Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

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Pendergast

Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von Pendergast »

Hallo zusammen,

ich befinde mich am Ende meines Studiums und muss in der nächsten Zeit eine schwere Entscheidung treffen wie es nun für mich in der Zukunft weitergeht. Mir ist klar, dass mir die natürlich keiner abnehmen kann, aber ich hoffe das ihr mir vielleicht ein paar Aspekte nennen könnt an die ich noch nicht gedacht habe und die meine Entscheidung beeinflussen könnten.

Vielleicht erst kurz zur mir: Ich bin 25 Jahre alt und habe ein Masterstudium in Informatik abgeschlossen. Zuvor habe ich Ingenieurinformatik auf FH-Diplom studiert und erfolgreich abgeschlossen.

Meine Ziele: Da mir mein Studium sehr viel Freude bereitet hat (besonders Dinge wie Diplom- und Masterarbeit), ich mich gerne sehr intensiv mit anspruchsvollen Themen befasse und auch entsprechend gute Noten habe (wenn ich Glück habe schaffe ich sogar einen glatten 1,0er Schnitt) verspüre ich die Motivation auch zu promovieren. Zunächst mal reizt mich vorallem die Promotion selber (also die Arbeit dabei) weniger das was anschließend kommt. Beruflich möchte ich mittelfristig eher in die freie Wirtschaft und hier am liebsten forschungsnah arbeiten, also angewandte Forschung in einer F&E Abteilung. Es sollte zunächst auf jeden Fall eine fachbezogene Tätigkeit sein. Langfristig (sagen wir in 10 Jahren) möchte ich auch ins mittlere Management aufsteigen, evlt. auch mehr auch wenn ich nicht anpeile ein Überflieger zu werden. Die Motivation an der Uni Karriere zu machen habe ich aus verschiedenen Gründen (besonders das vergleichsweise niedrige Gehalt langfristig) jedoch nicht. Ich würde also nur für eine Promotion an der Uni bleiben.

Meine erste Frage ist jetzt zunächst mal: macht eine Promotion unter Berücksichtigung meiner Ziele in Hinblick auf eine Karriere in euren Augen überhaupt Sinn? Besonders der Punkt das ich keine Uni-Karriere anstrebe lässt mich irgendwie selber daran zweifeln.

Ich habe auch mehrere Optionen wie ich das Ziel "Promotion" erreich kann:

Option 1: Direkt an der Uni an der ich die Masterarbeit gemacht habe eine Doktorrandenstelle antreten.
Ich habe an einer FH studiert und extern an einer Uni meine Masterarbeit geschrieben. Der Prof. der mich dort betreut hat war auch recht begeistert von mir und hat mir bereits eine Stelle angeboten. Allerdings ist Thema und Arbeitsschwerpunkt noch offen und es kann sein, dass keines der verfügbaren Themen voll meine Erwartungen voll trifft.
Vorteil: Es ist eine Top-Uni in Informatik, forschen auf höchsten Niveau
Nachteil: Ich hätte keine Berufserfahrung wenn ich mit 29 oder 30 fertig werde.

Option 2: Zunächst eine stelle in der Industrie antreten.
Ich habe derzeit ein Angebot für eine relativ gut bezahlte Stelle bei einem mittelständischen IT-Unternehmen (80 Mitarbeiter). Hier muss ich in den nächsten 2 Wochen entweder zusagen oder die Stelle nicht annehmen. Ich könnte mir auch gut vorstellen das 1 - 2 Jahre zu machen und dann noch zu promovieren (als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni).
Vorteil: zunächst mal gutes Einkommen, bereits Berufserfahrung nach Abschluss der Promotion
Nachteil: die Stelle trifft nicht voll meine Erwartungen (vor allem Tätigkeitsschwerpunkte), die Uni nimmt mich evtl. nicht mehr (?), Gefahr mein Ziel aus den Augen zu verlieren

Option 3: Eine Stelle bei einem großen deutschen Forschungsinstitut antreten. Hier hatte ich bisher nur ein Vorstellungsgespräch, bin aber optimistisch das man mich nehmen würde. Das Thema Promotion habe ich auch schon angsprochen. Hier scheint es allerdings so zu sein, dass man nur in seiner Freizeit oder am Wochenende extern promovieren könnte oder die Arbeitszeit reduziert.
Vorteil: angewandte Forschung (genau das was ich eigentlich will), Kontakte zu Unis sind vorhanden, sehr hoch angesehen auch in der Wirtschaft (sehen sich selbst als Talentschmiede).
Nachteil: relativ schlechte Bezahlung (TVöD), Stelle ist zudem auf 2 Jahre befristet

Ich bin derzeit wirklich sehr unschlüssig wie es weiter geht und muss ich in den nächsten 2 Wochen entscheiden. Ich bin wirklich für jede Anregung und jeden Rat dankbar.

Gruß
Pendergast
Pendergast

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von Pendergast »

Hat keiner Tipps oder Anregungen für mich? :(
Es ist wirklich eine schwere Entscheidung die da treffen muss und ich würde gerne mal die Meinung von Doktoranden hören die evtl. auch mal vor dem gleichen Problem standen.
bienah
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Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von bienah »

Hallo Pendergast

Mir scheint, dass du die relevanten Aspekte in deinen Überlegungen berücksichtigt hast, ich kann dir also keine sachdienlichen Hinweise geben. Da es, wie so oft im Leben, in diesem Fall keine objektiv richtige Entscheidung gibt, ist es letztlich eine Gefühlssache. Übrigens sind die genauen Prozesse, wie Menschen derartige Entscheidungen fällen, weitgehend unbekannt da unbewusst. Mein Rat daher: Mach eine Liste mit allen Vor- und Nachteilen der einzelnen Alternativen, schau dir die Liste an und schmeiss sie dann weg. Dann lass die Sache ruhen, warte ein paar Tage, schlaf ein paarmal drüber. Wenn sich so nicht von selber eine Lösung herauskristallisiert, setz dich hin und mal dir für alle Alternativen in Gedanken konkret aus, wie du sie erleben würdest hättest du sie gewählt. Spätestens dann sollte sich eine Entscheidung einstellen. Wenn nicht, kannst du auch würfeln, denn scheinbar sind die Optionen gleichwertig für dich.
Pendergast

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von Pendergast »

Hallo bierah,

vielen Dank für deine Anregung! Ich habe heute bzgl. Option 3 eine Zusage erhalten, habe jetzt also wirklich die Qual der Wahl. Bis nächsten Dienstag konnte ich mir da noch Bedenkzeit erbeten :?

Ich habe Bedenken, dass ich in dem Leben der Zug in Hinblick auf die Promotion abgefahren ist wenn ich mich für Option 2 oder 3 und gegen die Stelle an der Uni entscheide. Als FH-Absolvent ist es ja nicht leicht eine Promotionsstelle zu finden und ich denke ich profitiere da auch sehr stark von der Tatsache das ich schon gute Kontakte durch meine Masterarbeit geknüpft habe. Nun habe ich etwas Angst, dass ich da nicht mehr reinkomme wenn ich mich jetzt erst mal gegen eine Promotion entscheide. Könnte ja sein das die dann denken ich wäre schon industriegeschädigt. Was meint ihr, ist diese Sorge berechtigt?
Andererseits muss ich leider sagen, dass ich bisher von Seite der Uni weder weiß ob und wann ich tatsächlich die Stelle bekomme und an welche Bedingungen (wegen FH-Master) das geknüpft ist. Auch ein Thema steht noch nicht. In 2 Wochen habe ich noch an einem anderen Lehrstuhl ein Vorstellungsgespräch, nur weiß ich darüber natürlich noch weniger.

Hat jemand Erfahrung wie es ist, wenn man an einem Forschungsinstitut wie z.B. Fraunhofer Gesellschaft oder Helmholtz-Gemeinschaft ist und promovieren möchte? Vielleicht kristallisiert sich ja im Laufe der Tätigkeit ein Forschungsschwerpunkt heraus an den sich anknüpfen lässt. Wäre sowas in euren Augen eine gute Voraussetzung?
Aus dem Bauch heraus kommt mir daher Option 3 noch wie der beste Kompromiss vor, allerdings ist hier die Bezahlung relativ schlecht.
Aguti
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Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von Aguti »

Ich werfe nur mal in den Raum, dass ich bei deiner Version zwei und dem Vorhaben, später zu promovieren, doch Zweifel hätte. Kann klappen, kann aber auch gut sein, dass du dann raus bist bzw. nicht den Nerv hast, dich wieder in die Forschung einzuarbeiten, Freizeit zurückzufahren etc. Ich würde eher raten, wenn du promovieren möchtest, das bald in Angriff zu nehmen. Alles Gute.
Nela

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von Nela »

Ich möchte auch mal was in den Raum werfen...

Einige meiner ehemaligen Kommilitonen, oder auch andere Bekannte, die direkt nach dem Studium in die Industrie gegangen sind, und nun schon 1 - Jahre arbeiten, haben mittlerweile Lust, wieder etwas anderes zu machen, sprich Jobwechsel oder sogar Promotion. Ich glaube eigentlich nicht, dass wenn man wirklich promovieren möchte, den Gedanken nach 2 Jahren arbeiten einfach so aufgibt (es sei denn vlt es kommen andere Verpflichtungen wie z.B. Kinder dazu). Und hey, wenn es so ist, dass du nach 2 Jahren arbeiten denkst jetzt muss ich auch nicht mehr promovieren und bleibe lieber in meinem stabilen Job, dann ist das doch das was du in dem Moment willst, oder? Also nicht zu promovieren.... und in der Situation die richtige Entscheidung! Genauso wie wenn du dich nach 2 Jahren entscheidest, doch noch mit einer Promotion anzufangen wenn du das willst auch die richtige Entscheidung ist!

Was ich damit sagen will weiss ich auch nicht so genau...vlt dass du deine Entscheidung nicht davon abhängig machen solltest was in 2 oder 4 Jahren oder irgendwann ist, sondern was JETZT ist und du im Moment gerade willst!

Grüße Nela
milchschnittchen

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von milchschnittchen »

Hallo.
Zunächst einmal muß ich sagen, daß meine Antwort in keiner Weise auf persönlichen Erfahrungen basiert, da es in meinem Fachgebiet alles ganz anders läuft und für mich persönlich lief. Ich kann also "nur so" meinen Senf zum Thema beitragen. Folgendes schoss mir bei Lektüre Deines Postings durch den Kopf (vollkommen unsortiert):

1. Ich sehe tatsächlich auch die Gefahr bei Option 2, daß Du nach einigen Jahren praktischer Berufserfahrung und der Gewöhnung an ein bestimmtes Einkommen den Schritt zurück an die Uni eher nicht gehen wirst. Es mag so sein, daß man nach einigen Jahren im Job eine neue Herausforderung sucht, aber ich kenne keine einzige Person, die danach zurück an die Uni zur Promotion gegangen wäre. Und ob Du dann nochmal Lust hast, bei geringerem Einkommen z.B. die Arbeitszeit zu verringern, um zu promovieren....? Für mich kann ich das ausschließen, aber da kennst Du Dich selbst am besten.

2. Ich tendiere ganz persönlich zu Option 3: Du hast, das ergibt sich aus Deinem Posting, offensichtlich einen gewissen Anspruch an Dich selbst und an Deine berufliche Zukunft zu haben. Dem könntest Du, so hört es sich an, in einem renommierten Forschungsinstitut doch gerecht werden. Ich würde vermutlich an Deiner Stelle, wenn es möglich ist, die Arbeitszeit reduzieren und nebenher promovieren. Die Tatsache, daß die Stelle relativ schlecht bezahlt ist (sooo schlecht ist TVöD gar nicht, wenn Du Dir mal andere Startgehälter ansiehst), würde mich angesichts Deines jungen Alters und der Tatsache, daß Du bislang ja wahrscheinlich "Studentenniveau" gewöhnt bist (was auch immer das im Einzelfall heißen mag), nicht abschrecken. Das mag anders aussehen, wenn Du evtl. Familie, Unterhaltsverpflichtungen etc. hast.

3. Ich ganz persönlich würde mir Promotion mit Stelle an der Uni wohl nur antun, wenn ich vorhätte, an der Uni zu bleiben. Allerdings weniger wegen des von Dir angesprochenen Nachteils der später fehlenden Berufserfahrung sondern eher, weil ich den Uni-Betrieb persönlich nicht besonders mag. Viele meiner Freunde, die an der Uni gearbeitet haben, brauchten am Ende viel länger für ihre Diss als geplant, weil sie am Lehrstuhl so eingespannt waren. Aber das ist natürlich sehr vom DV abhängig....

Ich weiß nicht, ob Dir das jetzt viel geholfen hat. Letztlich kann ich Dir nur raten, die Entscheidung aus dem Bauch heraus zu treffen. Und ob sich für Dich eine Promotion überhaupt lohnt, kann Dir keiner sagen. Was heißt auch schon "lohnen"? Bei mir wird sie sich auch nur für die persönliche Eitelkeit "lohnen": sie zahlt sich weder finanziell noch, so würde ich behaupten, vom Ansehen her groß aus.
Alles Gute für Deine Entscheidung.
Viele Grüße
vom milchschnittchen
Pendergast

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von Pendergast »

Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Antworten!

Mittlerweile bin ich eigentlich schon mal soweit zu sagen, dass Option 2 wohl ausscheidet. Ehrlich gesagt hat mich da im ersten Moment zunächst mal die Aussicht auf ein gutes Einkommen geblendet. Nach 2mal drüber schlafen bin ich aber zu der Einsicht gelangt, dass es ein Fehler wäre die Entscheidung davon abhängig zu machen. Der Vorteil der Berufserfahrung, was noch für eine Tätigkeit in der Industrie spricht, wäre bei Option 3 eigentlich auch gegeben.

Ehrlich sagt würde ich mich aus dem Bauch heraus direkt für eine Promotion an der Uni entscheiden, wenn ich DAS Traumthema schon gefunden hätte und schon eine konkrete Stelle sicher hätte. Wie schon gesagt: Wissenschaft und Forschung ist eher meine Welt. Was mich aber abschreckt ist die Tatsache, dass ich mind. 4 - 5 Jahre fest für die Promotion einplanen müsste. Somit muss wirklich ALLES stimmen, ich kann ja nicht nach einem Jahr aufhören weil ich das Interesse an meiner Arbeit verliere. So lange gebunden zu sein und nicht zu 100 Prozent dahinter zu stehen ist für mich irgendwie keine ideale Voraussetzung.

Im Moment tendiere ich daher wirklich zu Option 3. Weiß jemand ob folgendes möglich wäre: 50 % an einem renommierten Forschungsinstitut arbeiten und 50 % an einer Uni um dort zu promovieren? Eine reine Teilzeitstelle wäre für mich finanziell auf mehrere Jahre gesehen eher nichts.
milchschnittchen

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von milchschnittchen »

Hallo.
Ich würde spontan sagen: möglich ist, was man Dir möglich macht. Es gibt ja keine Regeln darüber, wer wo arbeiten darf...-Du kannst natürlich ohne weiteres zwei Teilzeit-Jobs annehmen. Vorausgesetzt, man bietet sie Dir an bzw. schafft die entsprechenden Stellen.
Ich habe die Erfahrung gemacht, daß vieles möglich ist, wenn alle Beteiligten es wollen und sich dafür einsetzen. Versuch' es und laß Dich nicht mit dem Argument abspeisen, daß es das noch nie gegeben habe...
Viel Erfolg.
Viele Grüße
milchschnittchen
bienah
Beiträge: 145
Registriert: 18.12.2009, 15:30
Status: fertig

Re: Nach Masterstudium: Wie geht es weiter?

Beitrag von bienah »

Da stimme ich milchschnittchen völlig zu! Gerade im Wissenschaftsbetrieb ist meiner Erfahrung nach sehr vieles möglich und die Beteiligten lassen meistens mit sich reden - vorausgesetzt sie sind inhaltlich überzeugt von der Sache und das Organisatorische ist nicht ganz verpeilt. War jedenfalls bei mir und in meinem Umfeld so. Also: Einfach probieren!
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