Promotion unbezahlt beginnen?

Green Goddess

Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von Green Goddess »

Idealismus wie von Traudel propagiert, schön und gut, aber der Vermieter und Lebensmittelhändler geben darauf keinen Rabatt. Wohlgemerkt bin ich durch 1 Fach gelaufen, das solche "Hehre Wissenschaft! Wer Geld fordert, ist ein(e) Verräter(in) an der reinen Forschung und Lehre"-Allüren -derzeit zumindest- ad acta gelegt hat. Nicht auf Grund höherer Einsicht, sondern wg der Marktlage, die eine Abstimmung mit den Füssen zur Folge hatte. Aber wenn wir das Fähnlein des Idealismus hochhalten wollen, spiele ich (Ja, sehr gekonnt durch viel Übung^^) die Böse und sage, dass jede(r), der/die unbezahlt arbeitet (für das Institut und neben der Diss), ein durch und durch systemerhaltendes Beispiel gibt und sämtlichen NachfolgerInnen schadet. Derartige Ausbeutersysteme können sich nur am Markt halten, wenn es genügend Idealisten gibt! Hat auch etwas mit Tellerrändern und über sie hinausblicken zu tun. Wenn dann in 35-40 Jahren 4 Jahre Beitragszeit zur vollen Rente fehlen, hilft es wenig, auf ein gutes Team und einen verpeilten Prof/Teamleiter zu verweisen, der bis heute noch an den Erfolg seines Antrags glaubt.
Etwas bösartig nachgefragt: Steht in der Selbstverpflichtungserklärung, denn nichts anderes scheint mir der beschriebene einseitig unterschreibbare "Vertrag" zu sein, etwas über Haftung, nur für den Fall der Fälle?

PS
Sollte das beantragte Geld kommen, wer glaubt ihr, wird damit im Zweifel bedacht? Jmd mit unterschriebener "Klar, ich arbeite gratis" Erklärung oder jmd mit "Ich fange sofort an, wenn das erste Gehalt überwiesen ist." Einstellung.
SO(!), nun bin ich wieder lieb. ;)
donkeydoeshisphd
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Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von donkeydoeshisphd »

Sollte das beantragte Geld kommen, wer glaubt ihr, wird damit im Zweifel bedacht? Jmd mit unterschriebener "Klar, ich arbeite gratis" Erklärung oder jmd mit "Ich fange sofort an, wenn das erste Gehalt überwiesen ist." Einstellung.
Ist so. Idealismus lohnt sich selten. Auch z.B. bei Gehaltverhandlungen kann man nur verlieren, wenn man einer zu geringen Bezahlung zustimmt. Man bekommt weniger Geld und oft hat man auch noch das geringere Ansehen beim Chef, weil man seinen eigenen Wert nicht richtig kommunziert hat. Ich kenne mehrere ehemalige Mitstudis, die (promoviert und unpromoviert) im Personalbereich tätig sind und mir das so bestätigt haben. Ja, ich weiß, ist eine unwissenschaftliche Generalisierung von Einzelaussagen, allerdings eine Generalsierung, die m.E. so auch Sinn macht. Das heißt natürlich nicht, dass man auftritt und sagt "Zahl mir was, sonst arbeite ich nicht", sondern eher "Ihrem Lehrstuhl ist xy wichtig, ich bringe genau die Voraussetzung xy mit, die nicht so viele andere Intessenten haben, weil xy. Das kostet Sie etwas, dafür müssen Sie aber nicht länger nach passendem Personal suchen und wissen, dass ich nützlich für den Lehrstuhl bin, da ich xy. Somit ist es in Ihrem Interesse mir etwas zu bezahlen, damit ich Ihr Team verstärke." Wenn das nicht geht, würde ich, wie bereits geschrieben, zur externen Promotion und dazu raten, mir einen Job zu suchen, der vorteilhaft für den CV für künftige Arbeitgeber ist. Du willst ja auch, dass sich die Diss für dich persönlich auszahlt und nicht nur symbolischen Wert hat. Später wirst du auch nicht eingestellt, weil du den Dr. hast, sondern deshalb, weil ein Arbeitgeber denkt, dass er davon profitiert, dir Geld zu bezahlen, weil du dich bewährt oder weil du bestimmte Fähigkeiten im Studium und/oder in der Promotionsphase erworben hast. Sorry, wenn hier der BWLer zu stark durchkam und Subjektivität mit im Spiel war. Ich bin jetzt auch wieder lieb.
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Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von oclock »

Ehrlich gesagt würde ich auch nicht umsonst arbeiten. Vor vielen Jahren hat mir echt mal ein Prof. gesagt, dass ich ja erstmal Arbeitslosengeld beziehen kann und in dieser Zeit versuchen wir einen Antrag zu schreiben und Geld an Land zu ziehen ... Ich habe mich nie wieder bei ihm gemeldet und bin bis heute froh darüber :)

Kannst Du jetzt nicht erstmal nur als "externe" Doktorandin am Lehrstuhl an Deiner Diss arbeiten und wenn Geld da ist, dann als Mitarbeiterin? Oder geht das von der Uni her nicht? Hast Du dem Prof. Deine Lage erklärt, also das Du bald kein Geld mehr bekommst und nicht nur von Luft&Liebe leben kannst? Was sagt er dazu? Kannst Du nicht als "HiWi" oder Lehrbeauftragte oder so vorübergehend Geld bekommen? Wenigstens ein bisschen was?
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Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von caipirinha11085 »

Ich will noch in den Raum werfen, dass einen Arbeitsvertrag zu unterschreiben auch die Grenzen von Arbeit aus reinem Idealismus bei weitem überschreitet. Man bindet sich rechtlich und im schlimmsten Fall hat TE womöglich auch noch Kündigungsfristen einzuhalten und könnte ein besseres Angebot gar nicht annehmen, wenn es sich anböte.
Ich habe ebenfalls extern promoviert und mich mit Stipendien und Nebenverdiensten über Wasser gehalten. Zusätzlich habe ich ehrenamtlich in dem zu beforschenden Feld hospitiert usw. Das ist doch logisch, dass man sich als Doktorand*in oft den Hintern ohne Bezahlung aufreißt... ja, ohne Bezahlung, aber nicht umsonst! Die Kontakte, der Austausch und alle Erfahrungen bringen etwas.
Gewiss ist das alles ne Typsache. Mir ist Geld äußerst unwichtig. Ich lebe auch 5 Jahre nach Abgabe der Promotion wie eine Studentin und gebe nicht viel aus. Ich habe aber auch kein Kind! Muss ich natürlich fairerweise dazu sagen. Dennoch: Insgesamt sind mir die Arbeitsbedingungen wie Verhältnis zum Team, Arbeitsaufgaben, Freiheiten etc. weit wichtiger als das Gehalt.
Ist ja okay, wann man die Möglichkeiten hat, unbezahlt zu promovieren. Wenn man aber vertraglich gebunden ist und daher ggf. nicht mal mehr die Möglichkeit hat, nebenberuflich tatsächliches Gehalt zu erwerben, verstehe ich nicht, wie man das so romantisieren kann. Deine Situation, die du beschreibst, klingt nach einer ganz anderen als der, zu der du TE rätst.
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Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von Wierus »

Green Goddess hat geschrieben:Wenn dann in 35-40 Jahren 4 Jahre Beitragszeit zur vollen Rente fehlen...
... dann ist das nicht so schlimm, hat man doch bis dahin das Renteneintrittsalter auf 70+ erhöht.
Und spätestens ab da sollte man sich weniger über die Rente als über den Rentenanwärter sorgen machen. :wink:

Aber mal im Ernst: Ich frage mich gerade, was das für Einwände sind - vier Jahre Rentenbeitragszahlungen als Kriterium? Ich würde ja eher Betreuungsverhältnis, Prestige von Uni & Betreuern sowie Diss-Thema und Zufriedenheit mit dem Umfeld anführen.

Im Übrigen weiß hier keiner, was denn genau in diesem Vertrag vereinbart ist und wie das Problem mit der nur 'potentiellen' Bezahlung darin festgehalten wird. Also ich würde das alles noch einmal genauer mit dem Betreuer und auch mit einem Promovierenden-Vertreter (bzw. Vertrauensdozent) abklären. Aber irgendwelche verqueren Rentenprobleme wären für mich persönlich das Hinterletzte bei all diesen Überlegungen.
Maara

Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von Maara »

Vielen Dank für die Antworten.

In dem Vertrag ist erstmal nicht festgehalten, dass ich noch irgendwann Geld bekomme, dort steht, dass ich unbezahlt arbeite und wenn Geld vorhanden ist, wird der Vertrag umgeschrieben. Der Grund ist, dass mein Betreuer bisher noch nicht weiß, wann Geld kommen könnte, daher kann er dort nichts festes reinschreiben.

Ich möchte mich auch nicht nur auf das Geld fixieren, wäre mir das so wichtig, dann würde ich in die Wirtschaft gehen und dort arbeiten, da verdient man ja mehr. Wenn ich wüsste, dass ich z.B. nach 6 Monaten mit Sicherheit eine Bezhalung bekomme, wäre das auch in Ordnung, nur ist das alles so ungewiss.
In meinem Umfeld bekomme ich geteilte Meinungen zu hören. Die einen sagen, dass sicher irgendwann Geld kommt und ich das auf jeden Fall machen soll. Die anderen sagen, dass ich mit der Ausbildung schnell einen guten Job finde und ich mich nicht unter Wert verkaufen soll.

Ich werde mich auf jeden Fall noch einmal informieren, ob es irgendwie geht, dass ich extern promoviere, das wäre wahrscheinlich die beste Möglichkeit.
Green Goddess

Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von Green Goddess »

MEA CULPA, MEA CULPA, MEA MAXIMA CULPA!
Es tut mir leid, dass ich die Ironiekennzeichnung für den fraglichen Satz weggelassen habe. Wider besseren Wissens hatte ich unterstellt, dass die hiesige Leserschaft _sämtlich_ in der Lage ware, spätestens aus dem "Prof/Teamleiter, der auch nach 35/40 Jahren noch an den Erfolg seines Antrags glaubt", zu erkennen, dass der Satz nicht 100%ig ernst gemeint ist.
Im Übrigen weiß hier keiner, was denn genau in diesem Vertrag vereinbart ist und wie das Problem mit der nur 'potentiellen' Bezahlung darin festgehalten wird.
Zugegeben, das weiss keiner, aber bis zu einer sehr unwahrscheinlichen letzten Klärung müssen wir wohl auf die Aussagen der TE zurückgreifen. Der thread ist ja nicht so lang, dass du die Stelle nicht finden könntest.

Der Vertrag, ... da stelle ma uns doch janz dumm und fragen 'Watt isse ne Vertrag?" Nach meinem Verständnis eine Vereinbarung zwischen mind 2 Parteien. hmmm, wird schon schwierig. Der Jurist meines Herzens wirft mir grad zu: "... Einigung zwischen mind 2 Parteien, Privatpersonen oder juristische Personen, die jede für sich eine zielgerichtete Willenserklärung abgeben." Schriftform wäre nicht erforderlich, ein Mix, in dem nur eine Partei sich schriftlich bindet, die andere mit mündlichen Absichtserklärungen agiert, wäre nur schwer als gültiger Vertrag zu deuten, sondern eher als einseitige Absichtserklärung/Selbstverpflichtung.

Ich hoffe, meine Erwiderung liest sich nicht zu sanft, sondern entspricht annähernd dem, was du mit einer Formulierung wie "das Hinterletzte" beabsichtigt hast. Nun darf sich wieder der Feingeist des Forums melden und nach einem Bann rufen.
Wierus
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Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von Wierus »

Green Goddess hat geschrieben:MEA CULPA, MEA CULPA, MEA MAXIMA CULPA!
Es tut mir leid, dass ich die Ironiekennzeichnung für den fraglichen Satz weggelassen habe. Wider besseren Wissens hatte ich unterstellt, dass die hiesige Leserschaft _sämtlich_ in der Lage ware, spätestens aus dem "Prof/Teamleiter, der auch nach 35/40 Jahren noch an den Erfolg seines Antrags glaubt", zu erkennen, dass der Satz nicht 100%ig ernst gemeint ist.
Spaß am Zündeln haben, aber wenn's dann brenzlig wird sofort die Ironie-Glocke läuten, jaja... :)
flip
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Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von flip »

Maara hat geschrieben: Ich möchte mich auch nicht nur auf das Geld fixieren, wäre mir das so wichtig, dann würde ich in die Wirtschaft gehen und dort arbeiten, da verdient man ja mehr. Wenn ich wüsste, dass ich z.B. nach 6 Monaten mit Sicherheit eine Bezhalung bekomme, wäre das auch in Ordnung, nur ist das alles so ungewiss.
In meinem Umfeld bekomme ich geteilte Meinungen zu hören. Die einen sagen, dass sicher irgendwann Geld kommt und ich das auf jeden Fall machen soll.
Ja, genau solche Leute wie du befeuern das Ausbeutungssystem auch noch. Es ist schon ungeheuerlich, dass du auch noch einen "Vertrag" abschließt, der dich explizit von der Bezahlung ausschließt. Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass das in einem EU-Land möglich ist. Aber was solls, wenn der Wille da ist...

Nebenbei "arbeitest" du also an vier Projekten, von denen du hoffst, eines für die Diss zu bekommen. Entschuldige, aber das ist mehr als naiv. Und das dann auch noch dem Prof als "verpeilt" durchgehen zu lassen. Sorry, aber der weiß ganz genau, was er da tut. Wenn er dich wirklich für das "eine" Thema will, dann wird er dir kaum einen Vertrag für irgendwelche anderen Arbeiten vorlegen. Es wird die nächsten Jahre immer so weiter gehen (meinetwegen auch irgendwann finanziert), denn du lässt es ja mir dir machen.

Kein Verständnis für so etwas.
Green Goddess

Re: Promotion unbezahlt beginnen?

Beitrag von Green Goddess »

Maara hat geschrieben:...Die anderen sagen, dass ich mit der Ausbildung schnell einen guten Job finde und ich mich nicht unter Wert verkaufen soll...
Genau an der Stelle möchte ich dir ein Gedankenexperiment nahelegen:
Nimm das fiktive Nettogehalt (gern auf Basis einer halben Stelle), erarbeite dazu noch die Abzüge für Sozialversicherungssysteme und die zu erwartende EK-Rückzahlung, und stell dir vor, die gesamte Summe der Uni zu überweisen, um dort unbezahlt an deiner Promotion arbeiten zu dürfen. Scheint mir ein halbwegs passendes Szenario zu sein, bezogen auf die Ausgangssituation.
Würdest du an der Stelle noch nachdenken? Anwesende/Mitlesende BWLer mögen sich gerne am fine tuning des Bsp. versuchen. ;)
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