Promovieren mit Kind

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Aguti
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Promovieren mit Kind

Beitrag von Aguti »

Dieses Thema wurde aus einem anderen Strang abgeteilt.
Ich finde, es ist auch sinnvoll, im allgemeinen Forumsteil was zu der Frage zu schreiben, die sicher immer wieder interessiert. Mit der Suchfunktion findet man auch ältere Threads zum Thema, am besten mal mit "Baby" suchen, da könnten auch Infos drin sein.

@Annika: Hier meine Erfahrung: Ich habe mit verschiedensten Modellen experimentiert. Jahrelang habe ich versucht, wie du die Diss in freie Minuten zu stopfen, die sich ergeben, wenn das Kind mal schläft. Es ist grandios gescheitert, denn wirklich vorwärts kommt man so nicht. Klar gibt es verschiedene Tätigkeiten, die man auch sinnvoll in 20-Minuten-Happen unterbringen kann, aber davon wird eine Diss nicht fertig. Gerade konzeptionelle Arbeit, tiefes Hineindenken und eben auch Schreiben erfordert doch halbwegs zusammenhängende Zeitabschnitte von mehreren Stunden. Und wenn man den ganzen Tag für die Kinder allein zuständig ist, ergibt sich das nicht von selbst, egal, wie gut der Haushalt organisiert ist. Nach vollen Kindertagen regelmäßig mehrere Stunden abends konzentriert zu arbeiten, halte ich auch für illusorisch. Jeder braucht Erholung, und für die Kinder braucht man am nächsten Tag auch wieder Kraft. Hängt natürlich von jeder Familie ab, welche Mittel in welchem Umfang sie einsetzen kann und will, aber unser aktuelles Modell, mit dem ich zum ersten Mal seit Jahren gut fahre, mit der Diss vorankomme und es auch mit den Kindern gut läuft ist so: Die Große (5) ist bis 12 im Kindergarten. An einem Vormittag kommt die Oma und passt auf den Kleinen auf (anderthalb), an zwei Vormittagen geht er zu einer Tagesmutter. Außerdem arbeite ich immer den ganzen Samstag, da kümmert sich mein Mann um die Kinder, d.h. ich habe knapp 15h/Woche für die Diss, wenn keine der betreffenden Personen krank ist. Zusätzlich arbeite ich immer, wenn mein Mann Urlaub oder sonst frei hat, außer einer Woche an Weihnachten und einem gemeinsamen Sommerurlaub. Sonntage sind komplett frei und gehören Familie und Freunden. Beim zweiten Kind hat mein Mann außerdem zum Ende des ersten Jahres drei Monate Elternzeit genommen, da habe ich auch voll gearbeitet. Für uns ist das aktuell eine sehr gute Lösung, wir sind alle zufrieden und ich komme voran.

Vielleicht mögen ein paar andere Eltern ihre Varianten auch noch hier skizzieren, um Annika und potentiellen anderen Lesern Ideen zu liefern?
Zuletzt geändert von Sebastian am 05.01.2013, 11:20, insgesamt 3-mal geändert.
Grund: Thema abgeteilt und entsprechenden Hinweis aufgenommen.
Daishima

Re: Promotion aufgegeben

Beitrag von Daishima »

Hallo, hier ein paar Erfahrungen eines dreifach belasteten Vaters;-)
Meine Situation:
- zwei Kinder, welche aber zu Beginn der Diss. schon pubertierten
- externe Promotion
- Arbeitsstelle 80km vom Wohnort
- kein Abgabedruck und kein finanzieller Druck (beide Partner mit Festanstellung)
- Diss. in der Kultursoziologie - also etwas "umfangreicher"

Ich habe mir meiner Arbeitszeit so gelegt, dass ich Die-Do meine 30h Stunden Arbeitszeit ausfüllen konnte. Freitags habe ich ich mich sortiert, geordnet, gelesen und war telefonisch für die Arbeitsstelle erreichbar. Mit dieser Vorarbeit konnte ich dann effektiv ab Samstag schreiben. Auf den Sonntag hätte ich nicht verzichten können - zumindest vier Stunden Schreiben waren ein Muss. Zwei Wochen Urlaub ohne jeden Bezug zur Diss. habe ich mir gegönnt, aber einmal auch vier Wochen Alpenhütte mit Textinterpretationen und Wanderungen. Das ging alles, da meine Kinder größer und verständiger wurden und meine Frau ein ähnliches Projekt mit Doppelbelastung stemmte. Ich hatte irgendwann aufgehört, mich über ungeplante Unterbrechungen (Prüfungszeit meiner Frau, Erkrankung der Eltern usw.) zu ärgern und die dann als mentale Pause genossen. Ich würde bei mir von ca. 20h Wochenarbeitszeit an der Diss. ausgehen.
Ich habe bis dato fünf Jahre gebraucht, die Arbeit ist fertig geschrieben, wird nur noch sprachlich aufgehübscht. Wenn man mich fragen würde, ob ich das noch einmal machen würde, würde ich vielleicht nicht "Hurra" schreien, aber mich mit einem konkreten Zeitplan an die Arbeit machen...
Belladonna Tuk

Re: Promotion aufgegeben

Beitrag von Belladonna Tuk »

Hallo...

ich promoviere auch mit dreimonatigem Kind (WiWi). Annika hat mich im anderen Thread gefragt, wie ich das schaffe. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es schaffen werde, aber bei mir sieht es so aus:

* Ich habe in der Zeit vor der Geburt so richtig reingeklotzt, 60-Stunden-Wochen, um nach der Geburt möglichst wenig zu tun zu haben. Dadurch hatte ich den empirischen Teil meiner Arbeit bei der Geburt schon stehen
* Habe mir übrigens Hilfe geholt, wo ich konnte. Wurde von Studierenden unterstützt, habe gewisse Arbeiten gegen Bezahlung auslagern können. Das hat mein Stipendiengeber unterstützt, obwohl die anfangs nicht wollten. Hier muss man hartnäckig aber freundlich immer wieder nachfragen.
* Zur Zeit schreibe ich ebenfalls auch nur wenn mal Zeit ist für eine Viertelstunde etwas, drei Stunden Pause, wieder zehn Minuten Arbeit und so weiter, diesen Beitrag schreibe ich auch so zwischendurch ;)
* wissenschaftliche Literatur lese ich mit Baby auf dem Schoss.
* Ein Tragetuch ist eine sehr sinnvolle Anschaffung. Es ermöglicht sich gleichzeitig um den Kleinen zu kümmern und andere Dinge zu machen.
* Ich nehme den Kleinen überall hin mit. Bis jetzt hat sich noch keiner getraut uns rauszuschmeissen.

So muss Schluss machen, später mehr.
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