Sich mit Dissertation habilitieren?

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Inki1002

Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von Inki1002 »

Hallo zusammen,

ich bin zwar noch nicht fertig mit meiner Promotion, beschäftige mich aber bereits mit dem Thema Habilitation. Ich habe gehört, dass man sich an der Universität Bremen auch mit seiner Dissertation habilitieren kann.

Laut Habilitationsordnung gilt:

[...] "In besonders begründeten Ausnahmefällen kann eine hervorragende Dissertation als Habilitationsleistung angenommen werden."

Bedeutet dies ich kann meine Dissertation mit der ich promoviert habe kurze Zeit später gleichzeitig als Habilitationsschrift einreichen?
Was ist unter besonders begründeten Ausnahmefällen zu verstehen? Habt ihr hierfür Beispiele?
Bei welchen anderen Universitäten ist euch die Möglichkeit dieses Verfahrens noch bekannt?

Über eine Auskunft wäre ich sehr dankbar.

Beste Grüße!
nucha

Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von nucha »

Hallo!

Wie das genau ist, mit dem Habilitieren an der Uni Bremen, fragst du am besten vor Ort.
Grundsätzlich würde ich davor warnen, mitten in der Diss. schon Pläne für die Habilitation zu schmieden, selbst wenn du weisst, dass du diesen Weg gehen willst. Du setzt dich damit enorm unter Druck und verstellst dir vielleicht den Blick auf das, was du jetzt gerade tust. Während der Diss. verändern sich ja auch die eigenen Interessen und Ziele; man selbst verändert sich. Es kann also Vieles dazwischen kommen.
Ich würde mich sehr für dich freuen, wenn du deine Diss. als Habilitationsschrift einreichen kannst und wünsche dir vorerst viel Freude bei der Promotion.

Liebe Grüsse,
nucha
epikur
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Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von epikur »

Ich verstehe das eher so, dass für eine super- duper Dissertation im Nachhinein, quasi nach dem Anruf aus Stockholm, auch die Venia erteilt werden kann :dr)
Eine erneute Einreichung als Habilitationsschrift wird dafür wahrscheinlich gar nicht nötig sein.
Falls Du ernsthaft mit dem o.g. Anruf rechnest, kannst Du ja mal nachfragen.
Ansonsten würde ich Dir dringend raten, den "Ball flachzuhalten", zumindest, bis Du das Summa und die Forschungspreise in der Tasche hast...!

Ein entspanntes Wochenende wünscht

epikur
Inki1002

Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von Inki1002 »

@ Epikur: Was meinst du mit Anruf aus Stockholm?

Ich habe das mit der Habilitationsschrift so verstanden, dass es selbstverständlich ein summa cum laude vorrausetzt, aber es wird noch auf "besonders begründete Ausnahmefälle" hingewiesen.

Was könnten denn solche begründeten Ausnahmefälle sein?

Liebe Grüße,
Inki
Klaus Unruh
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Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von Klaus Unruh »

Anruf auf Stockholm = Nobelpreis

Ich kenne einen Fall aus Bremen, mittlerweile WZB / FU Berlin: http://www.wzb.eu/de/personen/michael-zuern

Ich kann mir das eigentlich nicht wirklich vorstellen mit Diss. = Habil. Es geht ja um das ZWEITE Buch und um besonders herausragende Leistungen der Forschung; eine Diss. zeigt 'nur', das man überhaupt in der Lage ist zu Forschen.

Ãœber sowas sollte man nicht nachdenken; das gibt's nicht, darauf hin kann man nicht schreiben und es ist eher sowas wie der Genie-Paragraph in den Berufungsordnungen. Man muss nicht promoviert oder habilitiert sein, um berufen zu werden. Man ist es aber in der Regel.
Natika

Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von Natika »

Selbst wenn eine solche Ausnahmeregelung greifen würde, was soll die so erlangte Venia für eine erfolgreiche Berufung bringen, wenn man auf dem Profil der Diss kleben bleibt? Die Habil soll doch von der Diss wegführen und kein zweiter Aufguss werden.
In den Geisteswissenschaften/Sozialwissenschaften meint das z.B.:

- anderer Zeitraum/Epoche
- andere Texte
- andere Theorien
- andere Methoden
- empirisch statt theoretisch oder umgekehrt
- vielleicht sogar anderer Teilbereich des Fachs

als in der Diss. Grund: Eine Professorin/ein Professor "soll das Fach in voller Breite vertreten" können. So steht es regelmäßig in Ausschreibungen.

Bin nicht Epikur...doch es wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dies gemeint sein:

http://www.nobelpreis.org/

:wink:

Sorry, dass ich den Thread verdaddele. Ich mache den Weg frei, für den Fall, dass jemand noch etwas Ernsthaftes zu der Ausgangsfrage beitragen möchte.
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Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von Koenigsportal »

Ich verstehe es wie Epikur. Kenne auch einen Fall einen relativ jung Berufenen, der sogar jahrelang außeruniversitär unterwegs war und bei dem offenbar andere Publikationstätigkeiten (die ich als populär-fachwissenschaftlich einstufen würde) gereicht haben. Achja, und Richard David Precht ist ja nun auch Prof. ohne Habil, soweit ich weiß.
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flip
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Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von flip »

Precht ist ja auch kein ordentlicher Universitäts-Prof, sondern einer von zig Honorarprofessoren, die der Hochschule ein bischen Glanz bringen.

Ich gehe ganz stark davon aus, dass die Habil-Ordnung das nur für außerordentliche Dissertationen vorsieht. Und damit meine ich nicht irgendwas, was sich mit Noten quantifizieren lässt (à la Summa), sondern, dass man wirklich etwas weltbewegendes geschafft hat. Es gibt doch diese Millenium-Beweise, an denen sich seit zig Jahren Mathematiker aus aller Welt die Zähne ausbeißen.
Wenn du sowas in der Diss löst, dann bekommst du auch eine Habil. Aber ganz sicher nicht, mit der 08/15 Summa-Leistung. Davon gibt es schließlich ein paar mehr Absolventen. ;)

Wäre ja noch toller, wenn wir die Habil auch noch derart aufweichen.
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Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von Koenigsportal »

flip hat geschrieben:Precht ist ja auch kein ordentlicher Universitäts-Prof, sondern einer von zig Honorarprofessoren, die der Hochschule ein bischen Glanz bringen.
Okay. Ich dachte er wäre ordentlicher Prof.
flip hat geschrieben:Ich gehe ganz stark davon aus, dass die Habil-Ordnung das nur für außerordentliche Dissertationen vorsieht. Und damit meine ich nicht irgendwas, was sich mit Noten quantifizieren lässt (à la Summa), sondern, dass man wirklich etwas weltbewegendes geschafft hat.
Also, der andere, den ich erwähnte, hatte mit Sicherheit keine Superdupernobelpreisdiss. Sondern es muss irgendwas ganz übliches gewesen sein, denn sie ist mir nicht mal während Forschungen zu dem Thema untergekommen! Obwohl in gutem Fachverlag veröffentlicht. Auch seine sonstigen Schriften sind nicht nobelpreisverdächtig, wenngleich interessant und angenehmen zu lesen. Aber das ist sicher auch eine vom Fach abhängige Angelegenheit.
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Re: Sich mit Dissertation habilitieren?

Beitrag von itsme »

Klaus Unruh hat geschrieben: Es geht ja um das ZWEITE Buch und um besonders herausragende Leistungen der Forschung; eine Diss. zeigt 'nur', das man überhaupt in der Lage ist zu Forschen
Ach, wenn das denn mal so wäre. Ich kenne gerade so ein Bremen-Gewächs, da ist die Habil nur eine inkonsistente Ansammlung aus Anekdoten. Eine Menge Zeug auf Erstsemester-Niveau, sehr eklektisch zusammengestellt. Halt schnell runter geschrieben, dann ein Jahr an einer FH abgesessen, um's Hausberufungsverbot zu umgehen, dann pflugs zurück nach Bremen, um sich einen Lehrstuhl zu erschleimen. Der Nachweis, dass der Betreffende tatsächlich "forschen" kann, steht noch aus - aber ist ja auch egal, denn den Lehrstuhl hat er ja trotzdem.

Ich sehe die kritische Diskussion hier zur Qualität von Dissertationen und Habilitationen mittlerweile sehr zwiespältig. Ich habe den Eindruck, dass das zu einer Art "Paralyse durch Analyse" führt: Hier schauen regelmäßig begabte und motivierte Doktoranden rein, die etwas Gutes und wissenschaftlich Wertvolles machen wollen und sich durch diesen Anspruch nahezu lähmen. Dann gibt es am anderen Ende des Spektrums Doktoranden, die diese Skrupel eben nicht kennen und ganz unbelastet Arbeiten auf dem Niveau längerer Wikipedia-Artikel zusammenstoppeln. Und das sind dann tragischerweise diejenigen, die schneller fertig sind, die die längere Publikationsliste mitbringen und in der mittleren Frist die Lehrstühle okkupieren. Da muss man sich doch fragen, ob man der Wissenschaft nicht einen Bärendienst erweist. Genauso gibt es auf der einen Seite die Betreuer, die Zufriedenheit aus dem Erfolg des eigenen "Nachwuchs" ziehen und dem wissenschaftlich Freiheit lassen und ihn fördern (z.B. indem sie den jeweiligen Doktoranden für besondere Meriten vorschlagen). Und dann gibt es die narzisstischen Rotzgören (s.o.), die die Vorteile des WissZeitVG skrupellos nutzen, um sich ein Heer billiger Arbeitskräfte für die eigenen Zwecke zu halten, ohne irgendeine greifbare Betreuungsleistung zu erbringen. Wie will man vor diesen Hintergrund noch mit Sicherheit sagen, dass die "erfolgreichen" Nachwuchsforscher wirklich die jeweils Fähigsten ihrer Kohorte gewesen sind?

Sorry, wenn das jetzt zu weit von der eigentlichen Frage weggeführt hat, deswegen will ich den Bogen noch mal schnell schlagen: @Inki1002, ohne deine Disziplin und die konkrete Arbeit zu kennen, ist es wohl kaum möglich, genau zu spezifizieren, wann diese "besonders begründeten Ausnahmefälle" zutreffen. Denkbar wäre aber z.B., dass sie erfüllt sein könnten, wenn sich eine kumulative Dissertation aus besonders guten Publikationen zusammensetzt (z.B. in den Wirtschaftswissenschaften: Drei Veröffentlichungen in den führenden Journalen wie AER oder JPE) und für die Habil noch durch ein oder zwei ebenfalls gut plazierte Veröffentlichungen ergänzt werden kann. Dann handelt es sich in Summe um eine über mehrere Jahre erbrachte, kontinuierliche Leistung. Und falls du eine wissenschaftliche Laufbahn planst und Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten hast, dann macht es schon Sinn, diesen Weg von Anfang an im Auge zu behalten, auch wenn dir dein unmittelbares Umfeld vllt. signalisiert, dass das etwas "head over feet" sein könnte. Aber es schadet ja nicht, die ganze Sache ambitioniert anzugehen, wenn man leistungswillig ist. Kurz gesagt: Für wissenschaftlichen Erfolg braucht man etwas Chuzpe, auch wenn der Anruf aus Stockholm noch auf sich warten lässt. :wink:
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