Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Anfangen mit der Diss: Abgeschlossene Diskussionen (Doktorvatersuche, Expose...)
Fletcher84

Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Guten Tag,

ich schreibe gerade an meiner Diplomarbeit im Fach Mathematik. Da ich in diesem Jahr mein Studium beenden werde, beschäftige ich mich zunehmend mit der Frage, wie es anschließend weitergeht.

Das ganze Studium über habe ich immer mit dem Gedanken gespielt zu promovieren. Doch plötzlich kam die Diplomarbeit. Ich bin zum Professor und habe mir ein Thema geben lassen. Am Anfang war ich nicht sonderlich begeistert und ich wollte nur noch fertig werden. Aus diesem Grund war die Promotion plötzlich kein Thema mehr. Nun habe ich mich aber eingearbeitet und ich merke, dass auch ein Thema, wovon man nicht so überzeugt war, interessant sein kann. Ich führe wissenschaftliche Diskussionen mit dem Betreuer und ich beschäftige mich gerne mit dem Thema. Deshalb kam nun wieder der Gedanke auf doch zu promovieren.

Ich frage mich schon seit Monaten, was ich überhaupt nach dem Studium machen möchte. Ich kann momentan überhaupt nicht sagen, wo ich mich in 10 Jahren sehe. Am meisten interessiere ich mich für die Automobilindustrie. Das Auto hat mich neben der Mathematik schon immer am meisten begeistert. Aus diesem Grund hätte ich großes Interesse mich auf eine Doktorandenstelle in der Industrie bei einem großen Automobilhersteller zu bewerben. Ich kenne leider niemanden, der mir über seine Erfahrungen berichten kann und versuche es deshalb auf diesem Weg.

Ich weiß, dass das Vorhaben nicht einfach ist. Das Gehalt ist nich das Beste und der zeitliche Faktor ist ebenfalls ein Problem. Dennoch möchte ich den Praxisbezug endlich herstellen. Ich liebe die Theorie und die Mathematik, aber ich möchte meine Kenntnisse auch anwenden können. Deshalb sehe ich die Möglichkeit einer Industriepromotion. Damit könnte ich Kontakte knüpfen und dennoch meinem Wunsch einer Doktorarbeit nachgehen.

Wie groß ist die Chance, dass man als Mathematiker bei einem Automobilhersteller als Doktorand genommen wird? Gibt es da viele Bewerber?
Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

Natürlich stelle auch ich mir die Frage, wozu ich den Titel brauche. Um ehrlich zu sein, es geht mir nicht um die Karriere. Es geht mir vielmehr um mich.

Viele Grüße

Fletcher
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Konkrete Tipps kann ich dir nicht geben, dein Vorhaben klingt für mich aber nicht abwegig. Mit Autos habe ich nichts am Hut. In der Struktur- oder Stömungsmechanik oder auch der Akustik tummeln sich neben den Ingenieuren und Physikern natürlich auch viele Mathematiker. In der Anwendung verwischen nach meiner Erfahrung die Grenzen zwischen Physik, Ingenieuerwissenschaften, Informatik und Mathematik oft. Meine unkonkreten Tipps: Such mal hier im Forum zu Threads zum Thema Industriepromotion, da findest du bestimmt einiges. Und schau dir mal Stellenauschreibungen von Autoherstellern (besonders in den Anwendungsbereiechen, die ich oben genannt habe) an - da liest man oft etwas von "Ingenieur/Physiker/Mathematiker" oder "Informatiker/Mathematiker" und dergleichen. Vielleicht findest du ja eine Stelle ohne Promotion (wenn das gar nicht dein Haupziel sein sollte).
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Hallo Laplace,

mein Hauptziel ist die Promotion. Allerdings möchte ich gleichzeitig den Bezug zur Wirtschaft herstellen. Eine wissenschaftliche Karriere an der Uni ist zwar vorstellbar, aber Priorität hat für mich früher oder später die Industrie und Wirtschaft. Eine Promotion am Lehrstuhl möchte ich deshalb nicht ausschließen, allerdings stelle ich mir aus ebengenannten Gründen eine Industriepromotion interessanter vor.

Mit meinem Studienfach kann ich ja ziemlich viel anfangen - Mathematiker, so hört man gibt, es überall! Allerdings habe ich kaum eine Vorstellung von konkreten Fragestellungen. Ich denke auch, dass es ziemlich schnell in die Informatikrichtungt. Vom Programmieren möchte ich aber eher Abstand nehmen. Das ist überhaupt nicht meine Welt. Die Algorithmen zu entwickeln schon eher, aber für das Umsetzen gibt es sicherlich bessere als mich. Ich kann mir auch eine Promotion in die physikalische Richtung oder Ingenieurwissenschaften vorstellen. Ob das mit meinen Kenntnissen möglich ist, bezweifel ich allerdings. Finden solche Wechsel ab und an statt?

Die Jobangebote durchsuche ich mehrmals wöchentlich. Manchmal ist auch etwas dabei, was in meine Richtung geht. Ich beobachte den Markt weiterhin, aber es bleibt noch etwas Zeit. Ich frage mich nur, ob man in der Industrie so einfach genommen wird, wenn man die Kriterien nicht alle erfüllt... Meine Mathematikstudium war eher theoretisch ausgelegt. Ich habe wenig Numerikvorlesungen besucht.

Gruß Fletcher
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Fletcher84 hat geschrieben: Mit meinem Studienfach kann ich ja ziemlich viel anfangen - Mathematiker, so hört man gibt, es überall! Allerdings habe ich kaum eine Vorstellung von konkreten Fragestellungen. Ich denke auch, dass es ziemlich schnell in die Informatikrichtungt. Vom Programmieren möchte ich aber eher Abstand nehmen. Das ist überhaupt nicht meine Welt. Die Algorithmen zu entwickeln schon eher, aber für das Umsetzen gibt es sicherlich bessere als mich. Ich kann mir auch eine Promotion in die physikalische Richtung oder Ingenieurwissenschaften vorstellen. Ob das mit meinen Kenntnissen möglich ist, bezweifel ich allerdings. Finden solche Wechsel ab und an statt?
Solche "Wechsel" gibt es gar nicht so selten - es gibt ja tatsächlich viele Überschneidungen. Die Mathematiker, die ich kenne und die in Industriethemen gelandet sind, haben alle was mit Numerik am Hut. Und da kommt man ums Programmieren kaum herum... schon gar nicht, wenn du in die Industrie willst: Beweise sind da lange nicht so sehr gesucht wie funktionierende (aber vielleicht 'unbewiesene') Simulationsprogramme :wink:

In welchem Themangebiet bist du denn unterwegs?
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Laplace hat geschrieben: In welchem Themangebiet bist du denn unterwegs?
Hauptsächlich in der Optimierung und Stochastik. Ich kenne also schon den ein oder anderen Algorithmus ;) Allerdings habe ich mich bisher immer um die Theorie gekümmert. Ich kenne mich also schon in den Anwendungsgebieten aus. Ich bin jetzt kein Algebraiker, aber eben auch kein Numeriker. ;)
Frodo

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Frodo »

Hallo Fletcher

So wie ich dich verstehe, bringst du mit deiner Motivation die optimale Voraussetzung für eine Promotion mit. Meine persönlichen Zukunftsabsichten waren in etwa die selben wie bei dir, weshalb ich mich damals (ebenfalls) für eine Industriepromotion entschieden (und dies nie bereut) habe.

Allerdings habe ich meine leisen Zweifel, ob du in der (Automobil)Industrie eine stark theoretische Diss. anfertigen kannst. Wie Laplace bereits geschrieben hat, interessieren dort überwiegend praxistaugliche Ansätze und du landest schnell einmal bei einem Simulationsproblem.

Auf der anderen Seite sollte dich dies aber auch nicht abschrecken. Ein praxisnahes Thema bedeutet keineswegs, dass es "theoriefern" ist. An deiner Stelle würde ich das Gespräch mit Leuten suchen, die in entsprechenden Bereichen tätig sind. Diese werden dir bestimmt auch besser Auskunft darüber geben können, wo und wie du dein Dissertationsthema am besten einsetzen könntest.

Grüsse,
Frodo
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Optimierung ist doch auch was feines. Da fällt mir als erstes die Reglungstechnik als Anwendungsgebiet ein. Viel Platz für Theorie gibts bestimmt auch, aber ohne praktische Umsetzung wird es - wie schon gesagt - in der Industrie überschaubar.
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

@Laplace
Mir ist schon klar, dass ich mich in irgendeiner Form mit der praktischen Umsetzung (Programmieren, Simulieren) anfreunden muss. Anders wird es in der Industrie nicht funktionieren. Eine Promotion am Lehrstuhl hat natürlich auch seinen Reiz, aber ich habe ehrlich gesagt ein bisschen Angst, dass ich mich noch länger an die Theorie klammere und mir damit den späteren Weg in die Industrie verbaue. Deshalb beabsichte ich diesen Schritt jetzt zu tun. Dennoch möchte ich auf eine Promotion nicht verzichten. Also warum nicht beides miteinander verbinden ;)

Ich bin schon mal froh, dass ihr mir ein paar Anwendungsgebiete genannt habt. Im Moment fehlen mir komplett die Kontakte.

@Frodo
"Mit Leuten, die in den entsprechenden Bereichen tätig sind" meinst du bestimmt, dass ich mich einfach mal durchtelefonieren soll, oder? Ansonsten komme ich wohl nie an die richtigen Personen. Vielleicht kannst du mir noch ein bisschen von deinen Erfahrungen erzählen! Konntest du dein Thema innerhalb der drei Jahre vollständig bearbeiten? Wie ging es danach weiter?
Als Mathematiker mit Hang zur Wahrscheinlichkeitstheorie könnte ich mir als Alternative auch eine Promotion bei einer Versicherung vorstellen, aber Priorität hat nun mal die Automobilindustrie ;)
Frodo

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Frodo »

Fletcher84 hat geschrieben: @Frodo
"Mit Leuten, die in den entsprechenden Bereichen tätig sind" meinst du bestimmt, dass ich mich einfach mal durchtelefonieren soll, oder?
Ja, das meinte ich damit. Gerade bei grossen Automobilunternehmern wird es - so vermute ich mal - einige Industriedoktoranden geben. So lässt sich bestimmt auch eine Ansprechperson finden, die dir weiterhelfen kann. Ehe du zum Hörer greifst, kannst du dich ja erst via Google etwas schlauer machen.
Fletcher84 hat geschrieben: Konntest du dein Thema innerhalb der drei Jahre vollständig bearbeiten? Wie ging es danach weiter?
Nun, das mit den drei Jahren kommt in etwa hin, wenn man die Zeitspanne von "Thema inkl. Fragestellung gefunden" bis "Ausarbeitung der Dissertation" nimmt. Das Finden einer geeigneten Fragestellung hat eine Weile gedauert und auch nach Einreichen der Diss (oooh, nur noch einen Monat!) wird es wohl noch ein paar Wochen dauern, bis das Buch im Regal stehen wird. :roll: Aber mach dir über die Dauer keine Gedanken. Denn erstens solltest du die Zeit geniessen, und zweitens ist dies ohnehin von Fall zu Fall unterschiedlich und lässt sich nicht im Vornherein abschätzen.
Fletcher84 hat geschrieben: Als Mathematiker mit Hang zur Wahrscheinlichkeitstheorie könnte ich mir als Alternative auch eine Promotion bei einer Versicherung vorstellen, aber Priorität hat nun mal die Automobilindustrie
Das wäre auch mein erster Gedanke gewesen... Interessant sind Versicherungen und speziell auch Rückversicherungen vor allem deshalb, weil sie in der Regel über eine Vielzahl empirischer Daten verfügen. Aber wenn dir die Automobilbranche mehr zusagt, dann such dich zuerst dort ein wenig um.

Grüsse,
Frodo
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Vielen Dank für die Tipps.

Mein Problem ist momentan, dass ich überhaupt keine Vorstellung habe, was als Promotionsthema in der Industrie überhaupt in Frage kommt. Man liest zwar einige Stellenbeschreibungen, aber wie ich mittlerweile im Forum gelesen habe sind die Themen nicht klar definiert. Es lassen sich immer eine Vielzahl von Fragestellungen davon ableiten.

Einige Firmen wollen, dass man selbst mit einem Exposé an sie herantritt. Dazu braucht man aber eine konkrete Vorstellung, die ich momentan noch nicht habe. Bei mir ist es so, dass sich Begriffe, wie Motorsteuerungoptimierung oder Stochastische Analysen von Crashtests interessant anhören, aber ich keine konkrete Vorstellung davon habe.

In der Versicherung ist es denk ich mal nicht viel anders. Man hat Modelle - diskrete oder kontinuierliche - und ich denke mal diese muss man weiterentwickeln. Effizienter gestalten etc. Eine konkrete Vorstellung habe ich davon nicht!

Ist es "einfach" bei einem Unternehmen als Doktorand zu landen bei (sehr) guten Noten oder muss man da mehr mitbringen? Ich habe mich schon bei vielen Unternehmen umgesehen. Das entscheidende dürfte der Doktorvater sein. Ich glaube an meinem Lehrstuhl nehmen die Professoren keine externen Doktoranden.

Wie lief das bei euch?

Vielen Dank nochmal für die netten Anregungen ;)

Gruß Fletcher
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