben)schauplätze auffallen, die mit deinem Thema zusammenhängen, dass du vermutlich eher über die schreiben wollen wirst.
Potential dazu sehe ich in meinem Thema auf jeden Fall. denn meinen Interessenbereich trifft es ja schon, nur eben nicht in allen Punkten....
Aber mir ist auch schon klar, dass ich trotzdem noch streng mit mir ins Gericht gehen muss (und werde), ob es ernsthaft das Richtige für mich ist. Ich hoffe auch das während der Ausarbeitung zu erfahren. Und wenn dem nicht so ist - dann eben Wege finden es auszuweiten, durch einer leichten Verlagerung des Schwerpunkts oder sei es auch nur durch kleinere "Exkurse", sofern dies natürlich machbar ist.
Trotzdem bin ich momentan sehr beruhigt und optimistisch, einfach durch das Wissen, dass es noch theoretische Nebenwege gibt. Und gerade diese Beruhigung gibt mir das Gefühl, dass ich vielleicht nur wegen der Angst, etwas zu verpassen, so unmotiviert über mein Thema war. Ich komme mir ein wenig vor wie ein Kind, welches das Kuchenstück auf dem eigenen Teller nicht zu würdigen weiß, weil es ständig zu den Kuchenstücken anderer hinschielt. :lol:
Naja, ob dem wirklich so war, werde ich ja in den nächsten Wochen herausfinden.
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