Verwendung von Primärdaten

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Sabine_B
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Verwendung von Primärdaten

Beitrag von Sabine_B »

Hallo,

ich wende mich heute an euch, weil ich im Moment etwas ratlos bin. Folgende Situation:
Ich schreibe eine Arbeit, die eine spezifische Fragestellung auf unterschiedliche Objekte anwendet mit dem Ziel diese dann zu vergleichen. Von einigen Objekten habe ich Zugang zu Primärdaten, also die Rohdaten einer Dokumentation. Die Daten habe ich mir "selbst" verschafft, indem ich auf die verschiedenen Projekte zugegangen sind, die die Objekte erforschen. Ich stecke schon mitten in der Analyse, die eigentlichen Daten habe ich also schon.

Seit diesem Herbst habe ich ein Promotionsstipendium. Nun hat sich herausgestellt, dass es an der gleichen Fakultät eine weitere Person gibt, die eines meiner Objekte unter der gleichen Fragestellung untersucht, aber ohne das Ziel, diese mit anderen Objekten zu vergleichen (jedenfalls nicht in dem Maße wie ich es tue). Der anderen Person wurden nun ebenfalls die Primärdaten zur Verfügung gestellt, die hat jedoch über ein Jahr nach mir damit begonnen.
Nun ist der Betreuer der zweiten Person derjenige, der auch mir die Daten zur Verfügung gestellt hat - d.h. seine Priorität liegt nun bei Person 2. Durch den Buschfunk wurde an mich herangetragen, dass ihm damals nicht bewusst war, wie meine Fragestellung im Detail aussieht und er dann heute nicht wissen konnte, dass sich die Themen dadurch erheblich überschneiden. Folglich versucht er jetzt mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. Durch den Emailverkehr kann ich jedoch aufzeigen, dass ich alles immer klar und offen kommuniziert habe.

Heute erreicht mich dann eine Email, dass ich zum Gespräch mit dem Vorgesetzten des Daten-Zur-Verfügung-Stellenden gebeten werde, um die Angelegenheit zu besprechen bzw. mich zu rechtfertigen. Anscheinend hätte dieser Vorgesetzte darüber informiert werden müssen, dass ich Zugang zu den Daten erhalten habe - was der Daten-Zur-Verfügung-Stellende nicht getan hat. Folglich wird mir nun unterstellt, dass ich auf den Vorgesetzten hätte zugehen müssen - ich bin jedoch davon ausgegangen, dass der Zugang mit allen Stellen abgeklärt war.

Natürlich ist so eine Mehrfachvergebung von SEHR ähnlichen Themen eine reine Katastrophe und jeder sieht das "Alleinstellungsmerkmal" seiner Arbeit in Gefahr. Dementsprechend aufgeheizt ist die Stimmung. Es gibt noch viel mehr Umstände, die die Sache verkomplizieren, aber was ich hier im Forum fragen möchte ist Folgendes:

Wer hat wann das Recht welche Daten zu nutzen? Gibt es ein Protokoll das man Einhalten MUSS? Und wenn es nicht schriflich formuliert ist, wie das Prozedere auszusehen hat, sie ist der Usus?
Muss der Datennutzung bzw. "zur Verfügung"-Stellung eine schriftliche Vereinbarung vorausgehen? (eine mündliche und eine in einer Email habe ich nämlich)
Gibt es irgendwo gut formulierte Richtlinien zur Verwendung von solchen Roh-Daten? (In meinem Forschungsfeld an sich (Kultur- & Geisteswissenschaften) gibt es nur schwammige Formulierungen)
Wer kann in solchen Fragen bei der Universität ein Ansprechpartner sein? (Der Prodekan für Forschung meiner Fakultät kommt leider hier nicht in Frage, da er selbst "Betroffener" ist.)

Ich hoffe, ich habe mein Problem nicht zu "schwammig" formuliert - wollte aber auch in diesem Rahmen hier nicht mit Interna aufwarten. Im Moment habe ich das Gefühl, dass ich bei dem akademischen Kräftespiel unter die Räder gerate und mir der Zugang zu den Rohdaten entzogen wird. Auch wenn ich die sog. älteren Rechte habe, bin ich meiner Meinung nach derzeit in einer schwächeren argumentativen Situation.
Ich freue mich auf Tipps, Gedanken und Anregungen!
flip
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Re: Verwendung von Primärdaten

Beitrag von flip »

Ach Gott, sorry - aber das klingt schon wieder nach Biologie/Max-Plank-Massenbetrieb in Arbeitsgruppen mit allem was dazugehört.

Der "Betreuer" der zweiten Person ist nicht dein Betreuer?
Der Betreuer ist nicht Professor sondern Post-Doc?
Was genau für eine Rolle spielt der Vorgesetzte? Das ist der Prof?
Und wer ist dein Betreuer?
Wie genau hast du dein Stipendium erhalten? Da muss doch auch so etwas motiviert sein?

Fragen über Fragen... ;)

Heute erreicht mich dann eine Email, dass ich zum Gespräch mit dem Vorgesetzten des Daten-Zur-Verfügung-Stellenden gebeten werde, um die Angelegenheit zu besprechen bzw. mich zu rechtfertigen. Anscheinend hätte dieser Vorgesetzte darüber informiert werden müssen, dass ich Zugang zu den Daten erhalten habe - was der Daten-Zur-Verfügung-Stellende nicht getan hat. Folglich wird mir nun unterstellt, dass ich auf den Vorgesetzten hätte zugehen müssen - ich bin jedoch davon ausgegangen, dass der Zugang mit allen Stellen abgeklärt war.
Um es kurz zu machen, bei so etwas kannst du nur verlieren, solange nichts verschriftlicht ist.
Sabine_B
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Re: Verwendung von Primärdaten

Beitrag von Sabine_B »

Vielen Dank für die erste Rückmeldung - und ja, es stellt sich gerade die Frage, was hätte verschriftlicht werden MÜSSEN und reicht hierbei auch eine Email?
Zu den gestellten Fragen:

Der "Betreuer" der zweiten Person ist nicht dein Betreuer? --> nein, es ist ein anderer
Der Betreuer ist nicht Professor sondern Post-Doc? --> Wenn du den "Daten-zur-Verfügung"Stellenden meinst, dann nein, er ist Post-Doc bzw. Projektleiter des Daten-bringenden-Projekts; ansonsten sind alle anderen Betreuer Professoren (ich habe drei :-) )
Was genau für eine Rolle spielt der Vorgesetzte? Das ist der Prof? --> Der Vorgesetzte ist ein Direktor einer ganzen Abteilung in einer nationalen und internationalen Forschungseinrichtung.
Und wer ist dein Betreuer? --> Mein Betreuer ist an der Universität und nicht direkt in dem Feld tätig, aus dem die Daten stammen. Der Betreuer (Prof.) der anderen Person hingegen schon, was als Argument genutzt wird um die Daten für sich zu beanspruchen. Da ich aber eine interdisziplinäre Analyse durchführe, wäre sowas dann in der Forschung überhaupt nicht mehr möglich - dieser Logik mal folgend.
Wie genau hast du dein Stipendium erhalten? Da muss doch auch so etwas motiviert sein? --> mein Stipendium habe ich über eine freie Bewerbung an einer Graduiertenschule erhalten.

Im Moment steht also im Raum, dass ich die Daten unrechtmäßig verwendet habe, was nicht nur meiner Arbeit und meinem Zeitplan schaden würde, sondern auch meinem Ruf in der akademischen Welt. Daher die Frage nach dem rechtlichen Aspekt - wer hat wann was machen müssen, wie ist der Usus? Vielleicht kennt sich hier ja jemand aus oder hat ähnliches erlebt?
flip
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Re: Verwendung von Primärdaten

Beitrag von flip »

Ok, ich fasse mal einfach zusammen..

Du bekommst von Post-Doc Daten für ein Thema.
Post-Doc verpennt den Inhalt deiner Diss.
Ähnliches Thema wird an weitere Person vergeben.
Post-Doc muss sich nun vor Prof rechtfertigen warum es auf einmal zwei Leute gibt.

Korrekt?

Was genau erhoffst du dir jetzt von den belegen via Email oder sonstiges. Das du länger an dem Thema bist du die andere Person gefälligst aufhören soll? Du schreibst nichts über deren Anstellungsverhältnis. Wie wäre es mit einem Runden Tisch mit Prof (also Direktor), Post-Doc, dir und dem anderen Doktoranden?

PS: Es gibt eine Zitierfunktion. Die macht vieles einfacher. :blume:
barbara
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Re: Verwendung von Primärdaten

Beitrag von barbara »

Zur rechtlichen Situation kann ich nichts sagen, aber zur menschlichen.

Vorgesetzte wollen Lösungen, nicht Probleme (bin selber eine Vorgesetzte). Der PostDoc hat es versemmelt und er ist im Rechtfertigungszwang. Am einfachsten, er findet einen Schuldigen (z.B. Dich).

Ein Ausweg ist der runde Tisch.

Du nimmst vorher Kontakt mit dem anderen Doktoranden auf. Ihr grenzt eure Themen ab, vereinbart wer was warum aus den Daten verwendet. Es wäre ein seltsam eng gefasstes Thema, wenn es hier keine Ausweichmöglichkeiten gäbe. Was den meisten Doktoranden verwehrt bleibt: Ihr habt jetzt beide einen fachkundingen Sparringspartner. Falls es tatsächlich einen unvermeidlichen Kern sehr ähnlicher Arbeit gibt, schreibt ein gemeinsames Paper, dass ihr dann beide in euren Arbeiten zitieren könnt.

Mit diesem Konzept geht ihr zum PostDoc. Er hat dann noch die Möglichkeit, so zu tun als ob ihm von Anfang an klar war, wie die beiden Themen aneinander vorbeikönnen.

Schade ist allerdings, dass es offensichtlich bereits Streit gibt, das Kind ist also schon ein bisschen im Brunnen.
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
Dell
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Re: Verwendung von Primärdaten

Beitrag von Dell »

Du hättest dich natürlich an den Leiter der Gruppe (Prof) wenden müssen. Ein Postdoc kann eine solche Entscheidung nicht verbindlich treffen.
Dann hätte das in Schriftform (darum kümmern sich normal Spezialisten im Hause) gehört welche Daten du bekommst, für welchen Zweck diese verwendet werden dürfen und wer welche Rechte wofür und an was er/hält). Das ganze unterschrieben von Berechtigten (Contractsmanagement, Prof/Direktor).
Sabine_B
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Re: Verwendung von Primärdaten

Beitrag von Sabine_B »

Vielen Dank für die zusätzlichen Antworten. Mittlerweile haben sich viele Dinge klären lassen und wir Doktoranden versuchen nun uns inhaltlich voneinander abzugrenzen.

Für mich steht nun im Raum, dass ich eine schriftliche Vereinbarung mit den Datengebenden-Projektleuten aushandeln muss. Hat vielleicht jemand einen Vorschlag, wie eine solche Vereinbarung auszusehen hat oder es sogar Vorlagen gibt? Vom Projekt selbst und unseren jeweiligen Institutionen gibts da leider nichts...
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