Zitieren aus Kindle-ebooks

[eternal8]

Hallo,


mit großer Begeisterung arbeite ich seit einer Weile mit dem [i]Link entfernt[/i] B003DZ1Y7M]Amazon-ebook-reader "Kindle" .

Für mich ist das optimal, da ich viel mit Romanen arbeite, die ich so in Sekundenschnelle auf Schlagwörter durchsuchen, die passenden Zitate markieren, mit Notizen versehen und dann gleich in mein Diss-Dokument übernehmen kann.
Stellt sich die Frage nach der wissenschaftlichen Zitierbarkeit von Kindle-Editions.
"Problem" ist halt, dass es da keine Seitenangaben gibt, sondern nur "Positionen", d.h. überprüft werden kann es dann auch nur mit einem Kindle-Reader. Aber das ist ja eigentlich bei Büchern das gleiche, da kann es auch nur mit der entsprechenden Ausgabe überprüft werden.
Da das ja alles ganz neu ist, gibt es da wohl noch keine verbindlichen Regeln.

Da ich an meinem Institut etwas wie die ungeschriebene Heiligkeit für solche Fragen bin, dürfte es - bei guter Argumentation - wohl kein Problem sein, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Zitation von ebooks einfach einzuführen.

Hat jemand von Euch schon Erfahrungen gemacht oder vielleicht gar irgendeine Regelung dafür gesehen?

Danke und viele Grüße,
eternal8

[myfunnyvalentine]

Ich will Ihrer Heiligkeit (auch ungeschrieben) nicht zu nahe treten – aber einem Studi würde ich eine Hausarbeit mit Verweis auf Kindle-Texte zurück geben Stichwort: Zitierfähige Ausgabe! (In der Lit.Wiss.)

IMO wird es an der auswendigen Lösung, alle Textstellen noch einmal rauszusuchen, kein Weg vorbei führen...

[Kullerauge]

So und nicht anders kenne ich das auch - aus guten Gründen.

[Wierus]

Da ich an meinem Institut etwas wie die ungeschriebene Heiligkeit für solche Fragen bin, dürfte es - bei guter Argumentation - wohl kein Problem sein, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Zitation von ebooks einfach einzuführen.

Fragt sich aber, wie lange du dann noch die "ungeschriebene Heiligkeit" bleiben wirst...

Im Ernst: mach dir lieber die Mühe, Bücher mit Seitenangaben zu zitieren.

[musicus]

Sich den neuen Distributionsformen von Texten völlig zu verweigern (nur Gedrucktes mit Seitenzahlen), halte ich für wenig zukunftsträchtig. Prinzipiell gibt man ja Seitenzahlen nur an, damit der Leser die Stelle schnell findet. Wenn man jetzt aus einem elektronischen Dokument (z.B. pdf) zitiert, dann ist es eigentlich gar nicht mehr nötig, die Seitenzahl anzugeben (vor allem welche: die auf den Seiten oder die vom pdf-Reader?). Hier kann man voraussetzen, daß der Leser auch die Suchfunktion bedienen kann.

Die Bibliothek von zeno.org gibt sich große Mühe, für die alten Texte auch die Seitenkonkordanz zu erhalten, das sind dann brauchbare Quellen. Aber irgendwie muß man ja zukünftig mit den ganzen Formaten umgehen, die kein einheitliches Aussehen mehr haben (ebooks).

Bezüglich Kindle sehe ich eine ganz andere Gefahr: es handelt sich um ein proprietäres Format mit DRM! D.h. Amazon kann dir auch deine schon gekauften Bücher nachträglich sperren. Angenommen, du zitierst aus George Orwell, Animal Farm und Amazon merkt, daß sie das Buch gar nicht hätten verkaufen dürfen. Dann ist es weg (so geschehen 2009). Bücherverbrennung digital, darauf würde ich mich nicht stützen wollen.

Freie, nicht-proprietäre ebook-Formate sollten dagegen zitierbar sein, immer eine lokale Kopie aufbewahren.

[eternal8]

Danke erstmal für Eure Antworten.
Nachdem ich herausgefunden habe, dass die Notizen, die ich auf dem Rechner in der Kindle-App gemacht habe, nicht "rausgehen" und ich sie also eh nochmal abtippen muss (schöner Sch.....), kann ich eigentlich auch gleich am Ende nochmal die Bücher nehmen und die Seitenzahlen raussuchen. Sind halt drei Tage Arbeit, darauf kommt es dann auch nicht mehr an.

Allerdings sehe ich es genauso wie musicus: Auf Dauer wird man sich der "neuen Medien" nicht erwehren können, und ich bin da durchaus aufgeschlossen.

Dass Amazon die Bücher wieder wegnehmen kann, wusste ich nicht. Aber ja, insgesamt ist es schon eine ein wenig unheimliche Sache. Ich nehme mal an, das wird sich im Laufe der nächsten Jahre noch entscheidend ändern, und ich werde mir auf jeden Fall etwas überlegen, wie das in Zukunft bei uns gehandhabt wird.
Studenten wegschicken, weil sie auf der "Höhe der Zeit" arbeiten, würde ich jedenfalls nicht.
Maximal eine einheitliche Vorgabe entwickeln - aber darüber kann ich mir ja dann als Dr. phil. Gedanken machen :-D

[Kullerauge]

Es geht ja nicht um Technikverweigerung. Aber musicus hat das zentrale Problem genannt.
Bücher bleiben auf absehbare Zeit in den Bibliotheken.
Und was ist, wenn Amazon z.B. für eine neue Auflage die "Positionen" verändert?

[eternal8]

Und was ist, wenn Amazon z.B. für eine neue Auflage die "Positionen" verändert?

Also soweit ich das bis jetzt verstanden habe, gibt es bis jetzt einige (wenige) Kindle-Editions, die die "amtliche" ISBN - Nummer tragen und auch die gleichen Seitenzahlen. Mit denen müsste man theoretisch dann ganz normal zitieren können, aber ich habe noch keines davon gesehen.
Die anderen haben eine Asin-Nummer (oder so ähnlich), und eben keine Seitenzahlen.
Die müsste man dann anhand dieser Asin-Nummer zitieren. Eigentlich ist es wirklich ausschließlich eine Formfrage, denn jeder, der eine Kindle-App hat, kann ein oder zwei Schlagwörter aus dem zu überprüfenden Zitat eingeben und ist in Sekundenschnelle dort, wo er hinwill - ganz ohne Seiten - oder Positionsangabe.
Da scheitert es wohl eher daran, dass das ebook eben nicht frei zugänglich ist. Man kann ja schlecht von jedem, der die Arbeit liest, erwarten, dass er sich das zugehörige Exemplar auf amazon kauft.
Also ja, ich seh's schon ein.
Aber zum arbeiten ist es trotzdem genial!

[Menosgada]

Ich denke, es gibt trotzdem ein sinnvolles Anwendungsfeld für EBook-Reader. Ich beschäftige mich mit den USA im 19. Jahrhundert. Ein Großteil meiner Quellen (Bücher, Magazine, Streitschriften) wurde inzwischen von amerikanischen Bibliotheken digitalisiert. Dienste wie archive.org bieten diese Texte in verschiedenen Formaten (PDF, Kindle, EPub, ...) an. Wenn ich mal eben Lincolns gesammelte Werke brauche, schaue ich kaum noch im Katalog meiner Instituts- und Univesitätsbibliothek nach. Um die Texte nicht am Bildschirm lesen oder ausdrucken zu müssen, denke ich an die Anschaffung eines Kindle. Zum Zitieren kann man dann immer noch auf das PDF zurückgreifen, das ja einfach nur ein Scan des jeweiligen Originaldokuments und damit in den Seitenangaben eindeutig ist.

Leider funktioniert das nicht immer so wie gedacht. Ich habe mal testweise das PC-Programm zum Kindle-Lesen installiert und musste feststellen, dass mein Probe-Dokument mit einer ziemlich schlechten Texterkennung in das Kindle-Format übertragen wurde. Da macht das Lesen keinen Spaß und eine Textsuche funktioniert auch nur eingeschränkt. Man könnte natürlich auch das PDF auf dem Kindle lesen, aber auch da stelle ich mir die Textsuche - je nach Qualität des Scans - schwierig vor.

[Herbert]

Aus der Produktvorstellung bei Amazon (abgerufen am 22.1.2012, 12:00 Uhr):

Seitenzahlen
Durch Seitenzahlenangaben können Sie leichter auf gelesene Passagen Bezug nehmen und aus einem Buch zitieren oder ein Buch mit anderen in einem Buchclub oder im Unterricht besprechen. Mittels des Computing Fabric von Amazon Web Services wurden Algorithmen erstellt, die bestimmte Stellen eines Kindle-Buches den entsprechenden Abschnitten eines gedruckten Buches zuordnen, um die tatsächliche Seitenzahl des gedruckten Buches zu ermitteln, die angezeigt werden soll. In mehreren Zehntausend der beliebtesten Kindle-Bücher lassen sich die Seitenzahlen einblenden, unter anderem in den 100 Bestsellern des Kindle-Shops, von denen entsprechende Druckausgaben vorliegen. Angezeigt werden die Seitenzahlen nur dann, wenn die Menü-Taste gedrückt wird.