Fragen zur Stellensuche an der Uni

Anfangen mit der Diss: Abgeschlossene Diskussionen (Doktorvatersuche, Expose...)
Gesperrt
thomasl

Fragen zur Stellensuche an der Uni

Beitrag von thomasl »

Hallo zusammen,

zurzeit arbeite ich an einer Doktorarbeit in der Germanistischen Linguistik zum Thema Arzt-Patient-Kommunikation. Die Studie, auf die meine Diss basiert, habe ich vor wenigen Monaten in einer Klinik abgeschlossen und werte im Moment die gewonnenen Daten gewinnbringend für meine Diss aus. Selbige möchte ich – wenn möglich – Mitte nächsten Jahres einreichen.

Mein Problem sieht nun folgendermaßen aus: Ich promoviere zwar, arbeite aber weder an der Universität (z. B. als wissenschaftlicher Mitarbeiter) noch außerhalb. Stattdessen wohne ich mit Anfang 30 (ohne bisherige Berufserfahrung) noch zu Hause und lass mich demzufolge auch finanziell mehr oder weniger parasitär von meinen Eltern aushalten.

Diese sicherlich recht asoziale Herangehensweise meiner Person soll sich aber nun ändern: Ich möchte auch arbeitstechnisch aktiv werden, um eine eigene Wohnung finanzieren zu können. Ein Stipendium wird mir sicher nicht gewährt, da meine Magistergesamtnote von 1,8 (hiesiges Fach Linguistik: 1,6) wohl zu schlecht ist und die Arbeiten an meiner Diss bereits begonnen haben.

Die zweite, meiner Meinung nach nahe liegendste Möglichkeit ist eine Beschäftigung an (m)einer Universität. Infrage käme da sicherlich nur eine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Da ich nun nur wenige soziale Beziehungen pflege, keinen Kontakt zu anderen Doktoranden habe und mein Doktorvater mein bereits während meiner Magisterarbeit lieb gewonnenes Thema ohne erkennbare Jubelsprünge angenommen hat, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, wie ich das Ganze nun angehen soll und ob es Aussicht auf Erfolg hat. Konkret stellen sich mir folgende Fragen:

1) Bei wem bewirbt man sich für eine solche Stelle bzw. an wen richte ich eine entsprechende Anfrage (mein DV ist gleichzeitig der Lehrstuhlinhaber)?
2) Wie hoch ist der finanzielle Ertrag durchschnittlich? Das Ziel ist ja wie gesagt die Abkehr vom Schmarotzertum.
3) Und hat ein solcher Job an der Uni Nutzen für meine berufliche Zukunft? Ich bin das Magisterstudium und die Promotion nämlich mit dem wohl sehr naiven Gedanken/Hoffnung (?) angegangen, mit den beiden Buchstaben Dr. ganz sicher und leicht im Uni-Lehrbetrieb unterzukommen ...

Ich bin für jede Antwort und Hilfe dankbar. Deutliche Worte oder Tipps können auch gerne per PN mitgeteilt werden.

Schöne Grüße
Thomas
Zuletzt geändert von Sebastian am 16.02.2011, 17:47, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Habe den arg selbstkritischen Betreff mal etwas sachlicher gefasst und damit entschärft.
darla

Re: Schreiende Unfähigkeit bzgl. Beschäftigung

Beitrag von darla »

Hallo Thomas.

Also, ich kenne mich in deinem Fachbereich nicht aus. Ich bin Biologin und hatte von vornherein eine 50%-Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin während meiner Promotion. Während des Studium hab ich auch schon alleine gewohnt (aber ich bin auch von meinem Heimatort weggezogen und habe Bafög-Höchstsatz bekommen). Ich promoviere in Zürich, da beläuft sich das 50%-Gehalt in etwa auf 2900 Fr pro Monat (ca. 2200 Euro), für die Lebensverhältnisse in Zürich komm ich damit gut klar (Mein Freund promoviert auch und wir haben eine kleine Tochter). Wie die Unigehälter in Deutschland sind weiss ich nicht, hängt wahrscheinlich auch davon ab, ob du über Drittmittel angestellt werden würdest oder im öffentlichen Dienst, aber da gibt es bestimmt im Internet Infos zu den Tarifen, wenn du das mal googelst.

1) Ich würde einfach mal deinen DV fragen, wenn der auch der Lehrstuhlinhaber ist. Oder an einer fachverwandten Einrichtung. Wenn er dir keine Stelle anbieten kann, könnte er dir aber vielleicht weiterhelfen bezüglich infrage kommender Stipendien oder anderer Möglichkeiten? Aber meiner Erfahrung nach sind die Stellen an Unis rar geworden.
2) s.o.
3) Ein Job als wissenschafltlicher Mitarbeiter bringt dir auf jeden Fall etwas, wenn du die Unilaufbahn einschlagen möchtest. Und v.a. "Vitamin B", "Vitamin B", "Vitamin B". Das ist oft wichtiger als der Lebenslauf. Viele Unistellen werden zwar öffentlich ausgeschrieben, aber gehen dann unter der Hand weg, weil man kennt jemand der kennt jemand usw.

Hast du dir nicht vor dem Studium/ Promotion Gedanken über mögliche Jobchancen gemacht? Das ist doch heutzutage ein sehr wichtiger Faktor! Was bringt dir das beste Studium, wenn du keinen Job findest und Taxifahrer o.ä. werden musst?

LG & Viel Erfolg,
Sarah.
Eva
Beiträge: 9240
Registriert: 06.07.2007, 17:35
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 26 Mal

Re: Schreiende Unfähigkeit bzgl. Beschäftigung

Beitrag von Eva »

Hallo Thomas!
Erstmal: Warum machst du dich selbst so runter? Es ist nichts Schlimmes daran, sich von den Eltern unterstützen zu lassen, solange sich alle Beteiligten damit wohl fühlen. Ich finde aber gut, dass du dich jetzt auf deine eigenen Füße stellen möchtest.

Wenn du eine berufliche Zukunft an der Uni planst, ist es nicht nur sinnvoll, sondern meines Erachtens notwendig, dass du dort während der Promotion den Einstieg schaffst! Wer im akademischen Betrieb bleiben möchte, promoviert am besten auf ner Stelle am Lehrstuhl (ist zumindest mein Eindruck). Das ist vielleicht schon ein bisschen spät jetzt für dich, aber versuchen solltest du es auf jeden Fall trotzdem. Da du bisher keine Kontakte hast und es solche Stellen ja nicht sehr reichlich gibt, könntest du versuchen, an einen Lehrauftrag kommen (deinen Prof fragen!). Das ist nicht sehr gut bezahlt und wird nicht reichen, um dir deinen Lebensunterhalt zu finanzieren (dafür bräuchtest du zusätzlich was anderes), aber du bekämst den Fuß in die Tür und könntest Betrieb und Leute kennenlernen.

Zum finanziellen Ertrag: WiMa-Stellen sind in der Regel mit TVöD E-13 dotiert, mit ner halben Stelle kommst du damit auf ca. 1000-1100 Euro netto (es gibt dafür Tabellen im Netz, da kannst du dir das genau anschauen). Ich habe eine wiss. Hilfskraftstelle und komme mit 19 h pro Woche auf 900 Euro netto. Ob dir das reicht, hängt von deinem Lebensstil ab und vom Mietniveau in deiner Gegend (bzw. wiederum von deinen Ansprüchen - mancherorts reicht das für ne nette 2-Zimmer-Wohnung, andernorts ist damit nur ein WG-Zimmer drin).
Aguti
Beiträge: 12593
Registriert: 16.10.2007, 15:02
Status: Dr. phil.
Wohnort: Süddeutschland
Hat sich bedankt: 22 Mal
Danksagung erhalten: 13 Mal

Re: Schreiende Unfähigkeit bzgl. Beschäftigung

Beitrag von Aguti »

Hallo Thomas,
ja, den Gedanken, mit Promotion dann einfach mal so im Unibetrieb unterzukommen, finde ich für die Geisteswissenschaften ziemlich naiv. Ich promoviere selbst extern, und meiner Beobachtung nach sind Unistellen selten und nicht leicht zu bekommen. Die besten Chancen hättest du wohl, wenn du bereits während des Studiums Hiwi gewesen wärst o.Ä.. Wenn eine Unikarriere aber wirklich dein Ziel ist, solltest du dich imo dringend um eine Unistelle und die damit verbundenen Netzwerke bemühen. Als rein Externer kannst du das vergessen. Aber dennoch: Versuch es einfach, vielleicht klappt es ja!
Wenn es dir dagegen rein um die finanzielle Unabhängigkeit geht: Warum suchst du dir nicht einen Teilzeitjob außerhalb der Uni?
Koenigsportal
Beiträge: 2262
Registriert: 20.01.2008, 19:16
Status: doctrix
Hat sich bedankt: 15 Mal
Danksagung erhalten: 3 Mal

Re: Schreiende Unfähigkeit bzgl. Beschäftigung

Beitrag von Koenigsportal »

Hallo Thomas,
ich habe jetzt den Thread nicht weiter verfolgt, mir fiel nur spontan ein Radiobericht ein, in dem es genau um Dein Thema ging. Bin mir nicht sicher, könnte Deutschlandfunk, Campus und Karriere gewesen sein, vor max. ein bis zwei Wochen schätze ich. Ich glaube, in Berlin (Charitè?) wird speziell Patient-Arzt-Komm. gelehrt (in Kooperation mit Schauspielern). Vielleicht gibt es da Möglichkeiten für Dich anzudocken, jobmäßig oder mit Lehrauftrag oder Stipendium.
"Do what you can, with what you've got, where you are." (Th. Roosevelt)
Amalia

Re: Schreiende Unfähigkeit bzgl. Beschäftigung

Beitrag von Amalia »

Hallo Thomas,
ich möchte Aguti zustimmen. Deine Lebensplanung erscheint mir ziemlich naiv. Von der Promotion zur Professur ist es ein langer, harter und steiniger Weg.
Die Promotionsphase ist in Deutschland ganz gut organisiert und ausgestattet. Es gibt vielfältige Finanzierungs- und Forderungsmöglichkeiten: Stipendien, Graduiertenkollegs, Stellen usw.
Der Kampf kommt erst in der Postdockphase. Da werden die Ressourcen knapp und der Ausleseprozess beginnt.
Wer sich bereits in der Promotionsphase schwer tut, dem würde ich dringend dazu raten, sich um einen Plan B, d. h. eine berufliche Zukunft außerhalb des akademischen Betriebs, Gedanken zu machen. Deshalb würde ich mir an Deiner Stelle einen Neben- oder Teilzeitjob außerhalb der Uni suchen, der dir durch die dort gewonnenen Berufserfahrungen, nach der Promotion den Berufseinstieg enorm erleichtern wird.
Gibt es an Deiner Uni eine Career Center? Häufig kann man dort sehr gute Beratung / Coachings zur eigenen Situation / Berufsplanung bekommen.
Alles Gute!
A.
Wierus
Beiträge: 1100
Registriert: 11.05.2009, 20:43
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 38 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal

Re: Schreiende Unfähigkeit bzgl. Beschäftigung

Beitrag von Wierus »

Hallo Thomas!

Redest du es dir selbst ein, dass du das falsch machst, oder liegen dir deine Eltern deswegen in den Ohren?
"Parasitär", "asozial", "Schmarotzertum"... das hört sich so an als wenn es bei euch Konflikte gibt.
Also an deiner Stelle würde ich zum Einstieg erst einmal einen Nebenjob für Geringverdiener suchen. Dann kannst du mal testen wieviel Arbeit sich bei dir mit der Diss verträgt. Und ja, sprich deine Gutachter doch einfach mal an, was du für entgeltliche Möglichkeiten an der Uni hast. Vielleicht kannst du ein Tutorium oder eine Übung übernehmen und auf die Weise auch im Uni-Bereich abschätzen wie das zusammen mit der Promotion klappt.

Und wenn alles nichts hilft: eine zügige Promotion ist auch was wert. Das hab ich zumindest in einer Veranstaltung für Promitionsanfänger & Interessenten gehört... :wink:
mezarif

Re: Fragen zur Stellensuche an der Uni

Beitrag von mezarif »

Ich denke auch, du solltest dich nicht so runtermachen. Allerdings erleichtert es dir bestimmt einen Berufseinstieg nach der Promotion - sei das jetzt in oder ausserhalb der Uni -, wenn du dich jetzt schon auf eigene Füsse stellst und Erfahrungen sammelst.
Eine Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter zu bekommen, stelle ich mir auch nicht zu einfach vor. Wie bereits erwähnt wurde, gibt es in den Geisteswissenschaften da nicht so viele und die Konkurrenz ist riesig. Trotzdem ist es natürlich der erste Schritt, dass du dich informierst - und dazu kann es durchaus sehr sinnvoll sein, mal deinen DV anzusprechen oder - was ich vermutlich noch vorher machen würde - mal mit einem seiner WiMi Kontakt aufzunehmen. Ich habe mich selber in der Endzeit meines Studiums mit diversen WiMi in meinem Fachbereich unterhalten und Fragen gestellt und mit ihnen meine eigenen Vorstellungen und Ideen diskutiert; die waren immer sehr hilfsbereit und unterstützend und haben mir einerseits direkte Tipps gegeben, andererseits auch Ausschreibungen in meinem Bereich, von denen sie gehört hatten, weitergeleitet. Wenn du eine universitäre Karriere angehen willst, wirst du dich ohnehin dranmachen müssen, ein Netzwerk aufzubauen - und am eigenen Lehrstuhl anzufangen ist wohl das Einfachste.
Aber vielleicht muss es auch gar nicht zwingend eine Unistelle, sondern es könnte auch etwas anderes sein? Dazu stellt sich halt auch die Frage, was du nach der Diss machen möchtest.
wai

Re: Fragen zur Stellensuche an der Uni

Beitrag von wai »

Hi, ich habe noch ne Frage (auch auf die Gefahr hin, dass ich langsam nerve, sorry!). Wie sieht es aus, wenn man seine Diss (als WiMi) an einer Uni-Klinik schreiben wird oder aber an einem Institut (z.B. Max-Planck-Institut) - hat man dann später schlechtere Chancen in der Uni zu arbeiten?

(Wobei das Verhältnis von Stellen, wie ich es jetzt einschätze ungefähr 60 (Uni) zu 30 (Uniklinik) zu 10 (Institut) ist, d.h. die anderen kann man auch nicht vernachlässigen. Ich bin aber nicht sicher, ob ich mit meiner Einschätzung richtig liege. Das beschriebene Aufgabengebiet (Forschung in einem bestimmten Bereich) wäre jedenfalls ungefähr das gleiche.)

Wäre eurer Meinung nach für die Diss trotzdem eine Stelle an einer Uni einer Stelle an einer Uni-Klinik oder einem Institut vorzuziehen? (Ich weiß gar nicht ob ich überhaupt wählen kann, aber ich überlege mir das gerne vorher. Denn ich bekomme am Mittwoch Antwort von einer Stelle an einer Uni-Klinik, hätte aber in den nächsten Wochen noch 3 (bis 4) Vorstellungsgespräche.)


P.S.: Ich hab diesen Thread über die Suche gefunden und wollte keinen neuen extra schon wieder aufmachen. Der Threadersteller von diesem Thread hat ja eben auch an der Uni-Klinik seine Diss geschrieben, nur nicht dort gearbeitet.
Gesperrt
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag