Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Gesperrt

0
Keine Stimmen
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 0

liwona90
Beiträge: 11
Registriert: 02.12.2017, 16:43
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 1 Mal

Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von liwona90 »

Hi!

Kurz zu mir: Gestern hatte ich meinen ersten Tag in meiner Doktorandenstelle (Biologie), auf die ich mich natürlich wahnsinnig gefreut habe. Wegen Unibürokratie habe ich einige Monate nach Masterabschluss darauf warten müssen und die Vorfreude war groß und meine Erwartungen wurden sogar übertroffen. Super liebe Leute, meine DM mega nett und hat mir 1000 Merkblätter zur Hilfe für meine Diss gegeben und zum Einleben in die tolle AG. Bin also sehr zufrieden und glücklich ...

... und heute morgen die Ernüchterung durch einen positiven Schwangerschaftstest :/ Das kam recht überraschend, eigentlich war ich gar nicht so viel drüber und der Test war nur aus einem "Bauchgefühl" heraus. Mein Freund freut sich sehr und ich eigentlich auch, und ich bin mir auch sicher, dass meine DM und die AG damit umgehen kann (gab hier ja schon mal nen Beitrag "schwanger Promotion beginnen"), jedoch will ich mein Projekt machen :/ und da ich mit Tieren arbeite, könnte das ein Problem werden, aber nur könnte, denn es gibt leider nur schwammige und unzureichende gesetzliche Vorschriften, die alle irgendwie nicht passen.

Die genaue Tierart möchte ich nicht nennen, da zu hoher Wiedererkennungswert, aber es sind weder die "klassischen" (Mäuse, Ratten Kaninchen) noch die, bei denen Tierschützer gleich nen Puls von 180 kriegen (Hunde, Katzen, Affen), aber dennoch felltragende Haustiere ("... formus domesticus), also keine genetisch veränderten oder speziell gezüchteten.

Meine Arbeit beschränkt sich auf die Erstellung von Ethogrammen bei Veränderung der Umwelt der Tiere + Blutabnahme (Cortisolmessung). Dass ich als Schwangere nicht mit spitzen Gegenständen und Blut in Kontakt kommen darf, ist klar geregelt. Dafür steht meinem Projekt sogar eine HiWi zu, der mir Arbeit abnehmen soll - kann der das Blut abnehmen. Allerdings besteht Schwammigkeit bei der Definition vom Handling. Tierarzthelferinnnen zum Beispiel dürfen Tiere ja auch auf dem Behandlungstisch halten. Ich müsste beim Blutabnehmen assistieren und das Tier halten, sowie meine Tiere von ihrem gewohnten Umfeld in ein präpariertes setzen, beobachten, an manchen Tagen Blut abnehmen (lassen) und nach einiger Zeit wieder zurücksetzen. Ein Tier wiegt max. 1.2 kg, also nicht sehr schwer und auch machbar für eine schwangere. Und super lieb und Pflegeleicht sind die auch, also von wegen austreten oder so, das passt physiologisch schon mal nicht :) Bei Kaninchen wäre das sicher was anderes.

Daher meine Frage an dieses Forum, ob jemand Erfahrung mit Ausnahmereglungen hat - ich sehe beim besten willen keine der Vorgaben erfüllt, mit denen ein "Beschäftigungsverbot" zu begründen wäre, außer, dass es sich technisch gesehen um "Versuchstiere" handelt. Sie können beißen - aber dafür gibt es speziell dicke Handschuhe. Kittel + Mundschutz ist eh Pflicht.
Sind das die in allen Merkblättern erwähnten "Schutzmaßnahmen"? Die Blutproben lassen sich auch einfrieren bei -80°C und die kann ich nächstes Jahr auswerten, auch wenn das nicht so genaue Ergebnisse liefert fürchte ich...

Außerdem meine ich, bei den S1 Belehrungen aus dem Master aufgeschnappt zu haben, dass auf Wunsch der Schwangeren auch Ausnahmen gemacht werden können. Es gibt ja auch welche, die in einem S1 Labor schwanger arbeiten, obwohl das erstmal ja auch verboten ist. Und mein Arbeitsplatz ist weit weniger gefährlich als der von einer, die mit E.Coli arbeitet ...

Also: Sorry für den langen Post und nochmal zum Verständnis: Es geht mir vor allem um Erfahrungen mit Ausnahmeregelungen bei Laborarbeit/ Arbeit mit Tieren. Ein paar Tipps würden mir vielleicht ein besseres Gefühl geben, wenn ich nächste Woche dann meiner DM die Sache beichten muss ...
BlueBerry
Beiträge: 140
Registriert: 18.06.2016, 21:49
Status: indenStartlöchern
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von BlueBerry »

Liebe Liwona,

ich meine, gerade erst gelesen zu haben dass bald eine Gesetzesänderung eintritt, bei der kein Beschäftigungsverbot mehr gegen den Willen der Schwangeren ausgesprochen werden darf. Ich weiß da selbst nichts genaueres, aber schau da doch mal nach, vielleicht trifft es auf dich zu.

Und dann könnte es auch sein, dass du durch das WissZVG einfach die ausgefallene Zeit hinten angehängt bekommen könntest, beim Mutterschutz ist das ja auch so (da bin ich leider auch nicht 100% sicher).

Ich habe gerade erst meine erste Schwangerschaft hinter mich gebracht in der es einige Probleme gab. Ich war leider gar nicht mehr so belastbar wie vorher. Iwünsche dir natürlich das Beste, möchte dir aber auch raten dir nicht zu viel vorzunehmen. Wenn sich dein Projekt etwas verzögert, nimms nicht zu schwer, aufgeschoben ist nicht aufgehoben!

Alles Gute!
Sebastian
Admin
Beiträge: 1973
Registriert: 30.08.2006, 12:41
Status: Schon länger fertig
Hat sich bedankt: 31 Mal
Danksagung erhalten: 53 Mal
Kontaktdaten:

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von Sebastian »

BlueBerry hat geschrieben:ich meine, gerade erst gelesen zu haben dass bald eine Gesetzesänderung eintritt, bei der kein Beschäftigungsverbot mehr gegen den Willen der Schwangeren ausgesprochen werden darf. Ich weiß da selbst nichts genaueres, aber schau da doch mal nach, vielleicht trifft es auf dich zu.
Damit dürfte das Mutterschutzgesetz gemeitn sein, dessen Änderungen zum Teil bereits gelten und im Übrigen zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.
Zu finden im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017 Teil I Nr. 30 vom 29. Mai 2017, S. 1228ff
(und falls der Link mal nicht mehr funktionieren sollte: Alle zugehörigen Materialien gibt es beim Deutschen Bundestag
Spannend wird es wohl ab § 11 - aber mit den Gefahr- und Biostoffklassen kenne ich mich leider überhaupt nicht aus.
liwona90
Beiträge: 11
Registriert: 02.12.2017, 16:43
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von liwona90 »

Hi!

Vielen lieben Dank für die schnellen Antworten den Link!
Dass das Mutterschutzgesetz überarbeitet wurde/wird, hatte ich nicht gehört und bin daher nicht auf die Idee gekommen, da weiter nachzuforschen. Aber das klingt schon mal vielversprechend, da fällt mir ein kleiner Stein vom Herzen.
Die Zeit kann ich bestimmt anhängen, da die Mittel ja nicht abgerufen werden, sollte es ein BV geben - ist ja nur mein Projekt, mal abgesehen von dem HiWi, der noch nicht existiert ... das lässt sich bestimmt planen. Oder sonst wie durch eine Verlängerung oder einen zusätzlichen Antrag regeln, falls nötig, da bin ich zuversichtlich, dass mir was einfällt im Falle eines Falles. Und ich werde mit meiner DM ja erst planen und dann finden wir bestimmt ein Pensum, dass nicht zu viel ist. Mir ist es halt auch wichtig, dass ich in der AG irgendwas machen kann, gerade auch, weil ich mit meinem Freund vor 3 Monaten erst hergezogen bin und noch 0 soziale Strukturen bestehen. Familie, Freunde, alles 300 km weit weg nun.

Ich würde die Tage noch mal posten, was sich ergeben hat.
Also Danke nochmal :-)
daherrdoggda
Beiträge: 352
Registriert: 16.08.2015, 21:28
Status: rer nat
Wohnort: USA
Hat sich bedankt: 33 Mal
Danksagung erhalten: 36 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von daherrdoggda »

Ich denke, da geht es eher um allgemeine Laborrisiken, v.a. mit teratogenen/cancerogenen Chemikalien. Wenn ihr z.B. Gelelektrophorese mit EtBr macht, koennte das ein Problem sein.
liwona90
Beiträge: 11
Registriert: 02.12.2017, 16:43
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von liwona90 »

Okay, aus den paar Tagen sind ein paar Monate geworden ... sorry 4 that!

Ich wollte ein kurzes Feedback geben, wie es denn nun geregelt wurde.
Nämlich gar nicht.
In unserer eigenen Betriebsanweisung steht, das "Schwangere ud Stillende Frauen" die Tierhaltungsräume nicht betreten dürfen. Damit hätte sich eigentlich ein Beschäftigunggsverbot ergeben, allerdings ist diese Betriebsanweisung erst 3 Wochen vor dem Mutterschutz aufgetaucht. Ich sollte rückwirkend eine Erklärung unterschreiben, die meine Freiwilligkeit und bekräftigt und dass mir meine Frauenärztin bestätigt hätte, die Arbeit sei unbedenklich.
Meine Frauenärztin hat gelacht und mich darauf hingewiesen, dass der Betriebsarzt das zu beurteilen habe.
Jener hat weder mich noch unsere Räumlichkeiten gesehen.
Für die Leute vom Arbeitsschutz hat meine DM zu Beginn der Schwangerschaft den Fragebogen selbst ausgefüllt - alles so angekreuzt, dass keine Bedenken aufkommen konnten und auch von denen niemand hier war.
Ich habe zudem keinen HiWi bekommen, der die Arbeiten übernimmt, die ich aufgrund der Schwangerschaft nicht machen durfte (Blutabnehmen zum Beispiel). Wenn ich mich viel Bücken oder schwere Dinge heben sollte, musste ich mir immer Hilfsmittel besorgen oder jemenden suchen - ich wurde nicht generell von Tätigkeiten frei gesprochen, die genau das erforderten. Die quasi permanente Abhängigkeit von meinen Kollegen hat sich nicht positiv auf das Betriebsklima ausgewirkt.

Ich hatte natürlich Angst, dass ich meine Stelle verliere und habe mich halt so durchgeschlagen. Die gute Nachricht: abgesehen von extremer psychischer Belastung durch Kollegen, die körperlich anstrengende Arbeit und den Hitzsommer 2018 habe ich alles gut überstanden und eine gesunde und fröhliche Tochter zur Welt gebracht. Mein Vertrag wird um die Zeit von Mutterschutz und Elternzeit verlängert (relativ unkompliziertes Verfahren der DFG)

Was ich gelernt habe, was ich hätte besser machen können: (Damit dieser thread auch einen Nutzen hat):
Ich hätte meine Schwangerschaft auch selbst bei der Stelle für Arbeitssicherheit der Universität anzeigen können/sollen. Meine Chefin hatte zwar gesagt, ach, brauchst du nicht, wir regeln das schon, aber das ist in einem arbetisrechtlichem Desaster geendet. Man stelle sich vor, es wäre tatsächlich was passiert ...
Übrigens ist meine Chefin Gleichstellungsbeauftragte des Fachbereiches ... Ich hätte mich schon an die "große" Gleichberechtigungsstelle wenden müssen, aber dann wäre das Vertrauensverhältnis gleich hin.

Im Übrigen waren meine Befürchtung, meine Stelle zu verlieren, wohl berechtigt, denn arbeitsrechtlich geht hier der Punk ab ... Gerade ist eine unerfahrene Masterabsolventin aus ihrer 1-jährigen Projektstelle, äh, "gequatscht" worden. Eigentlich geht ihr Vertrag bis 31.12., hatte aber jetzt woanders eine Doktorandenstelle gefunden, die sie zum 1.9 antritt. Fair wie sie war, hat sie das den Profs sofort erzählt und nicht bis Ende Juli mit der Kündigung gewartet. Flugs wurde sie von ihren Aufgaben entbunden (ergänzungsexperimente zu ihrer Masterarbeit) und mit dem Argument, dass es ja eine projektorientierte Stelle sei, müsse sie sofort kündigen (mit der 4 Wochen frist zu Ende Juni). Denn sie mache ja nun keine Experimente mehr und die Stelle soll von jemandem besetzt werden, der ihre Arbeit fortführe. Jetzt sitzt sie 2 Monate auf dem Trockenen. Und sie war eine der besten, die über 2,5 Jahre in der AG gearbeitet hat: Als Hiwi, als Bachelorkandidatin, als Masterandin.
Jamilyn
Beiträge: 23
Registriert: 06.05.2019, 14:54
Status: eingereicht
Hat sich bedankt: 24 Mal
Danksagung erhalten: 7 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von Jamilyn »

Glückwunsch zum Nachwuchs :blume:

Wie kommts, dass du nicht beim Betriebsarzt warst? War da auch die Chefin dagegen? Meine Kolleginnen sind da sofort hingeschickt worden, um zu prüfen, ob sie Anspruch auf zusätzlicher Vorsorgeuntersuchungen wegen der Laborarbeit hätten.
liwona90
Beiträge: 11
Registriert: 02.12.2017, 16:43
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von liwona90 »

Jamilyn hat geschrieben: ↑16.06.2019, 13:45 Glückwunsch zum Nachwuchs :blume:
Danke sehr :heart:
Jamilyn hat geschrieben: ↑16.06.2019, 13:45 War da auch die Chefin dagegen?
Dagegen ist das falsche Wort, sie hat sich "dumm" gestellt, als wäre ihr nicht bekannt, was in so einer Situation zu wäre, hat mit Sprüchen wie "ach, was soll der Betriebsarzt hier schon groß machen?" und "Das wäre nur unnötiger bürokratischer Aufwand" mich davon abgehalten, weiter darauf zu drängen. Ich bin jemand, der erstmal nur das Gute in Menschen sieht und wollte lange nicht glauben, dass es anders wäre. Aber ehrlich gesagt sollte die Gleichstellungsbeauftragte eines Fachbereiches schon wissen, was im MuSchG drin steht ... Ich war ja auch in der blöden Situation, dass ich gerade erst angefangen hatte und mich nicht so wirklich getraut habe, dagegen zu argumentieren.

Nach einigen Gesprächen mit ehemaligen Doktorandinnen, die hier auch schwanger geworden sind (allerdings erst in der Endphase), bin ich inzwischen zur Überzeugung gekommen, dass das System hat. Achja, in diese "Lügengeschichten/Unwissenheitsbehauptungen" reiht sich ein, dass es jetzt so dargestellt wird, dass ich keine Vertragsverlängerung bekomme, angeblich weil ich DFG finanziert bin. Das wäre nicht möglich. Der Postdoc meines (externen) Prüfers, mit dem ich zusammenarbeite und der 25 Jahre Berufserfahrung hat und ich sind überzeugt, dass das aufgrund der Schwangerschaft so dargestellt wird, denn man kann zumindest versuchen, mit einem Erweiterungsantrag noch ein oder zwei Jahre Verlängerung zu bekommen (meine Chefin lehnt allein den Versuch schon ab).

Ich vermute, man möchte vermeiden, dass ich noch mal hier schwanger werde, um möglichst wenig bürokratischen Aufwand zu haben oder als Bestrafung/gezogene Konsequenz, dass ich es gewagt habe, neben der Doktorandenstelle ein Privatleben zu haben. Denn bei anderen Projekten ist es plötzlich kein Problem, Gelder zu beschaffen mit Projekterweiterungsanträgen oder wie beim Liebling des Chefs, einfach mal eine komplett neue PhD-Stelle mit ihr besetzen. Da hat es eine Doktorandin in 4 Jahren nicht geschafft ein einziges Paper zusammenzubasteln, aber genug Zeit an ihren Instagramstorys zu arbeiten :roll: Und jetz tnochmal 3 Jahre Zeit bekommen, ohne auch nur einen einzigen Versuch durchzuführen ... Ich mein, ist auch nicht geil, spo lange an der Diss zu arbeiten, aber besser, als es unentgeltlich oder neben dem nächsten Job nebenbei zu machen.

Weniger beliebten Doktoranden wird dann gesagt: Nach drei Jahren kannst du ja auch ALG1 beantragen und dann hast du ja ein Jahr, um in Ruhe zu Ende zu schreiben. So passiert, als ich angefangen hatte.
Für nicht-Biologen: Es ist fast unmöglich in 3 Jahren zu promovieren, zumindest nicht, wenn man Tierversuche macht. Ä'nderungsgenehmigungen können das Projekt mal eben für ein halbes Jahr lahmlegen, zum Beispiel weil man den Zeitpunkt eines Testes verschieben will oder man einen anderen oder zweiten Haltungsraum braucht. 4,5-5 Jahre ist der Schnitt.

Ich weiß, dass ich nicht unentgeltlich arbeiten werde - oder auf Kosten der Allgemeinheit. Also entweder findet sich vllt mit meinem Zweitprüfer eine Lösung, oder ich habe halt drei Jahre als Wissenschaftliche Mitarbeiterin Berufserfahrung gesammelt. Dann eben ohne Dr. am Ende - oder so in 10 Jahren, wenn ich genug Zeit hatte, nebenbei den Schreibkram zu erledigen.
spirograph
Beiträge: 175
Registriert: 21.02.2018, 15:58
Status: gut dabei
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 27 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von spirograph »

Hi liwona90,

beim Lesen deiner Nachricht blinkte mein Hirnflipper: "Gut, dass Du es so <weit> siehst, wie Du es siehst!". Will sagen, Du nimmst das mehr oder minder entspannt hin; verzweifelst jetzt nu nich, weil keine Verlängerung ins Haus steht...das ist gut, das so zu sehen, also nicht enggeführt, sondern weit, bisschen relaxt. Du hängst nicht an dem Bums und verfällst dadurch iwie in Bedrängung und <Enge>. Sei bloß froh, dass Du das so intuitiv erwachsen und abgegrenzt sehen kannst. Top! :wink:

Zu deinen Zeilen:
liwona90 hat geschrieben: ↑19.06.2019, 11:13 Dagegen ist das falsche Wort, sie hat sich "dumm" gestellt, als wäre ihr nicht bekannt, was in so einer Situation zu wäre, hat mit Sprüchen wie "ach, was soll der Betriebsarzt hier schon groß machen?" und "Das wäre nur unnötiger bürokratischer Aufwand" mich davon abgehalten, weiter darauf zu drängen. Ich bin jemand, der erstmal nur das Gute in Menschen sieht und wollte lange nicht glauben, dass es anders wäre. Aber ehrlich gesagt sollte die Gleichstellungsbeauftragte eines Fachbereiches schon wissen, was im MuSchG drin steht ... Ich war ja auch in der blöden Situation, dass ich gerade erst angefangen hatte und mich nicht so wirklich getraut habe, dagegen zu argumentieren.
Check. Kenn ich.
liwona90 hat geschrieben: ↑19.06.2019, 11:13 Ich vermute, man möchte vermeiden, dass ich noch mal hier schwanger werde, um möglichst wenig bürokratischen Aufwand zu haben oder als Bestrafung/gezogene Konsequenz, dass ich es gewagt habe, neben der Doktorandenstelle ein Privatleben zu haben. Denn bei anderen Projekten ist es plötzlich kein Problem, Gelder zu beschaffen mit Projekterweiterungsanträgen oder wie beim Liebling des Chefs, einfach mal eine komplett neue PhD-Stelle mit ihr besetzen. Da hat es eine Doktorandin in 4 Jahren nicht geschafft ein einziges Paper zusammenzubasteln, aber genug Zeit an ihren Instagramstorys zu arbeiten :roll: Und jetz tnochmal 3 Jahre Zeit bekommen, ohne auch nur einen einzigen Versuch durchzuführen ... Ich mein, ist auch nicht geil, spo lange an der Diss zu arbeiten, aber besser, als es unentgeltlich oder neben dem nächsten Job nebenbei zu machen.
Check. Kenn ich.
liwona90 hat geschrieben: ↑19.06.2019, 11:13 Weniger beliebten Doktoranden wird dann gesagt: Nach drei Jahren kannst du ja auch ALG1 beantragen und dann hast du ja ein Jahr, um in Ruhe zu Ende zu schreiben. So passiert, als ich angefangen hatte.
Für nicht-Biologen: Es ist fast unmöglich in 3 Jahren zu promovieren, zumindest nicht, wenn man Tierversuche macht. Ä'nderungsgenehmigungen können das Projekt mal eben für ein halbes Jahr lahmlegen, zum Beispiel weil man den Zeitpunkt eines Testes verschieben will oder man einen anderen oder zweiten Haltungsraum braucht. 4,5-5 Jahre ist der Schnitt.
Check. Kenn ich.

Dass ich in/auf Alg1 und/oder 2 promovieren könnte, wurde mir mal von nem Prof gesagt. Oh, da bin ich pampig geworden und er ruderte, "hätte er nich so gemeint". Ja, ja, die Vertragsverlängerungen, hätte ich auch bekommen, wenn ich mich - wie vom Chef mehrfach gefordert - ihm gegenüber "offener genährt" hätte. Einmal stand er abends im Türrahmen meines Büros, es war Winter, dunkel draußen, im Raum nur meine Schreibtischlampe und der Schein vom Desktop, keiner mehr sonst da. Ich dachte nur: "Oh, auf was muss ich mich denn jetzt gefasst machen?". 3. Stock, bisschen hoch für´s Türmen, also sondierte ich mit meinen Augen den Schreibtisch für nen Kuli...hatte ich mal Jahre vorher beim Kampfsport gelernt. Es löste sich alles korrekt auf. Creepy wars allemale.

Er ist bekannt für einschlägige <Verbindungen> mit Studentinnen oder wer auch immer da in sein Raster passt. Das ist die <Welt>. Habsch nich gemacht, so auch keine Verlängerungen. Neuer Job steht anyway - aber: Ich kann u darf als freier Mensch, integer und aufrichtig aus diesem Tollhaus Uni rausgehen. Abends kiek ich in n Spiegel ohne Flackern in den Augen. Das ist viel wert. Nennt sich Frieden. Ich hab mir nüschts vorzuwerfen. Für n Jahr Verlängerung hab ich keinen sell-out machen müssen. Würde behalten und Leichtigkeit. Plus: Es gibt durch diese <Weite> auch keine Fallhöhe. Ich bin nicht gebunden an irgendwelche abwegigen Handlungen, keine Belastung, nicht erpressbar. Ich <kann> meinen Chef nur mit "Hallo" grüßen und in mein Büro verschwinden, leicht lächelnd, ich darf frei handeln. Alles richtig gemacht.

Ich weiß, dass andere Kolleginnen dies anders sehen. Ja, und ihre popligen Verlängerungen bekommen. Ich habe da keinen beef mit. Teuer bezahlt. Stetig gebunden an die Implikationen ihres Tuns. Sich selbst erniedrigt für Kohle...oha. Das macht was mit einem, lange noch, nachdem dieses Jahr Verlängerung durch ist...

Verträge und Kohle kannsch überall kriegen, mal mehr, mal weniger, heija. Aber meine Integrität, Würde, Freiheit, Frieden...

In diesem Sinne! Bleib Du bei deiner wunderbaren gedanklichen Weite!
liwona90 hat geschrieben: ↑19.06.2019, 11:13 Ich weiß, dass ich nicht unentgeltlich arbeiten werde - oder auf Kosten der Allgemeinheit. Also entweder findet sich vllt mit meinem Zweitprüfer eine Lösung, oder ich habe halt drei Jahre als Wissenschaftliche Mitarbeiterin Berufserfahrung gesammelt. Dann eben ohne Dr. am Ende - oder so in 10 Jahren, wenn ich genug Zeit hatte, nebenbei den Schreibkram zu erledigen.
Mach´s halt <nebenbei> zu was Anderem. Aber grade geblieben. Die Schwäche geht krumm. Du wirst so oder so gelenkt u geführt zu einer Stelle, wo Du und nur Du wirken kannst - unanrührbar von den Nasen dort. :-)

Viele Grüße!

spiro
Wie groß ist das Wort Claudels: „La vie, c’est une grande aventure vers la lumiere“ (Das Leben ist ein großes Abenteuer zum Lichte hin)
liwona90
Beiträge: 11
Registriert: 02.12.2017, 16:43
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 1 Mal

Re: Mutterschutz - Individualausnahmen Labor/Tiere

Beitrag von liwona90 »

Hallo spiro,
vielen Dank für deine Worte :)
spirograph hat geschrieben: ↑19.06.2019, 14:22 Für n Jahr Verlängerung hab ich keinen sell-out machen müssen. Würde behalten und Leichtigkeit. Plus: Es gibt durch diese <Weite> auch keine Fallhöhe. Ich bin nicht gebunden an irgendwelche abwegigen Handlungen, keine Belastung, nicht erpressbar. Ich <kann> meinen Chef nur mit "Hallo" grüßen und in mein Büro verschwinden, leicht lächelnd, ich darf frei handeln. Alles richtig gemacht.
so habe ich das noch nie gesehen, aber ja, es stimmt! Wenn man sich nicht verbuckelt für irgendwelche Kleinigkeiten und man bei sich bleibt, lebt es sich leichter und gesünder. Ich hatte bisher immer ein wenig Bauchschmerzen, wenn ich Kontra geben musste, weil ich schon wieder "keinen Respekt zeige" (Zitat DM). Dabei bin ich doch eigentlich ein friedfertiger und harmoniebedürftiger Mensch :( Aber eben auch mir, der Wahrheit und der (von mir empfundenen) Gerechtigkeit verpflichtet. Mein PostDoc von auswärts kennt meine AG schon lange und feiert mich für jede Auseinandersetzung - das gibt Rückhalt :mrgreen:
Aber letztlich ... who cares. Es ist ja auch ihr Projekt und eigentlich sollte sie großes Interesse daran haben, dass ich bei der Stange bleibe und das Ding durchziehe - die DFG sieht es nicht so gern, wenn Doktoranden in den Sack hauen und es fällt immer auch auf den PI zurück. Schließlich will auch sie eine weitere Publikation mit ihrem Namen drauf haben und einen weiteren Namen in ihrer Liste mit erfolgreichen Absolventen. Ist ja nicht so, dass wir Doktoranden nur bekommen - wir bringen ja auch einen "Nutzen". Und gute Mitarbeiter sind heute schwer zu bekommen. Ehrlich gesagt frage ich mich oft, wo der Respekt uns gegenüber bleibt. Muss ja nicht riesig sein, aber ein wenig schon.
spirograph hat geschrieben: ↑19.06.2019, 14:22 Sei bloß froh, dass Du das so intuitiv erwachsen und abgegrenzt sehen kannst.
Das ist auch hart erarbeitet :lol: :lol: ... vor etwas mehr als einem Jahr während der Schwangerschaft konnte ich das noch nicht, da haben mich viele unnötige Sorgen und Ängste umgetrieben. Aber man wächst mit seinen Aufgaben und seinen Herausforderungen, Lebensmittelpunkte verschieben sich.
spirograph hat geschrieben: ↑19.06.2019, 14:22 Dass ich in/auf Alg1 und/oder 2 promovieren könnte, wurde mir mal von nem Prof gesagt.
Scheint ja echt n Ding zu sein. Damit verschieben sie die "Ausbilungskosten" eines Doktoranden in die Sozialkassen und damit auf die Steuerzahler. Mal abgesehen davon, dass ich Haupternährerin bin und es mir mit meiner Familie gar nicht leisten kann, mich in die soziale Hängematte zu legen. Letztes Jahr hat hier auch eine verteidigt, die 2012(!) hier weggegangen ist. Also 6 Jahre nebenbei Paper veröffentlicht und Diss geschrieben.

Was mich ankotzt ist diese scheinheilige Hinterf*tzigkeit, wie sich dann nach der Promotionsverkündung alle in den Armen liegen und sich versichern, wie schön die Zeit war und wie toll man doch alles gemacht hat. Das Mobbing, der unnötige Stress, die Unkollegialität ist plötzlich vergessen. Aber nach dem Sektumtrunk wird wieder gelästert. Wahrlich ein Tollhaus. Nene, ich werd mir meinen Weg suchen und wie du es so schön gesagt hast:
spirograph hat geschrieben: ↑19.06.2019, 14:22 Verträge und Kohle kannsch überall kriegen, mal mehr, mal weniger, heija. Aber meine Integrität, Würde, Freiheit, Frieden...
Habe dem nichts mehr hinzuzufügen.
Gesperrt