Zweitgutachterin aus Cambridge?

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knirps

Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von knirps »

Hallo,

ich bin ganz neu hier und habe noch gar nicht richtig angefangen. Meine Absicht zu promovieren steht jedoch fest und ist auch bereits mit meiner Professorin abgesprochen. Ich arbeite in einem philologischen Fach und würde in der Zukunft gern wissenschaftlich, also an einer Uni, arbeiten.

Ich würde gern Eure Meinung zu folgendem Sachverhalt hören: Meine Professorin hat gute Kontakte zu einer Kollegin von der Universität Cambridge. Dadurch besteht voraussichtlich die Möglichkeit, eine Co-Betreuung meines Promotionsprojekts durch diese Kollegin zu arrangieren. Damit verbunden wäre dann auch ein ein- oder zweisemestriger Aufenthalt in Cambridge, um dort an postgraduate-Lehrveranstaltungen teilzunehmen und zu meinem Thema zu forschen. Meine Frage ist nun: Sollte ich das machen?

Dafür spricht meiner Ansicht nach, dass es eine einmalige Gelegenheit ist, an solch einer renommierten Uni zu forschen. Auch für mein CV wäre der Name Cambridge sicher toll (Spielt das überhaupt eine Rolle an deutschen Unis?).

Ich habe aber auch Bedenken: Die genannte Professorin aus Cambridge wird sicherlich sehr hohe formale und inhaltliche Ansprüche haben. Ich vermute, dass es mir bei einer/einem deutschen Zweitgutachter/in leichter fiele, eine (sehr) gute Note zu bekommen. Stimmt ihr mir zu oder ist das alles nicht so wild?

Danke schonmal & liebe Grüße,

der Knirps
claudine

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von claudine »

In Cambridge wird auch nur mit Wasser gekocht ;-)
Die Stadt ist schoen und wenn du die Chance hast in einem der Colleges unterzukommen um so besser - gutes Essen, alte Gemaeuer und viele Studenten zum Fachsimpeln.

Britische PhDs sind normalerweise kuerzer (3-4 Jahre) als deutsche, es gibt keine Noten, nur unterschiedliche Level an Korrekturen (minor/major), daher wird der Cambridge Prof wohl deiner deutschen Betreuerin folgen. Davon abgesehen, gibts in Deutschland doch meistens entweder summa oder magna ....
Garion

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von Garion »

Hallo,

ich habe in Cambridge gearbeitet und wäre liebend gern für ein oder zwei Semster wieder dort hingegangen. Allein schon der Sprachkenntnisse wegen. Die Bewertungsgepflogenheiten kenne ich nicht. Ich habe aber auch den Eindruck gewonnen, daß die Ansprüche nicht höher sind als in Deutschland. Schön ist die Stadt schon; für ein Jahr kann man es dort aushalten, wenn man sich die Arbeiten leisten kann und nicht auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist. :)
knirps

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von knirps »

Das klingt doch schon mal gut, danke für die Ermutigung!

@Garion: Was meinst Du mit "sich die Arbeiten leisten können"?

Und wie ist das mit den minor/major Korrekturen gemeint?
Garion

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von Garion »

knirps hat geschrieben: @Garion: Was meinst Du mit "sich die Arbeiten leisten können"?
Sorry, das war ein Schreibfehler! Ich meinte die Mieten. Für meine beiden letzten Zimmer habe ich 600 bzw. 550 Pfund bezahlt!
Leitzordner

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von Leitzordner »

Britische PhDs sind normalerweise kuerzer (3-4 Jahre) als deutsche
Der Trend geht Richtung 4 Jahre. Aber sind 3-4 Jahre Vollzeit in UK wirklich kürzer als in Deutschland? Da sind doch die allermeisten auch nach 2-4 Jahren raus, da man nach 2-3 Jahren meist schon kein Funding mehr bekommt. In den UK Prüfungsordnungen steht auch, dass bei Teilzeit das Äquivalent zu Vollzeit abgeleistet werden muss, d.h. mindestens 6 Jahre.
Und wie ist das mit den minor/major Korrekturen gemeint?
minor: Im Prinzip ok, aber einige Sachen (oft Formalien) müssen nachgebessert werden.
major: zurück zum Drawing Board, da es an Substanz fehlt
knirps

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von knirps »

Ich habe leider vom britischen Hochschulsystem wenig Ahnung, vielleicht kommt meine Unsicherheit auch daher. Verstehe ich das also richtig: In UK gibt es keine Noten für einen PhD, aber man muss ggf. so lange nachbessern, bis die Arbeit akzeptiert wird?
Dr. Natalie Struve

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von Dr. Natalie Struve »

Tolle Chance, die man nutzen sollte: gerade auch wegen der anderen Anforderungen, die Du jetzt befürchtest. Denn daran wird die Arbeit und wirst Du wachsen; darum geht's doch eigentlich beim Doktorieren. Ganz abgesehen davon sollte man sich ein oder zwei Semester in Cambridge nun wirklich nicht entgehen lassen... Ich war als Dozentin an einer britischen Red-Brick-Universität und nur zu Besuch dort; so ganz anders als das, was wir gewöhnt sind. Gar nicht zu reden von Kontakten, die sich daraus ergeben können. Also: Wenn Deine Uni das mitmacht, Dein Geldbeutel auch, Dein Englisch und nicht zuletzt Dein Selbstvertrauen (an dem man notfalls ja noch arbeiten kann 8) ), dann auf jeden Fall machen!

P.S.: Ganz abgesehen davon, daß die Promotion im UK eine andere Funktion erfüllt als hier: Wie lange Doktoranden in Deutschland tatsächlich brauchen, läßt sich wegen des Verfahrens nur schwer ermitteln. Soweit man sich um einen fachübergreifenden Durchschnitt bemüht, kommt man auf eine reine Bearbeitungsdauer von über vier und eine Verfahrensdauer von über fünf Jahren; s. etwa
http://userpage.fu-berlin.de/~jmoes/pid ... 02_s52.pdf
und im internationalen Vergleich
http://www.hrk.de/de/download/dateien/HV-Frijdal.pdf
.
[Edit: Sehe grad, daß der erste Beitrag inzwischen verschwunden ist, obwohl ich ihn erst vor kurzem aufgetrieben hatte; werde mal stöbern...]
mezarif

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von mezarif »

Wenn das von Deutschland und England aus zu klappen kommt und auch du (nicht nur deine jetzige Betreuerin) bei der potenziellen Cambridger Betreuerin ein gutes Gefühl hast, dann machs! Das System in Cambridge ist tatsächlich sehr anders und auf jeden Fall ein Erlebnis; durch das College System lernt man auch schnell neue Leute kennen, die Stadt ist sehr nett, es ist gut für die Sprachkenntnisse und nicht zuletzt für den CV (und damit meine ich jetzt weniger den Stempel 'Elite-Universität' als einfach eine Zeit in einem anderen Land/an einer anderen Uni).
Es stimmt, dass in englischen PhD-Programmen keine Noten vergeben werden. Da du visiting student sein wirst, wirst du wohl auch nicht durch die ganzen Verfahren gehen müssen, die für 'Vollstudenten' gelten (ich nehme mal an, dass Cambridge hier ähnlich ist wie Oxford, deren System ich kenne). insofern kannst du eigentlich nichts verlieren.

Übrigens noch ein Detail zur Info: In Cambridge haben sie keine Semester sondern Trimester; du würdest also wohl für ein bis drei Trimester dann gehen und kaum für ein halbes Jahr.
claudine

Re: Zweitgutachterin aus Cambridge?

Beitrag von claudine »

Leitzordner hat geschrieben:
Britische PhDs sind normalerweise kuerzer (3-4 Jahre) als deutsche
Der Trend geht Richtung 4 Jahre. Aber sind 3-4 Jahre Vollzeit in UK wirklich kürzer als in Deutschland? Da sind doch die allermeisten auch nach 2-4 Jahren raus, da man nach 2-3 Jahren meist schon kein Funding mehr bekommt. In den UK Prüfungsordnungen steht auch, dass bei Teilzeit das Äquivalent zu Vollzeit abgeleistet werden muss, d.h. mindestens 6 Jahre.
Ich sags mal so: ich kenne einige leute, die es in 3-3.5 Jahren in GB zu einem PhD geschafft haben (gleich nach dem Bachelor angefangen, nicht erst monatelang am Expose rumschreiben), in Deutschland muss man bei meinen Kollegen schon drei Augen zudruecken um die Zeitrechnung auch nur halbwegs in Richtung 3.5 Jahre zu druecken.

Wenn man britische Profs ins Boot holt, sollte man denen vorher sagen, wie deutsche Doktorarbeiten ablaufen (also keine Korrekturen hinterher), nicht das es am Ende herauskommt und es dann Probleme gibt.
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